sehen Grundsätzen umgebaut. So wurde der Altar um 12 Meter zur Gemeinde hin verlegt und stand nun frei in der Vierung der Kirche. Am 7. September 1958, vier Jahre vor dem Beginn des Konzils, wurde die Kirche neu geweiht, ein Zeichen liturgischer Hoffnungen. Bald nach der feierlichen Verkün digung der liturgischen Konstitution durch das Konzil(4. Dezember 1963) wurde im April 1964 im Dom zu Mainz der 3. Deutsche Liturgische Kongreß abgehalten. Ich habe in meiner Rede dort die Haupthinder nisse einer zu erneuernden Litur^e dargestellt: Ausfallserscheinungen im Glaubensleben der Christen, litur giewidrige Arten der Frömmigkeit und schwerwiegende Hindemisse im sittlichen Denken und Leben. Ich habe zwei konkrete Vorschläge gemacht: die Liturgie vollständig in deutscher Sprache und die Ermöglichung einer Messe im kleinen Kreis, bei Kranken, Behinderten, eine ,3ausmesse". Leider habe ich nicht stärker die Kelchkommunion urgiert, obwohl die Artikel 240 ff der Liturgiekonstitution sie vorsehen. Aber bis heute ist der ausdrückliche Wille Christi dazu nicht erfüllt. In Mainz ging nicht alles glatt vor sich. Der Vorsitzende meinte, ich steigere mich, durch den Beifall verführt, in immer höhere For derungen hinein und entzog mir das Wort. Aufden stürmischen Protest der 2300 Zuhörer hin mußte er es mir zur Vollendung der Rede wieder erteilen. Die Kirchenmusiker waren empört, auch der Bischof von Mainz. Irrwi schen ist vieles klarer und selbstverständlicher geworden. Leider hat das Dekret des Konzils „über die missionarische Kirche"noch nicht denselben Widerhall gefunden wie die Liturgie-Konstitution. Aber es gibt kein Volk auf Erden, das einfürallemal katholisch ist, denn die Ka tholiken sterben und die Heiden wachsen nach. Jede Generation muß aufs neue missioniert werden. Kein Pfarrer kann sich damit begnügen,die zu betreuen, die von selber kommen. Werben ist ein Grundvollz;^ der Seelsorge. Ein Mittel dazu ist das richtig geformte Pfarrblatt. Es darf nicht ein bloßes Mitteilungsblatt sein, sondern muß vielfältig zu gewiimen suchen. Darum darf es auch nicht einfach in das Poslkastl oder die Eingangstür eingeworfen werden, sondern muß durch Helfer und Helfe rinnen persönlich überbracht werden. Diese müssen auch für Gespräche geschult sein und die Menschen in der Pfarre näher zum Glauben und zu Christus hinführen. Ich habe dies in meinen zwei Pfarren eimnal 4 und einmal 33 Jahre erprobt. Mission nicht nur in Afrika, sondern auch in Wien! Eine zweite, dringend notwendige Missionsmethode sind Hausbesuche der Seelsorger, Diakone und Pfarr assistenten und zwar von Haus 201 Haus und von Tür zu Tür. Ich habe 1000 solche Hausbesuche gemacht. Nur ganz wenige Leute haben mich, als ich den Besuch ankündigte, von vornherein abgewiesen; eiitige waren (absichtlich?) nicht zuhause. Die Gespräche waren aufschlußreich, auch für mich. Wieviele ich „gewonnen" habe, kaim ich nicht sagen, aber es kam vieles in Bewegung. Es soll im Zusammenhang mit Mission auch noch auf die Notwen digkeit von Straßenpredigten hinge wiesen werden. Sie wurden vor vielen Jahren in Wien schon an belebten, verkehrsfreien Plätzen versucht, sind aber leider eingeschlafen. Jesus hat gesagt; „Gehet hin und lehret ...", nicht: „Wartet, bis sie zu euch kom men". Daß da und dort zu Fronleich nam auf den Straßen gepredigt wird, ist zu wenig und zu „sakral". Die Weltmenschen muß man in ihrer Sprache anreden. Schließlich soll noch die Einfüh rung des Pfarrgemeinderates durch das Konzil erwähnt werden. Ich habe schon 1936 