Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

zur Tür hinaus. Die noch Anwesenden waren selbst unwillig über dieses Betragen, hatten keine Beschwer den anzubringen, weshalb kein Protokoll aufgenom men werden konnte. Der Gefertigte glaubt als Ursache der Reibungen zwi schen Pfarrer u. Gemeinde in S. angeben zu können: Der Pfr. sei in seinen Reden zu voreilig u. unbedacht, die etwas mehr Pastoralklugheit mäßigen dürfte. Da durch finden sich einige Gemeindeglieder an ihrer Ehre oder in ihren Rechten geschmälert. Böswillige Anstiftungen u. Neckereien tragen nicht wenig dazu bei, der Erbitterung noch mehr Nahrung mitzuteilen. Wenn der Gefertigte eine unmaßgebliche Meinung äußern dürfte, dann die, daß diese eingewurzelte Rei bung u. Erbitterung durch eine Versetzung des Pfrs. auf eine andere Pfarre entkräftet werden könnte, was sonst schwerlich zu hoffen wäre. Rückvermerk des Konsist., Wien 18. Mai: Einvernahme beider und Proto kollierung ist vorzunehmen. 7. 1844 August 30. Sommerein. Pfr. Friedrich Karl V. S. hat sich lt. Auftrag d. Konsist. am IG. Sept. um 10 Uhr beim Dekanat einzufinden. 8. 1844 Sept. 10. Sommerein. „Protokoll zufolge des Konsist.-Auftrages in Betreff der Beschwerde des H. Pfrs. V. S. hinsichtlich d. Ausläutens aufgenommen". Marktrichter u. Pfr. befragt, suchen sich zu recht fertigen u. erklären schließlich, zur Überzeugung ge kommen zu sein, daß sie ihre Grenzen überschritten hätten u. alles vergessen u. sich in Zukunft friedlich verhalten wollten. 10. 1844 Sept. 11. Sommerein. Begleitschreiben ans Konsist. zu obigem Protokoll und Mitteilung des Dechants, „die fragliche Beschwerde dürfte als aufgelassen angesehen werden, indem der Pfr. versichert, künftig hin sich bescheidener u. humaner gegen seine Pfarr kinder überhaupt u. insbesondere gegen den Richter zu nehmen u. alles sorgfältig zu vermeiden, was zu neuen MÜßhelligkeiten Anlaß geben könnte". — Rückver merk d. Konsist. nimmt schon Bezug auf die Klage un ten und trägt dem Vizedechant auf, daß er dem Markt richter bedeute, er habe über das Läuten mit den Kir chenglocken nicht zu verfügen, sondern dies stehe lediglich dem H. Pfr. zu, der auch dafür veranwortlich sei. Es erscheint daher gefehlt, wenn der Marktrichter glaubt, er könne das Läuten bewilligen u. es genüge, wenn er die Partei beauftrage, von einer erteilten Be willigung den H. Pfr. bloß zu verständigen. — Noch weniger ist daran recht geschehen, was am 14. u. 15. d. M. vorging. — Um diesem Übelstand ein Ende zu ma chen, ist die Vorkehrung zu treffen, daß das Geläute der Kirche gehörig versperrt u. der Schlüssel dazu so wie die Kirchenschlüssel dem H. Pfr. übergeben wer den, der aber den Gebrauch des Kirchengeläuts zwar nach der bisherigen Übung, jedoch immer nach vorher gehendem Ansuchen darum stets zu bewilligen hat, insofern nicht dagegen gültige u. wohlbegründete An stände obwalten". 11. 1844 Sept. 16. Seibersdorf. Pfr. erstattet beim Konsist. Anzeige über eine neuerliche, unangemeldete, eigenmächtige Disposition mit dem Kirchengeläute: Es haben sich nämlich am Feste Maria Namen fünf Män ner u. zehn bis fünfzehn weibliche Personen vereinigt, um eine Wallfahrt nach Eisenstadt zu machen. Diese zogen am 14. d. M., ohne beim Pfr. etwas gemeldet zu haben, aus der Kirche, die sie sich öffnen ließen, un term Geläute aller Glocken aus, als eben der Gefertigte von einem Krankenbesuch kam; und eben so zogen sie wieder bei ihrer Rückkunft am 15. d. M. unter dem Geläute aller Glocken in die Kirche ein. — Der Ge fertigte glaubt wohl, dadurch neuerdings sein pfarrl. Recht verhöhnt zu sehen, erklärt aber, wenn er irriger Ansicht sein sollte, sich unbedingt mit tiefster Ehr furcht dem Ausspruch des Hochw. Konsist. zu unter werfen. 14. Pfarren und Patrozinien der Wiener Erzdiözese Dr. Henriette Peters Die Wiener Diözese weist eine erhebliche Zahl sehr alter Pfarren auf. Wenn man bedenkt, daß nahezu die Hälfte des heutigen Bestandes vor dem 15. Jht. er richtet wurde, dann kann man nur staunen über die durchdringende Kraft des Christentums in diesen längst vergangenen Jahrhunderten. Aber nicht nur das Alter der Gründungen, auch ihre Patrozinien sprechen eine eigene Sprache und beide kombiniert, Gründungs zeit und Patrozinienwahl, geben einen interessanten Einblick in die Heiligenverehrung unseres Volkes. Bekanntlich spielten bei der Wahl eines Pfarrheiligen mehrere Momente mit: der Gründer oder die Gründer familie, die Mutterpfarre, auch die geographische Lage oder Einflüsse der Heiligenverehrung jenseits der Landesgrenze usw. Es soll uns hier aber nicht die Frage des Wieso und Warum der Patrozinien beschäf tigen, wir möchten lediglich feststellen, welches Patrozinium zu welcher Zeit wo gegrüdet wurde. Die Form einer Tabelle schien dazu die geeignetste; auch die Zahl hat ihren Reiz, sogar für den Historiker. Als Unterlage für die Tabellen dienten die Angaben des Personalstandes der Erzdiözese Wien 1963. Auf Divergenzen zwischen dem Personalstand und den „Erläuterungen zum histor. Atlas der österr. Alpen länder", II. Abt. 6. Teil von Hans Wolf konnte keine Rücksicht genommen werden, zumal da es sich hiebet manchmal um wirklich kleine Zeitverschiebungen handelt. Es schien mir sinnvoll, die Landpfarren und die Wie ner Pfarren gesondert zu behandeln. Als Landpfarren gelten die Gründungen außerhalb der 23 Wiener Stadtbezirke. Freilich waren mehrere und gerade die ältesten Pfarren in den Randbezirken Wiens ihrer Gründung nach Landpfarren und sie sind dies Jahr hunderte hindurch auch geblieben. Aber gerade dieser Umstand zeichnet mit feinem Zug das sprunghafte Wachstum des kleinen Wien innerhalb seiner schüt zenden Stadtmauern zur Millionenstadt unserer Zeit. Wir werden im zweiten Abschnitt noch ausführlicher darauf zurückkommen. Es sei noch bemerkt, daß wir uns nur auf die P f a r rgründungen beschränken. Die Kirchen und ihre Pa trozinien sind mitunter viel älter.. A. Die Landpfarren ' Von der ältesten Pfarrgründung in unserer Diö zese, Bad Fischau, die in das 10. Jht. zurückreicht, bis zum 15. Jht. entstanden 215 Landpfarren. Es war dies 23

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