Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Konzil erst ein Beginn. Dennoch wird die Kirche den von ihm angepeilten neuen Kurs besclmeiten müssen, wenn sie das Ziel erreichen will, heute glaubwürdig das Evangelium in dieser Weltzu leben. Anmerkungen: ') Ein Wiener Priesterkreis, Überlegimgen zur Pfarrseelsorge. In: Der Seelsorp36(1966)126-130; hier 130. )Vgl. H. J. Pottmeyer, Die zwiespäl tige Elilesiologie des Zweiten Vatikanums - Ursache nachkonziliarer Konflikte. In: Trierer Theologische Zeitschrift 92(1983)272-283. ') Vgl. P. Weß, Ein neues Apostel konzil? Überlegungen zur gegenwärtigen Situation der Kirche. In; Anzeiger für die Seelsorge 104(1995)539-542. DDr. Paul Weß, Weihejahrgang 1962, ist seit 1966 Seesorger bzw. Pfarrer der Pfarre Zum hl. Klaus von Flüe ^achstraße). Modell Machstraße-Umsetzung des Konzils Von Bernhard van Baaren 1952 trat ich der Gemeinschaft Vita et Pax bei. Die Gemeinschaft war in Ant werpen (Belgien) durch den Benedikti nerabt Dom Bosschaert gegründet worden. Dieser Abt hatte Papst Johannes XXin., als er noch Kardinal war, auf seinen Ar beitsreisen begleitet. Durch diese Um stände halte ich selu" oft die Gelegenheit, über diesen Papst zu hören. Knapp vor meiner Priesterweihe (1962), habe ich in Rom eine Audienz für Priesterstudenten mit Papst Johamies XXHI. erleben dürfen. Trotz aller dieser Erlebnisse und Er eignisse, die ich sicher nicht vergessen habe, hat das Konzil erst einen wirkli chen, lebendigen Eindruck auf mein Le ben gemacht, als Kardinal König Kaplan Peter Zitta, Kaplan Dr. Weß und mir die Erlaubnis gab, das Projekt Machstraße aufzubauen. Hier halten wir die glückli che Aufgabe, unsere eigenen Ideen mit unserer persönlichen Kreativität umzuset zen. Mit dem vollsten Vertrauen des Kardinals. Mit ehrlicher Dankbarkeit kaim ich sa gen,daß durch diese Aufgabe mein Leben geprägt wurde, diese Arbeit war für mich die wortwörtliche Umsetzung des Vati kanischen Konzils. Ich habe viel gelernt in dieser Zeit, aufdem Gebiet der Theologie und der Pastoral. Besonders aber über die Lebensproblemalik der Großstadtjugend, auch aufreligiöser Ebene. Obwohl ich in dieser Zeit sehr viel Positives erlebt habe, darf ich nicht ver schweigen, daß natürlich auch oft Enttäu schung und Zweifel mein Tun und Lassen bestirmnt haben. Vor allem durch unehr liche Freundschaft, durch Verleiundung und durch Vereinsmeierei, imter dem Deckmantel „Glaubensgemeinschaft". So entschied ich mich langsam für ei nen anderen Lebensweg, mit Hilfe und Rat von elirlichen Freunden. Nachdem ich mein Priesteramt nieder gelegt hatte, war ich noch bis zu meiner Pensionierung 22 Jalue als Religionsleh rer tätig. Biszum heutigen Tag bin ich für vieles dankbar und doch kann ich meine Enttäu schung nicht verbergen, wenn es um die Erfüllimg des Vatikanischen Konzils geht. Es ist mir unerklärlich, daß die kirchliche Institution nicht verstehen kaim, daß Au torität „begleiten" und nicht „vorsclu^eiben" imd „verbieten" bedeutet. Diese Institution ist leider nicht imstande, auf Menschen offen zuzugehen, ihnen das Gefühl von Freiheitzu geben. Warum gibt es, nach dem Modell des Vatikanischen Konzils, keinen oder nur wenig Respekt für das persönliche Gewissen? Warum wird vergessen, daß ,mur" beraten werden sollte? Wie oft mußte ich erfahren, daß der Jugend keine Zeit gegeben wurde, ihren Glauben entwickeln zu las sen....gleich war man da mit Druckmitteln von Geboten und Vorschriften. Es besteht ein großer Mangel an Bewußtsein, wie delikat die Glaubenserziehung bei jungen Menschen ist. Ein junger Mann hat mir einmal gesagt: „es ist so schön, daß jeder Mensch katholisch sein darf (!!!), aber nicht sein muß...". So habe ich langsam verstehen gelernt, was Johannes XXIH. gemeint hat, mit seinem Ausspruch: ,4.,assen wir die Türen der Kirchen offen!" Leider sind sie wieder zu! So sind wir immer gezwungen, nach dem Schlüssel zu verlangen. Bernhard van Baaren, 1962 zum Priester geweiht. 