auch den Anforderungen der Zeit und des modernen Staates gerecht zu werden, ganz im Geiste seines Ordens, der eine Säule der kirchlichen Ordnung ge blieben sei und doch stets den Kontakt mit der moder nen Welt und dem Fortschritt des menschlichen Geistes zu halten gewußt habe. Daher sei er, der Minister, insbesondere überzeugt, daß, wenn Gangibauer von Sr. Majestät auf den ihm zugedachten erhabenen Posten gestellt werden sollte, er stets bemüht sein werde, das derzeit befriedigende Verhältnis zwischen Staat und Kirche (!), das die Weis heit Sr. Majestät gegründet habe, ungetrübt zu er halten. So werde er auch in dieser Beziehung ein würdiger Nachfolger seiner unvergeßlichen Vorgän ger auf dem Erzbischofstuhl von Wien sein und es werde die Tradition dieser erhabenen Kirchenfürsten, deren klare Linien jedermann vor Augen liegen und in denen die Bevölkerung nicht mit Unrecht eine be sonders kostbare politische Errungenschaft erblicke, voll gewahrt bleiben. „Belangend den Umstand", daß mit P. Gangibauer ein Regular-Priester den Erzbischofstuhl besteigen werde, bemerkte Eybesfeld, daß auch hierin kein un gewöhnlicher Vorgang erblickt werden könne, da zahl reiche Professen vornehmlich des Benediktinerordens zur Bischofswürde gelangt seien, wie dies derzeit z. B. in Salzburg zutreffe^®^). Auch der Umstand, daß Gangi bauer nicht der Wiener Diözese angehöre, könne nicht ins Gewicht fallen, da die Verhältnisse in der zur selben Kirchenprovinz gehörigen Linzer Diözese, mit der Gangibauer genau bekannt sei, nicht wesentlich anders seien als die in der Wiener Diözese. Zur weiteren Empfehlung des vorgeschlagenen Kan didaten erlaube sich genannter Referent noch darauf „hinzudeuten", daß ihm nicht die a. h. Anerkennung seines bisherigen Wirkens gefehlt habe,indem ihm an läßlich der Säkularfeier des Stiftes Kremsmünster i. J. 1877 mit der a. h. Entschließung vom 3. August das Comtur-Kreuz des Franz Josef-Ordens verliehen und er seither auch als lebenslängliches Mitglied in das Her renhaus berufen worden, „in welch letzterer Eigen schaft .er durchaus jene persönliche oder vermittelnde politische Haltung bewahrt habe, in der auch Kar dinal Kutschker seine Aufgabe in dieser hohen Ver sammlung erblickte". Der Referent erlaube sich daher unter Beziehung auf den zustimmenden Minister ratsbeschluß V. 19. März Sr. Majestät die alleruntertänigste Bitte zu unterbreiten, Se. Majestät geruhen den Abt von Kremsmünster zum Fürsterzbischof von Wien allergnädigst zu ernennen. Auf einen so empfehlenden Vortrag von selten des k. u. k. Ministers für Kultus und Unterricht konnte nichts anderes erfolgen als die stereotype Ver fügung des Kaisers: „Ich ernenne den Abt des Bene diktinerstiftes Kremsmünster Pater C. J. G. zum Erz bischof von Wien mit Datum vom 23. März 1881"^®). Aus diesem deshalb genau angeführten letztlich entscheidenden Referat des Ressortministers dürften bestimmende Gründe für die offensichtlich allgemein überraschende Ernennung erkennbar sein. Der ausdi'ückliche Hinweis auf Kutschker als Vorbild, der als Jurist, Kanonist, Bürokrat und Staatsbeamter ge wohnt war, nur eine Vermittlerrolle einzunehmen und sogar sich einer gewissen Nachgiebigkeit und Lässig keit schuldig machte, so daß sich die neuen konfes sionellen Gesetze einzubürgern