Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Plautz hatte sie dort angepflanzt'*). Um 1682 baute der Pfälzer Joachim Becher in Österreich die ersten ame rikanischen Potato oder Erdäpfel mit sehr gutem Er folg und erklärte, daß sie gutes Brot, guten "Wein und Branntwein gäben°). Aber erst im 18. Jahrhundert erkannte man den Wert dieses Gewächses als Nah rungsmittel, weshalb der Anbau von Kartoffeln von den Regierungen empfohlen und schließlich angeord net wurde. Von 1712 an treffen wir sie in Württemberg°), 1742 im WaldvierteP), dem klassischen Erdäpfellande, und 1795 in Mähren®). Ein besonderer För derer war König Friedrich II. von Preußen, der den Kartoffelanbau 1744 einführte, die Geistlichen darüber predigen ließ und die Grundbesitzer mit je einem Het zen beschenkte®). Seine Kriegszüge gegen Maria The resia brachten den Anbau der „Bramborn", wie die Erdäpfel nach der Provinz Brandenburg auch genannt wurden, noch mehr in Schwung. Der Name Kartoffel geht auf das italienische Tartufolli (Trüffel) zurück^®). Der Name Grundbirn ist ebenso wie der Name Erd apfel im Rückgang. In Österreich waren es die große Kaiserin Maria Theresia und die Fürsten von Liechten stein, welch letztere im nordöstlichen Niederösterreich und in Südmähren sehr begütert waren, die den Kar toffelanbau mächtig förderten. 1767, 1769 und 1770 er gingen einschlägige Verordnungen der Regierung*^). Bei den Liechtenstein war es der Schloßinspektor in Feldsberg, Johann Wiegand, der in seinem 1759 er schienenen Buche „Der wohlerfahrene Landwirt" für den Anbau der Grundbirnen eintrat und dafür Rat schläge erteilte^^). Um 1782 war der Kartoffelbau in Niederösterreich ziemlich allgemein anzutreffen'®), und alle Vorurteile waren überwimden. Man hatte gefürch tet, diese neue Feldlrucht richte die Felder zugrunde. Es fehle der geeignete Boden, weil nach der tausend jährigen Ordnung der Dreifelderwirtschaft das Feld so verteilt sei, daß ein Drittel mit Wintergetreide, ein Drittel mit Hafer bebaut werde und der .Rest als Brache und Weide diene. Wolle man Kartoffeln auf die Brache bauen, so würde einerseits der Boden zu stark ausgezogen, andererseits gäbe es für das Vieh keinen Austrieb. Die Herrschaften vrieder fürchteten, daß die Bauern die Reichung des Zehents verweigern würden. Auch die Müller waren besorgt, es würde dann weni ger Halmfrucht gebaut werden, womit sich ihre Ein künfte verringerten'^). Beim Volke aber hieß es: „Die Dinger riechen nicht und schmecken nicht, nicht ein mal die Hunde mögen sie fressen, was wäre uns damit geholfen?"'-'^). Die Hungerjahre 1771, 1772 und 1774 so wie die späteren Kriege zwangen zum Kartoffel anbau'®). 1833 wurden die Erdäpfelfelder zehentfrei"). Seitdem ist die Kartoffelkultur ungeheuer gestiegen; denn für Mensch und Tier ist diese Knollenfrucht ein wichtiges Nahrungsmittel und auch für nicht wenige Industriezweige ein wertvoller Rohstoff. Im Jahre 1920 gab es bereits 999 Rezepte für die Bereitung von Kar toffelspeisen, und heute gibt es über 3000 Sorten von Erdäpfeln'®). Und nun einiges über den braven Erdäpfelpfarrer von Prinzendorf. Laut Pfarrgedenkbuch hat Jungblut 1761 die Erdäpfel aus seiner Heimat Holland (bzw. Luxemburg) eingeführt. Holland, das Königreich der Vereinigten Niederlande, umfaßte 1815 bis 1830 auch das heutige Belgien und stand mit dem 1890 selbstän dig gewordenen Luxemburg in inniger Staatsverbin dung. Die Niederlande waren 1482 als Herzogtum Bur gund erbweise an das Haus Österreich gekommen. 