in der Pfarre Pemitz und 1948 in der Pfarre Hetzendorf einen ,PfaiTbeirat" gegründet und habe dem Verantwortimgsbcwußtsein und der Zusammenarbeit seiner Mäimer und Frauen viel zu danken. Das Konzil hat die Zuständigkeit dieses Gremiums vertieft und erweitert. Es kann „die Evangelisierung und Einpflanzung der Kirche" auch in unserer Zeit ent scheidend fördern. PrälatJoseph EmstMayer(WeiheJahrgang 1929) war von 1946 bis 1979Pfatrer von Wien-Hetzendorf. Dreißig Jahre nach dem Konzil Von Franz Jantsch Zuerst fallt mir dazu ein, daß der Geist des Konzils in der internationalen theolo gischen Zeitschrift Concilium weiterlebt und sein Anliegen weiterbehandelt wird im Kontext der inzwischen weitgehend geänderten Zeit- und Kirchengeschichte. Die große Euphorie jener Epoche ist ge schwunden. Die Bischöfe waren damals, wie M. Galli sagt, wie betrunken wie beim ersten Pfmgstfest. Daß damals ein großer Durchbnich gelang, ist nicht weg zuleugnen. Die Kirche hat sich verändert, vor allem in den Gemeinden. Die Gottes dienste meiner Jugend waren öd und volksfremd. „Wohin soll ich mich wen den"und,Jlier liegt vor deiner Majestät", erklang in allen Messen vor dem ausge setzten Allerheiligsten. Ein paar alte Frauen gingen zur Kommunion. Das freie Gebet kannte man nicht. Die Theologie als Lehre war Neuscholaslik, die Literatur war primitiv, moralisierend und frömm lerisch. Als ich die erste volksliturgische Messe erlebte, war es wie eine Erleuch tung. Johannes XXIII. war eine charisma tische Person. Die radikale liturgische Erneuerung hätte ich der alten Kirche nicht zugetraut. Die Einwände der Ratio nalisierung und Verwertung kamen von außen. Gegenströmungen waren zu erwar ten, aber sie setzen sich nicht durch. Es führt kein Weg zurück. Herrschte früher das Prinzip Angst in der Kirche, so zeigte sich nun starker das Prinzip Hoffnung. Die Demokratisieiung hat sich durchge setzt. Wir haben ein gelöstes, friedliches Verhältnis zu unseren Räten imd Mitar beitern. Wir haben Redefreiheit. Ich brau che meine Manuskripte nicht mehr einem alten Prälaten vorlegen und mit ihm über einzelne Sätze streiten. Ein alter Bischof hat zu mir gesagt: Früher hieß es: Roma locuta causa fmita. Heut reden wir weiter, wenn Rom etwas sagt. Und trotz allem; Rom läßt mit sich reden. An Einzelheiten: Nie hätte ich für möglich gehalten, daß die Taufe durch Untertauchen geradezu gefördert wird. Von den Jungen wird sie begeistert ver langt. Neulich habe ich über Wunsch des Vaters ein Kind im Bach getauft durch dreimaliges totales Untertauchen. Welche Vielfalt im Gottesdienst findet man selbst in den hintersten Dörfern des Landes! Die Bischöfe sprechen lavit, einmal so oder so. Aber man hört sie innerhalb imd außer halb der Gemeinden. Kirchenaustritte waren m erwarten, aber sie sind nicht nur negativ zu bewerten. Daß man über ande re Formen der Finanzienmg nachdenkt, ist gut. Die Strukturen müssen sich noch ändern. Die Möglichkeilen der Kirche in den Medien werden nicht ausgenützt, weil die passenden Leute weitgehend fehlen. Aber das wird sich ändern. Ob eine neues Konzil notwendig ist, oder ob sich alles von selber in einem neuen Bett ordnet, kann man nicht sagen. Noch eiiunal zurück zum letzten Konzil. Es kündete eine historische Wende nicht nur in der Kirchen- sondern auch in der Weltgeschichte an. KR Dr. Franz Jantsch (Weihejahrgang 1933) ist seit 1949 Pfarrer von Hinterbriihl und seit 1966 zusätzlich Expositus bzw. Pfarrer von MariaEnzerdorf-Südstadt.
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