vermochten^®), recht fertigt die Annahme, daß man auch beim Nachfolger eine ähnliche möglichst konziliante Haltung als wün schenswert ansah. Weil nun immer wieder „gemun kelt" wurde, daß Gangibauer als zumindest josefinisch oder liberal angehaucht den Papst nach dem Kaiser „rangiert" und dies deutlich bei der großartigen Elf jahrhundert-Feier vor dem liberalen Minister Stremayr zu Ausdruck gebracht habe, seien beide Trink sprüche, die er bei der Festtafel am 18. August 1877 vor 280 ausgewählten Gästen hielt, zum Vergleich im vollen Wortlaut hintereinander vorgelegt. Der erste galt tatsächlich dem Kaiser: „Mit dem Wiegenfeste unseres eilfhundertjährigen Hauses, das wir heute begehen, feiert Habsburgs gan zes Reich, die gesamte österreichische Monarchie, ihr höchstes Freudenfest: das Geburtsfest Sr. kaiserlichen und königlichen Apostolischen Majestät, unseres Allerhöchsten Herrn und Kaisers. Mit Millionen und Millionen treuer Unterthanen sandten wir im Hause des Herrn heiße Gebete empor zu Gott, daß der Herr Himmels und der Erde Allerhöchstdessen geheiligte Person und das ganze Allerhöchste Kaiserhaus segne, schütze, zur Freude, zum Heile des ganzen Reiches viele, viele Jahre im besten Wohlsein erhalten solle. Von denselben Gefühlen und Wünschen auch jetzt beseelt, erlaube ich mir an die erlauchte, hochansehn liche und hochverehrte Gesellschaft die ehrfurchtsvolle Bitte zu richten, ihnen mit mir Ausdruck zu geben in dem Rufe: Se. kaiserliche und königliche Aposto lische Majestät, unser Allergnädigster Herr und Kaiser, der in angestammter väterlicher Hiold über seinen großen Regentensorgen für das Wohl seines gesammten Reiches, auch des Kleinen und Unbedeutenden in demselben nicht vergißt, der unser eilfhundertjähriges Haus zu seinem Jubelfeste mit unverdienten aller höchsten Gnaden auszuzeichnen geruhte, lebe hoch! hoch! hoch!"^^). Mit der gleichen Wärme und Begeisterung, ver merkte der Chronist, sei das dreifache Hoch auf Se. Majestät erwidert, in mächtigem, begeistertem Chor die erste Strophe der Volkshymne gesungen wor den, die ein außerhalb des Saales postiertes Orchester intonierte. — Minister Stremayr soll — und es würde ganz dazupassen — geäußert haben: das sei der rich tige Mann für einen Bischofstuhl, oder ähnlich. Als die letzten Worte des „Kaiserliedes" verklimgen, schloß der Abt in „ergreifender" lateinischer Rede"'^^) nun den Trinkspruch auf den Papst (damals noch Pius IX.) an, wie in Übersetzung folgt: „Im Vereine mit jenen frommen Gebeten, welche Se. Exz. der Herr apostolische Nuntius und Erzbischof Ludwig (Jacobini), mit uns im feierlichen Meßopfer für unsern Durchlauchtigsten Kaiser darzubringen die Gnade hatte, sind auch Bitten und Segenswünsche für das Heil und Wohlergehen unseres heiligsten Vaters Papst Pius IX. emporgestiegen. Wir bitten und flehen demnach in aufrichtigster Verehrung, Anhänglichkeit und Treue, daß jener als Statthalter Christi auf Erden bestellte Hohepriester, jener wie an Alter so an Gnade wahrhaft ehrwürdige Greis, auf den Himmel und Erde mit Bewunderung schaut, der, selbst die Papstjahre Petri an Zahl überschreitend, kürzlich unter dem Jubel und den Glückwünschen des ganzen katholi schen Erdkreises sein SOjähriges Jubiläum feierte, 19
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