Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

geübt. Es war mühsam. Das große Meß buch auf dem Altar hat mich fasziniert. An die Sehnsucht erinnere ich mich deut lich; Ein einziges Wort möchte ich verste hen können! Dechant KR JosefSpreitzhofer, Weihe jahrgang 1964, ist seit 1971 Pfarrer von Puchbergam Schneeberg. Das Konzil verwirklichen! Von Karl Obermayer Zunäclist habe ich mir von einem Konzil nichts er^vartet, obwohl die Tatsache und die Umstände seiner Einberufung bereits aufliorchen ließen. Als ich daim aber erkennen koimte, daß viele Themen,die uns schon in der Seminaizeit bewegt haben, aufgegriffen wurden, wuchs die Begeisterung. Ich erinnere mich besonders an die Berichte des Mario von Galli, die wir ver schlungen haben und die Gespräclisthema bei Zusammenkünften von Kollcgai waren. Eine gewisse Skepsis kam auf, als Paul VT. sein Pontifikat antrat, ob nicht die konservativen Kräfte wieder die Oberliand bekämen. Sclüießlich wurden aber doch selir ausgewogene Konstitutionen verabscliiedet, die wir selir genau studierten. Es tat mir leid, daß für die Gläubigen eigentlich nur liturgische Veränderungen sichtbar wurden, die man teils mit Begeisterung aufgaiommen hat, die aber für manche auch einen schmerzlichen Abschied von Altgewolmtem bedeuteten. Im Kreise der engeren Mitarbeiter wurde durch die Einführung des Pfaixgemeinderates und seiner Ausschüsse etwas von der Mitverantwortung des ganzen Volkes Gottes spürbar. Leider ivar die Zeit zu kurz, daß sich die Anliegen des Konzils weiter durchsetzen komiten, denn schon bald wurden rückläufige Tendenzen bemerkbar. Mit dem Pontifikat Johaimes Paul U. - ohne sein Charisma und seine weltweite Bedeutung schmälern zu wollen - ist der Zentralismus gegenüber einer in Ansätzen versuchten Kollegialität der Bischöfe wieder stärker geworden. Die Mitbestimmung der PfaiTgemeinderäte wurde eingeschränkt, der Priester wieder gegenüber dem allgemeinen Priestertum herausgestrichen. Natürlich benifen sich alle aufdas Konzil und man kaim tatsächlich manche Texte so lesen,daß jeder seine Auffassungen bestätigt findet Vielleicht hat unsere Generation sie zu sehr unter dem Aspekt erwarteter Verändenmgai gelesen. IV^ches von den Wünschen hat sich im ,JCirchenvolksbegehren"erneut artikuliert Man spricht da und dort bereits von einem Dritten Vatikanum. Ob man damit eine Korrektur des Zweiten meint, oder eine Fortführung der Ansätze?-Ich weiß es nidit. Für mich würde noch genug im Zweiten Vatikanum drinnen stecken, das auf Verwirklichung wartet KR Karl Obemuryer (Weihejahrgang 1962) ist seit 1979 Pfarrer von St. JosefMargareten. Impulse des Konzils für die Ökumene Von Otto Novotny Als ich 1962 Pfarrer in Atzgersdorf wurde, begann das Zweite Vatikanische Konzil und mein zehntes Priesterjahr. Diese Zeit war auch gekennzeiclmet durch einen Umbruch in der Gesellschaft (die sogenaiuiten sechziger Jahre), aber eben auch einen in der Kirche. Ich erimiere mich noch an die emotionellen Gespräche in unseren Priesterkonferenzen, die manchmal darin gipfelten, den andern des Unglaubens zu beschuldigen. Bei den meisten fehlte damals der tlieologische Unterbau, deim kaum jemand hatte sich mit der neuen Sicht der Theologie ausein andergesetzt. Die nun offizielle neue Sicht der Kir che, sie war von vielen ja schon gedacht und auch gelebt worden, brachte eben viel Unruhe, Aus der Position der totalen Verteidigung und Abgrenzung