Zweidrittelmehrheit angenommen, son dern vom größten Teil der Konzilsväter gutgeheißen und akzeptiert werden konnte. Abgestimmt wurde mit ,31acel" (Ja), ,3Ion placet" (Nein) und ,31acet iuxta modum"(Ja mit Vorbehalt). Rückblickend auf diese Endabstim mungen ist es auffallend, daß bloß bei zwei bis drei Texten an die 70 bis 80 Nein- Stirmnen gezählt wurden und zwar bei der ,3eIigionsfreiheit" mit 2306 Jazu 70 Neinstimmen; ebenso beim „Verhältnis zu den nichtcliristlichen Religionen" mit 2221 Ja- zu 88 Nein stimmen; und schließlich beim längsten Dokument ,JCirche und Welt" mit 2309 Ja- zu 75 Neinstimmen. Alle anderen Texte blieben mit den Neinstiimnen weit darunter. Das heißt, alle Texte wurden fast einheitlich, mit überwältigender Stimmenmehrheit angenommen. Ein besonderes Charakteristikum des n. Vatikanuins war die Teilnahme von offiziell entsandten Beobachtern der nichtkatliolischen christlichen Kirchen, das heißt, der ortliodoxen und evangeli schen Kirchen. Dire Einladung ging einer seits direkt auf Johannes XXIII. zurück, andererseits war es eine Folge des schon vor Konzilsbeginn eingerichteten Sekre tariates zur Förderung der christlichen Einheit. Sie waren an allen Generalver sammlungen im Flerbst anwesend mid saßen in der Peterskirche ganz vorne, den Kardinälen gegenüber. Die Tatsache der Anwesenheit solcher Beobachter verän derte mit einem Schlage das ökumenische Klima in positiver Weise. Sie koimten sich zwar bei den offiziellen Sitzungen nicht zu Wort melden, wohl aber ergaben sich sehr viele Kontakte in der sogenann ten Kaffeepause des Vormittags und in der sitzungsfreien Zeit. Interessant waren daher auch die Urteile, die von solchen Teilnehmern am Schluß über das Konzil als Ganzes gefällt wurden. So zum Bei spiel Oscju" Cullmaim, Professor ftlr Neues Testament in Basel und Paris. Sein Urteil am Schluß, als evangelischer Christ, wörtlich: ,3um Schluß, auf das Konzil zurückschauend, kami ich sagen, daß,aufs Ganze gesehen,die Erwartungen - soweit es nicht Illusionen waren imd abgesehen von einzelnen Fällen - erfüllt und in vielem sogar überlroffen sind". Ein anderer Beobachter, Dr. Lucas Vischer, ein Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen, meinte bereits im Jalir 1963, nach der ersten Sitzung, die Vorgänge auf dem Konzil seien mit einem Dammbruch zu vergleichen gewesen. Das ortliodoxe Griechenland verfolgte die Vorgänge auf dem Konzil nach anfänglicher Skepsis mit großem Interesse. Der Patriarch von Moskau sandte, nach anfänglichem Miß trauen, noch rechtzeitig zu Konzilsbeginn zwei Beobachter, dann erst folgten die anderen orthodoxen Kirchen"". VL Die Tagungsperioden A. Die erste Tagungsperiode: 11. Ok tober bis 8. Dezember 1962 Ursprünglich waren sehr viele, bis hin auf zum Papst, der Meinung, das Konzil werde bis zu Weilmachten 1962 zu Ende sein. Im Verlauf der ersten Diskussions runden wurde aber bald klar, daß dies nicht möglich sein werde. Die Kardinäle Suenens(Brüssel)und Montini(Mailand) überzeugten den Papst, daß zumindest drei weitere.Tagungsperioden folgen müß ten. Die praktische Arbeit begann am 13. Oktober mit der Walil der Konzilskom missionen, die vom Thema her jeweils den Vorbereitungskommissionen entspra chen. Im Verlauf dieser ersten Tagungs periode tagte die Generalkongregation 36mal, es gab 640 Konzilsreden imd 33 Abstimmungen. Nacheinander