Rom-Aufenthalt in die Heimat zurückkehren wollte. Er wandte sich deshalb bei der Vakanz einer Dom herrenstelle in St. Stephan in Wien an Kardinal Gruscha. Der erklärte sich auch zur Verleihung des in Frage stehenden Kanonikates unter der Bedingung be reit, daß von der Regierung ein entsprechender Wunsch mitgeteilt werde. Nun wurde dabei vom Bot schafter Revertera, der von 1888 an bis 1901 beim Hl. Stuhl akkreditiert war, der Fehler begangen, eine höhere Domherrnstelle zu verlangen, weil der Kan didat bereits Apostolischer Protonotar war, also der Wunsch ausgesprochen, für Nagl einen Bischofstitel zu verlangen. Dabei hieß es, Nagl sei der richtige Mann, um die Reform der Vereine in Wien in,Angriff zu nehmen, und keine Persönlichkeit aus dem Klerus sei besser geeignet, später Erzbischof von Wien zu werden. Die Empfehlung für Nagl wurde nun freilich Kardinal Gruscha gegenüber in einer Art vorgebracht, daß dieser antwortete, trotz aller Würdigung der Ver dienste sei es ihm leider unmöglich, diesem, d. i. eben Nagl, ein Kanonikat in St. Stephan zu verleihen; außerdem gehöre der Kandidat nicht der Wiener Erzdiözese an. Das Außenministerium teilte das Ergeb nis der Botschaft mit und fügte folgenden bezeichnen den und in die nahe Zukunft weisenden Satz hinzu: ^Bei den für Nagl herrschenden Dispositionen ist übrigens seine Vorrückung zu einer höheren kirch lichen Würde in Österreich nur als eine Frage der Zeit zu betrachten^«)." Und die Ankündigung ließ nicht mehr lange auf sich warten, sie traf bald ein. Schon am 26. März 1902 (mit Kabinett-Zahl 772) wurde Nagl von Kaiser Franz Joseph zum Bischof von Triest-Capo d'Istria designiert und dies am 16. April bekannt gegeben; am 9. Juni wurde er von Papst Leo XIIL konfirmiert^^). Auch der Neuernannte Ueß sich wie sein Vorgänger Doppelbauer in der Anima-Kirche konsekrieren. Die Weihe nahm der Kardinal-Protektor der Anima Cajetan Aloisi-Masella (seit 1887 Kardinal-Priester und nun Pro-Datarius) unter der Assistenz der Bischöfe Neckere und Adami am 15. Juni vor®^). Nach Eintreffen seines Nachfolgers Dr. Josef Lohninger aus der Linzer Diözese®«) verließ er am 17. Juli seine bisherige Wirkungsstätte, um sich zunächst zur Konsekration des neuen Fürsterzbischofs und nunmehrigen Metropoliten seines Bistums, An dreas Jordan, nach Görz, dann zur Eidesleistung nach Wien zu begeben. Am 31. August, dem 15. Sonntag n. Pf., erfolgte seine feierliche Inthronisation in Triest, am 12. Oktober in Capo d'Istria®^). Bischof Nagl waren mit dieser neuen Amtsbetrauung nicht nur keine leichten, sondern in ihrer Art mit besonderen Schwierigkeiten und Fährnissen verbundene Aufgaben übertragen worden, die einen ganzen Mann und vollen Seelenhirten verlangten, die er aber auf Grund seiner in Rom gesammelten reichen Erfahrung auf dem Gebiete des kanonischen Rech tes und der Kirchenverwaltung und mit seiner ihm eigenen Tatkraft in anerkennenswerter Weise mei sterte. Die Diözese Triest, die mit ihr vereinte Diözese Capo d'Istria und die ihr einverleibten kleinen Diö zesen Cittanova (seit 1778), Pedena (seit 1828) und Sipar sind xnralten Ursprungs und waren alle mit ihnen eigenen Problemen behaftet®®). Capo d'Istria, seit dem Tod des