gegenüber den anders Denkenden wurde eine Posi tion der Öffnung und Zuwendung der Kirche zur Welt von heute. Aus Häreti kern und Schismatikern sind plötzlich Schwestern und Brüder geworden. Nun mehr stand das Gemeinsame im Vorder grund und nicht mehr nur das Tremiende. hl meinem Rückblick möchte ich mich - neben den vielen positiven Aspekten wie Erneuerung der Liturgie, neue Sicht des l^ien - auf das Thema Ökumene be schränken. Werm heute kritisiert wird, daß es mit der Ökumene nicht vorangeht- was übri gens überhaupt nicht stimmt-,muß man bedenken, d^ es bis 1964 (am 21. No vember 1964 wurde das Ökumenismusde kret veröffentlicht) für einen Katholiken verboten war, in einem nichtkatholischen Gotteshaus mit den anderen Christen zu beten. Die ersten sichtbaren Kontakte mit der evangelischen Pfarre in unserem Bezirk waren die Ankündigung der evangelischen Schulgottesdienste, neben unseren eige nen. Dies geschah in einer pfarrübergreifenden Zeitung „Kontakt 23", die 1968 zum ersten Mal erschienen ist und auch heute noch besteht. 1971 hielten wir die erste ökumenische Friedhofsandacht. 1974 trat darm auch die ,3vangelische Gemeinde" gleichberechtigt unserer Zeit schrift „Kontakt 23" bei. 1974 gab es auch bereits eine ökumenische Bibelrunde imd wir feierten die Gottesdienste in der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen gemeinsam. Bald wurde mir klar, welch großen Nachholbedarf ich vor allem auf dem Gebiet der Bibelwissenschaften hatte. Was ich bei meinen Prüfungen an der Universität noch als falsch erklären mußte, war mm die gängige Lehre gewor den. Die Methoden der sogenarmten modernen Bibelwissenschaften, die bei den Evangelischen gang und gäbe waren, fanden nun auch Eingang bei uns. Wie war diesem Mangel bei der vielen pastoralen Tätigkeit beizukormnen? Es bot sich bald eine gute Gelegenheit. 1977 wurde in Liesing eine Volkshochschule eröffnet und der evangelische Pfarrer Preyer imd ich wurden neben vielen anderen Per sonen, die mit Menschenführung im Bezirk zu tun hatten, eingeladen, als Vorstandsmitglied tätig zu sein. In der Folge begannen im Jahre 1978 Pfarrer Preyer und ich eine Vorlesimgsreihe über die Bibel mit dem Titel „Hat die Bibel doch recht?". Sie dauert heute noch und fmdet großen Anklang. Persönlich habe ich walirscheinlich auf diese Weise als Vortragender am meisten gelernt. Wenn ich abschließend die Auswir kungen des Konzils auf die Ökumene betrachte,stelle ich fest, daß es eine große gegenseitige Befruchtung gegeben hat und noch gibt. Etwa; Wir haben in der Liturgie wieder das Wort Gottes entdeckt und zu einem wesentlichen Bestandteil unserer Gottesdienste gemacht. Die Evangelischen wieder feiem das Abendmahl regelmäßig, das in den Gemeinden ein kümmerliches Dasein gefristet hat. Evangelische Gemeinden feiem die Ostemacht als völlig neuen Gottesdienst,den es übrigens in unserer Liturgie in dieser Form auch erst seit 1955 gibt. Die Katholische Kirclie wurde Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen Österreichs. So denke ich, daß es in den letzten dreißig Jaliren gewaltige Verändemngen in der Beziehung der Kirchen zueinander gegeben hat. Weim auch noch so manches an Gemeinsamkeit offen ist, so läßt mich das bereits Erreichte hoffen, daß es auch ein gutes Ende geben wird. Dechant KR Otto Novotny (Weihe jahrgang 1953) ist seit 1962 Pfarrer von Atzgersdorf.

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