1555 wurden sie der spanischen Linie überlassen, und diese verlor noch im 16. Jahrhundert durch Abfall den pro testantischen Teil. 1713 kam der katholische Teil nach Erlöschen der spanischen Linie der Habsburger wieder an Österreich und 1797 an Frankreich'®). Während der österreichischen Zeit standen Belgien und Luxemburg mit Österreich in reger geistiger und wirtschaftlicher Beziehung. Und so kam es auch, daß der luxembur gische Priester Franz Josef Jungblut zum Erzieher des Erzherzog Karl (geb. 1745, gest 1761), eines Sohnes von Kaiser Franz I. und Maria Theresia, berufen wurde^®). Zur Belohnung für seine treuen Dienste wiude Franz Josef Jungblut 1X58 zum Kanonikus von St. Stephan in Wien vorgeschlagen'^'). Nach lOjährigem Genüsse dieses Benefiziums verstarb er 1768 im Alter von 56 Jahren. Es scheint seinen vermutlichen Verwandten Johann Eberhard Jungblut, der, wie es eine Eingabe des Herrn J. J. Grandi vom 17. August 1778 besagt, auch ein Sohn des belgischen Luxemburg war, nach Wien gezogen zu haben. 1758 erhielt Johann Eberhard vom passauischen Konsistorium in Wien die Anwart schaft auf einen Dienstposten in Niederösterreich. 1759 und 1760 erscheint er als Kooperator in Wilfersdorf®^), das eine liechtensteinische Patronatspfarre ist, was ihn gewiß auch auf den Gutsinspektor Johann Wiegand in Feldsberg aufmerksam machte. 1760 schlägt der Besit zer^®) von St. Margarethen am Moos, Graf Ferdinand Philipp Harsch, dessen Mutter Cacilia 1745 vom Barnabitenorden gegen Hingabe des Rechtes, einen Pfar rer für St. Margarethen vorzuschlagen, das gleiche Recht hinsichtlich der Pfarre Prinzendorf erhalten hatte'^'), den Johann Eberhard Jungblut zum Pfarrer von Prinzendorf vor. Der neuernannte Pfarrer entlieh 1761 beim Erzieher des Erzherzogs Karl, Benoit de Vinand, 400 Gulden. Als der Schuldschein dem Frangois du Brun weitergegeben wurde, bestätigte der Domherr Franz Josef Jungblut 1762 die Richtigkeit,was auf die Verwandtschaft der beiden Jungblut hinweist; der Schuldschein ist in französischer Sprache abgefaßt, zuerst wohl wegen des Gläubigers und dessen Nach folgers, dann aber auch, weil die Jungblut aus dem französisch sprechenden Teil Luxemburgs waren^®). Die erste Sorge Jungbluts galt der Erstellung eines ordentlichen Pfarrhauses. Weil die Kirche wegen zu geringen Fassungsraumes und auch wegen Nässe 1693,' 1695 aus der Mitte des Platzes auf den jetzigen Platz verlegt worden war'^®), trachtete man, auch den Pfarr hof zur Kirche zu verlegen. Der Patron der Pfarre, der Propst zu Mistelbach Don Alexius Pruner (vielleicht erinnert die Alexiusstatue der Kirche an ihn), sträubte sich lange gegen einen Neubau, 1763 kam der Bau aber neben der Kirche zustande'^'), wie wir ihn heute noch sehen können. Die Ortsherrschaft, seit 1751^®) das Stift Klosterneuburg, gab im Tauschweg einen passenden Grund dafür her. Jungblut scheint nicht nur ein tüch tiger Wirtschafter auf seiner mit Grundstücken reich lich bedachten Pfarre, sondern auch ein eifriger Ver fechter seiner Rechte gewesen zu sein. 1762 setzte er einen Weingarten aus, erreichte 1766 die Erbauung eines Kellers und nahm, als er älter geworden war, einen Franziskanerpater als Administrator der Wirt schaft auf^®). Mit Eifer, aber nicht immer mit Erfolg, wehrte sich Jungblut gegen die Beeinträchtigung von

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