letzten Bischofs i. J. 1810 schon von Triest aus verwaltet, war seit 1828 „aeque principaliter" mit Triest vereinigt, so daß der jeweilige Ordinarius von Triest zugleich Bischof von Capo d'Istria war. Dabei hatte jedes der beiden Bistümer seine eigene Kathedrale und sein eigenes Domkapitel: Triest 4 Domherrn und 3 Dignitaten, Capo d'Istria 4 Domherrn und 2 Dignitäten, wozu noch 2 Kollegiatkapitel und 1 Propstei kamen, so daß 24 Kanonikate bestanden. Die Diözese Triest umfaßte i. J. 1908 12 Dekanate, 96 Pfarreien, 46 Exposituren, 2 Vikariate und zählte 351.650 Seelen; die Diözese Capo d'Istria 4 Dekanate, 22 Pfarreien, l Vikariat, 6 Exposituren und 61.065 See len. Betreut wurden beide Sprengel von 312 Welt- und 49 Ordenspriestern, wozu noch 36 Laienbrüder, 8 Kle riker und 211 Ordensschwestern zu zählen waren. Eines der sorgenvollsten Probleme war der akute Priestermangel vor allem im italienischen Bevölke rungsanteil, waren doch 31 Pfarren, 19 Exposituren und 56 Kooperatorenstellen unbesetzt. Gründe dafür wurden in dem die Mittelschulen beherrschenden Geist des Liberalismus und in der aufsteigenden So zialdemokratie und vor allem darin erblickt, daß die Diözese kein bischöfliches Knabenseminar mit eige nem und internem Gymnasium, ja nicht einmal eine eigene theologische Lehranstalt besaß, weshalb die wenigen Alumnen das Zentralseminar in der Metro pole Görz besuchen mußten, wo aber Plätze für 50 Theologen vorbehalten waren. Die Pastorisation wurde durch die arge Kirchen not in Triest sehr erschwert, wo es bis zur Pfarr teilung i. J. 1908 eine Pfarrei mit 75.000 Seelen gab und zwei Pfarren darnach noch 30.000 bzw. über 20.000 Seelen auswiesen. Dem Übel suchte das seit 1890 bestehende Kirchenbaukomitee abzuhelfen, das nun unter „dem wirklichen Vorsitz" des Diözesanbischofs den Bau der Herz-Jesu-Basilika der Jesuiten ausführte, 1908 den Bau der Mariahilf-Kirche der Salesianer in die Wege leitete und die Panung je einer Klosterkirche der Franziskaner und Domini kaner ins Auge faßte. 1905 rief Nagl ein Kirchenbau komitee zu Abbazia ins Leben, um den berühmten und vielbesuchten Badeort an der Adria mit einem würdigen Gotteshaus auszustatten. Selbst an der Spitze stehend, konnte er schon im Jahr darauf den Grundstein hiezu legen. Dazwischen wurde auch ein und die andere Kirche erweitert und wurden Klosterund Institutskapellen geschaffen. Zu den schon vorhandenen Ordens- und Kloster gemeinschaften der Kapuziner, Mechitharisten (seit 1856), Salesianer (seit 1898), der Konventualen und Benediktiner (seit 1842) traten als seelsorgliche Mit arbeiter hinzu: 1908 einige Jesuiten der österreichi schen Provinz, die das von Nagl gegründete Haus „der bischöflichen Stiftung für heilige Missionen und Exer zitien" bezogen, die Franziskaner, die nach ihren Klöstern in Capo d'Istria und Pisino 1907 mit dem stark besuchten Marienheiligtum in Strugnano betraut wurden und sich mit Patres der Südtiroler Provinz 1908 in Triest ansiedelten. Auch die weiblichen Orden und Kongregationen wie die Benediktinerinnen, die Schwestern ULFR. vom Berge Sion, die Schul schwestern des III. Ordens des hl. Franz v. Assisi, 20
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