Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge y^jener Diözesangesdiidite BE ILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 7 (Juli 1964) 102, Jahrgang Nr.4 Wien,am 1.Juli 1964 5.Jahrgang Inhalt: 15. Kardinal Cölestin Joseph Gangibauer, Fürsterzbischof von Wien. III. Von seiner Wirksamkeit als Oberhirte (1881—1889). — 16. Mitarbeiter am Kopallik'schen Regestenwerk: Kooperator Carl Rychlick. — 17. Dimembratio Steteidorf. — 18. MeßStiftungen an der ehemals landesfürstlichen Pfarre Prigglitz und ihr Schicksal. 15. Kardinal Cölestin Joseph Gangibauer,Fürsterzbischof von Wien III. Von seiner Wirksamkeit als Oberhirte(1881—1889). Dr.Franz Loidl Nachdem Kapitelvikar Weihbischof Dr. Eduard Angerer am 5. Februar 1881 die gesamte Säkularund Regulargeistlichkeit des Erzbistums „an die hl. Pflicht erinnert hatte, inbrünstig um einen neuen Oberhirten zu beten, der dem Herzen Gottes wohl gefällt und zur Verherrlichung seines hl. Namens und zum Heile der Gläubigen lange und segensreich wir ken möge^)", und er am 27. Juli endlich „die sehr erfreuliche Mitteilung hatte machen können, daß Se. k. u. k. Apostol. Majestät den Hochwürdigsten Abt des Stiftes Kremsmünster C. G. allergnädigst zu ernennen geruht habe'^)", wurde am 25. August im selben Amts blatt die feierliche Inthronisation für den 11. Septem ber angesetzt und wie üblich den Seelsorgern der Auf trag gegeben, davon ihren Gemeinden von der Kanzel zu verkünden, „daß sie den neuen Fürsterzbischof als ihren Vater und Oberhirten mit Liebe \md Ergebenheit aufnehmen, ihm mit gebührender Ehrfurcht begegnen, seinen Ermahnungen undVerordnungenwilligen Gehor sam leisten und für eine lange Erhaltung und glück liche Regierung der ihm anvertrauten Kirche Gott im eifrigen, inbrünstigen Gebet bitten, damit der Fürst erzbischof an ihnen ergebene, liebende Kinder finde, denen er stets ein gütiger Vater sein wird^)". Die seit dem Regierungsantritt Erzbischofs Milde (am 31. Mai 1832) und auch von seinen Nachfolgern Kardinal Rauscher (am 18. August 1853) und Kardinal Kutschker (am 30. April 1876) geübte Gepflogenheit, daß der neuernannte Fürsterzbischof von der k. u. k. Hof- und Stadtpfarrkirche zum hl. Augustin aus — die letzte Nacht hatte er im Kremsmünstererhof ver bracht — in festlicher Prozession zu seiner Kathedrale St. Stephan geleitet werde, hielt auch Gangibauer auf recht^). Die fünf Stunden währenden Inthronisations feierlichkeiten, angefangen mit der stillen hl. Messe des neuen Erzbischofs am Hochaltar von St. Augustin um 8 Uhr früh bis zum Homagium in St. Stephan, ver lief auch diesmal wieder nach dem hiefür gedruckt herausgegebenen Zeremoniell, wobei der Zug seinen üblichen Weg über den Josefsplatz, Kohlmarkt, Graben und Stock-im-Eisenplatz zum Riesentor des Domes nahm"). Leider bildete der strömende Regen eine arge Behinderung und stellte sich bei weitem nicht die Teil nahme des Publikums ein, wie man erwartet hatte. Die zur Unterstützung der Sicherheitswache aufgebotene Kavallerie konnte deshalb gleich wieder in ihr Quar tier abrücken. Wohl blieben aber die Kompagnien Mili tär zur Aufrechterhaltung der Ordnungim Dominneren, dessen Betreten nur mit Einlaßkarten gestattet war, „mit denen jedoch die f. e. Kanzlei sehr sparsam um gegangen war". Auffallend erschien dabei das Fehlen der offiziellen Persönlichkeiten, da nur Vizebürger meister Uhl und etwa zehn Gemeinderäte vertreten waren und somit das Innere des Presbyteriums fast leer blieb®). Aller Augen waren von nun an begreiflicherweise auf den neuen Erzbischof, den oberösterreichischen Bauernsohn von mittlerer Statur und beweglichem Temperament gerichtet, dessen natürliche Bescheiden heit und aufrichtig wohlwollende Leutseligkeit bald alle ohne Unterschied der Person und des Standes erfahren und schätzen sollten'). Wurde ihm schon als Abt hoch angerechnet, daß ihm beim Grüßen kaum jemand zuvorkommen konnte; in seiner höchsten Stel lung in Wien wurde und war es nicht anders®). Der Festtag wurde mit einem Bankett um 5 Uhr nachmittag beschlossen, zu dem achtzig Gäste geladen waren. Nach dem zweiten Gang brachte der Fürsterz bischof einen gemeinsamen Toast auf Papst und Kaiser aus. „Er pries in einer kurzen Rede die ungetrübte Harmonie, welche in Österreich zwischen Staat und Kirche herrscht und welches Verhältnis für alle Zu kunft aufrecht erhalten zu sehen sein sehnlichster Wunsch sei. Außer diesem Trinkspruch wurde bei der Festtafel kein weiterer Toast ausgebracht", weiß die „Neue Freie Presse" zu berichten®). Seine beiden mit 11. September datierten und auf das Fest Maria Namen bezogenen Hirtenschreiben an den Klerus'®) und an das Volk") sprachen im all gemeinen das aus, was ihn bewegte, was er dachte und beabsichtigte. Dem Klerus gestand er gleich eingangs ehrlich, daß er mit bangem Herzen und zitternder Seele dem Rufe Gottes gefolgt sei, der ihn durch die Ernennung Sr. Majestät mit Zustimmung des Apostolischen Stuhles berufen. „Die Scheu vor der Heiligkeit, der mit ihr verbundenen Pflichten nicht minder als das Bewußt sein meiner geringen persönlichen Eignung, meiner schwachen Kraft, ließ aus beklommenem Herzen oft 25

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