1974 laiisiert, war als katholischer Religionslehrer tätig. Liturgische Arbeit und ökumenisches Miteinander nach dem Konzil Von Friedrich Debray Ich weiß noch: Die erste Eucharistie feier, die ich in deutscher Sprache halten durfte (bei einer Tagung in Seggauberg), hat mich derart erschüttert, daß ich mich stundenlang nicht beruhigen koiuite. Dagegen sind meine Erinnerungen an die Liturgische Kommission und ilire Arbeit eher verblaßt. Es gab lange Dis kussionen um die sogenaimte Hausmesse und ihre notwendigen Riten, weil die Verklammerung mit den Zeremonien der römischen Messe eben noch selir stark wirkten. Joseph Emst Mayer vor einer solchen Sitzung: „Koimnen Sie heute un bedingt! Man will unsere Vorschläge abschießen!"... Erfrischender war die liturgische Ar beit im Ralimen der KSJ, der Katholi schen Studierenden Jugend. Die unbelangeneren jungen Menschen waren gem bereit, entsprechende würdige Tonnen für die Gemeinschaft um den Tisch des Herrn zu finden und mitzufeiern. Wir erprobten „Hausmesse" - bei unseren vielen Werkwochen in Wilhering - etwa im Festsaal des dortigen Gymnasiums. Und es war aufbauend zu spüren, wie die „wesentliche Partnerschaft zwischen Priester und Gemeinde bei der Feier der Eucharistie" dort lebendig wurde imd sich vertiefte. Natürlich gab es auch gelegentlich drohende Kritik an Fonnen, die heute selbstverständlich sind. Festlicher Höhepunkt dieser Bemühmigen war sicher - anlaßlich einer gesamtösterreichischen Tagung der KSJ - die feierliche Eucharistie im Großen Fest spielhaus in Salzburg. Wir hatten den Plan, die Höhepunkte der Tagung immer im Festspielhaus zu begehen, also auch die Eucharistiefeier als Krönung. Erzbischof Roliracher hatte die Genehmigung erteilt. Ich mußte in Rom um die Erlaub nis zur Konzelebration einholen, die ich auch - in Latein - erhielt. Die Feier wurde zum großen Erlebnis ftlr alle Teil nehmer. Hans Lechner, der Landeshaupt mann, sagte begeistert: Heute hat das Haus endlich seine Weihe erhalten, die man ilun damals vorenthielt. Aber auch hier hatte es vorher starke Kritik und Polemik zugunsten „unseres herrlichen Domes" gegeben, die sich im Nacliliinein in heftiger Diskussion fortsetzte. Die Entklerikalisienmg des Pseudoklenis, der Ministranten, gelang nicht. Da „die gesamte Gemeinde konzelebriert" und „es simivoll ist, daß Vertreter der Gemeinde die Gaben des Volkes Gottes zum Altar bringen" sind sie heute eigent lich funktionslos. Und ihre die Gemein schaft der Litiu-gen andeutende weiße Gewandung wird hier zum Zeichen frühe rer Tremiung. In lebhafter Erinnerung sind mir die eher zaghaften ersten Schritte zu einem ökumenischen Miteinander. Wir waren als KSJ-Führung Gäste bei Treffen der Evangelischen Jugend und führten später eine große Ökumenische Tagung in Graz durch. Der festliche Ab schlußgottesdienst im Saal der Brauerei Punligam war in Wien sorgfältig vorberei tet. Dabei sind mir die Namen Johannes Dantine und Robert Kauer in dankbarer Erimienmg. Wertvolle Scliritte auf diesem Weg setzte Sascha Abrahamovic in der Dorotheer Kirche HB mit den ökumenischen Vespern zur Vorbereitimg von Weiluiachten imd Ostern. Vertreter verscliiedener Konfessionen kamen beim Gottesdienst und den nachfolgenden Diskussionen zu Wort, wobei es durchaus geschwisterlich im besten Siime zuging. Ich meine, daß hier Ansätze zu einer ökumenischen Ge meinsamkeit wuchsen, die sich jetzt bei der Ordination des evangelischen Bischofs

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