Auf diese mehrmals wiederholte Versicherung und auf die kein Ende nehmenden Bitten entschloß er sich Hanrij dem Ansuchen zu willfahren. Weit entfernt aber, das Zeugnis blindlings zu erteilen, erklärte er den Müttern, ihre Kinder müßten sich früher einer Prüfung unterziehen, worein Mütter und Kinder auch einwilligten. Sofort bestimmte er zwei Tage, an denen er den beiden Kindern in Gegenwart einer Mutter Unterrichtsstunden gab und zog sie auch der Vorbe reitungslehre zxun Empfang der Firmung bei, die er während der nachmittägigen Christenlehre am Sonn tag vor dem hl. Pfingstfest für seine Pfarrgemeinde in der Kirche abhielt. In diesen Unterrichtsstunden bemühte er sich den Grad ihrer religiösen Kenntnisse zu erfahren, die mangelnden zu ersetzen und die vor handenen zu berichtigen und zu befestigen. Und da beide Kinder in der Seibersdorferschule demselben Unterricht schon beigewohnt hatten, war es ihm nicht schwer zur Überzeugung zu gelangen, daß sie zwar im Auswendighersagen der Religionswahrheiten weniger Geläufigkeit besaßen, das Wesentliche jedoch, worauf es am meisten ankommt, ziemlich inne hatten. Erst jetzt schritt er zur Ausstellimg des Zeugnisses. Auf die mögliche Einwendung, daß er ohne ausdrück liche Erlaubnis des eigenen Pfrs. den Unterricht dieser Kinder vorgenommen habe, bittet er auf die nachbar liche Praxis weisen zu dürfen, wo er von den Pfarr kindern zu S.während der zufälligen Abwesenheit des selben H. Pfrs., mithin ohne dessen Vorwissen, schon zweimal zur Administrierung der hl. Sakramente ab geholt wurde, ohne daß sich der H. Pfr. höheren Orts darüber beklagt hätte, ja er dankte noch dafür. 4. 1842 Nov. 24. Der prov. Dechant des Weigelsdorfer Bezirkes Amand Mahr erstattet dem Konsist. Bericht darüber, daß er den sich beschwerenden Pfr. von S. gestellt habe, warum er erst am 1. August die Beschwerde eingereicht und ob er Rücksprache mit dem Pfr. von R. gepflogen habe. Jener habe ihm er widert, daß er erst Ende September die volle Gewiß heit darüber erhalten und keine Rücksprache gepflo gen habe. Auch werden die Namen der beiden Kinder angegeben. Genannter Dechant urteilt nun über beide Pfr. Während der von Reisenberg ein gutmütiger, dienstwilliger Mann sei und keine böswillige Absicht gehabt habe, sei der von Seibersdorf empfindlich und etwas hitzig und glaubte sich in seinen Rechten ge kränkt zu fühlen. Pfr. Walenta von R. habe er als Dechant ermahnt, ohne ausdrückliche Bewilligung in niemandes Pfarr-Rechte mehr Eingriffe zu wagen. 5. 1844 April 27. Seibersdorf. Der Pfarrer vermel det ans Dekanat, daß sich hier der Mißbrauch einge schlichen habe, bei jedem Sterbefall in der Gemeinde auszuläuten. Da nie um die pfarrl. Erlaubnis nachge sucht wurde, habe er dies nur als Mißbrauch ansehen können, wiewohl geduldet. Als im März 1843 eine Unterstandslose Person hier verstarb, befahl der Orts richter dem Schullehrer, ohne davon beim Pfr. auch nur eine Meldung zu machen, daß diese ausgeläutet werde, was auch geschah. Als hierauf der Gefertigte dem Auftraggeber dieses eigenmächtige Eingreifen in das pfarrl. Recht über das Geläute verwies, erhielt er zur Antwort: Das Geläute sei von der Gemeinde herbeigeschaft, also glaube auch er als Gemeindevorste her darüber disponieren zu können. Um den Frieden nicht zu stören, ließ der Pfr. diesen Fall als außeror dentlich auf sich beruhen. Im März d. J. verschied wiederum hier ein Waltersdorfer Pfarrgenoß nach einem Schlagfluß. Die Angehörigen wandten sich an den Ortsrichter, worauf auf dessen Anordnung wieder ohne Meldung ausgeläutet wurde. Nun fand sich der Pfr. ob dieser wiederholten u. wissentlichen Verletzung seines pfarrl. Rechtes veran laßt, es von der Kanzel zu verkünden, daß die Glocken von wem sie immer hergeschafft sein mögen, eine Appertinenz (Nebenraum) der Pfarrkirche seien u. da her das Ausläuten nur mit pfarrl. Erlaubnis geschehen könne, das Recht zu erlauben auch das Recht zu ver bieten voraussetze u. somit in Zukunft die einzuholende pfarrl. Erlaubnis zum Ausläuten nur für GemeindeNachbarn und deren Eheweiber erteilt, alles übrige, wie Zügenglocke, Begräbnisgeläute etc. aber auch wie bis her unentgeltlich geschehen werde. Am dritten Tage nach dieser Bekanntmachung verstarb hier die Tochter einer Witwe u. der Pfr. verweigerte ausdrücklich seine pfarrl. Bewilligung zum Ausläuten. Nichts destoweniger wurde beim Mittagläuten ausgeläutet. Der Gefertigte begab sich zur Kirche, um zu sehen, auf wessen An ordnung geläutet wurde, u. fand daselbst den Orts richter mit zwei Nachbarn u. einem Inwohner, -die sich zum Läuten gebrauchen ließen, um sich vermutlich da für zu rächen, daß ihnen der Gefertigte zu anderer Zeit einige unstatthafte Gesuche abschlagen zu müssen glaubte. Vom Ortsrichter"erhielt der Gefertigte wieder holt obige Antwort. Im schwersten verletzt über diese offenbare Renitenz erwiderte der Gefertigte, wenn sich der Ortsrichter durch die pfarrl. Verweigerung verkürzt geglaubt, ihm der Weg der Klage offen gestanden, dieses eigenmächtige Rechtnehmen aber nichts anderes schließen lasse, als daß er ein „Lümmel" sei. Acht Tage nach diesem Vorfall starb hier das vor wenigen Wochen geborne Kind eines Hofstattlers u. der Gefertigte verweigerte seine Bewilligung zum Aus läuten mit dem Bemerken, daß für ein Kind,dem nicht einmal eine Zügenglocke geläutet wird, das Ausläuten wohl auch nicht statthaft sein dürfte. Es wurde aber doch zu mittag wieder auf Anordnung und im Beisein des Ortsrichters geläutet. — Der Gefertigte bittet dem nach, dem Ortsrichter sein eigenmächtiges rechtneh men verweisen u. über das pfarrl. Recht belehren zu wollen — Unterschr. Friedrich Karl, Pfr. (Fortsetzung folgt) Herausgeber, Verleger und Eigentümer: Erzb. Ordinariat, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Verantwortlicher Schriftwaiter: Univ.-Prof. Dr. Franz Loidl, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Druck und Versendung: Mechltaristen-BuchdruckereJ. Wien VII, Mechitaristengasae 4. 16
RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=