wurden die wichtigsten vorbereiteten Vorlagen diskutiert: Liturgie, Offenbarung, Kom munikationsmittel, orientalische Kirchen und Kirche". Am 8. Dezember 1962 entließ Papst Johaimes XXIU. die erste Session des Konzils. Keine der fünf Vorlagen war publikationsreif geworden. Die Öffent lichkeit reagierte enttäuscht über die scheinbare „Uneinigkeit" der Konzilsvä ter, die in Wirklichkeit nur eine Folge des Ringens um das Wahre und Richtige war. Der Papst tröstete die Konzilsväter mit den Worten: ,3s ist leicht, einzusehen, daß in einer so breit angelegten Versamm lung ein großes Stück Zeit darauf verwen det werden mußte, zu einem Einverneh men zu gelangen"". Und tatsächlich war, zwar weithin unbemerkt, gerade in dieser schwierigen ersten Zeit, ein wichtiges Ergebnis erreicht worden: Die Bischöfe aus aller Welt hatten gelernt, sich als Einheit zu fülilen und das Konzil als ihre eigenste Sache zu sehen und dementspre chend mitzufonnen. Deutlich wurde al lerdings, daß es unumgänglich war,inmit ten der imübersehbaren Fülle, Prioritäten zu setzen. Zu diesem Zweck wurde am 6. Dezember 1962 eine sogenaimte Koor dinierungskommission eingesetzt, welche in enger Zusammenarbeit mit den Konzilsvätem neue Entwürfe fonnulierte. Zu diesem Zeitpunkt wurde es Papst Johaiuies XXIII. klar, daß er dieses Konzil nicht melm würde zu Ende füluen köimen. Er verglich sein Verhältnis zu diesem von nun an damit,daß es seine Aufgabe gewe sen sei, ein großes, schweres Schiff vom Stapel laufen zu lassen imd meinte: ,3in anderer wird die Aufgabe haben, es aus dem Meer zu holen". - Die für den 8. September 1963 geplante Wiederaufnalmie des Konzilsgeschehens soll te er nicht mehr erleben. In den letzten Wochen von seiner Kranklieit gezeicluiet, starb er am 3. Juni 1963, betrauert von der ganzen Welt, „fast noch mehr außer halb als innerhalb der Kirche"". Mit seinem Tod war das Konzil -ent sprechend dem Kirchenrecht - suspen diert. Aber der am 21. Juni 1963, nach einem nur zwei Tage dauernden Konklave zum Papst gewählte Erzbischof von Mai land, Giovaimi B. Montini, der Wunsch kandidat Johaimes XXIU., erstickte alle Befilrchtungen, das Konzil könnte mit .Tohaimes XXID. gestorben sein; am Tag nach seiner Wahl kündigte er in einer Rundfunkbotschafl die Weiterfilhnmg des Konzils an. Mehr als neun Monate waren seit dem Ende der ersten Tagungsperiode vergan gen, bis das Konzil wieder zusammentrat. Die lange Zwischenpause war nicht zu letzt deshalb notwendig geworden,um die einer tiefgehenden Umgestaltung bedürf tigen Texte der ersten Tagungsperiode nun - der Schlußanweisung Johannes XXm. entsprechend - „in dem Geist umzugestalten, der von der Konzilsmehr heit gefordert worden ist", beziehungs weise die ungeheure Fülle des Materials so zu konzentrieren, „daß ein bewältigungsfähiger konziliarer Stoff und nicht ein Handbuch für Spezialisten daraus entsteht"". Ein weiterer Grund war die Unmöglichkeit,vor allem für die Bischöfe aus Übersee, mehr als einmal im Jahr die weite Reise nach Rom anzutreten. In dieser Zeit, zwischen den Tagungs perioden, scluieb der damalige Kon zilstheologe Joseph Ratzinger über die Bedeutimg dieser von manchen zunächst skeptisch betrachteten ,JvIammutversammlung":nur sie habe,jenen Reichtum an geistiger Befruchtung schaffen können, von dem sich am letzten Tage jeder, der dabeigewesen vrar, bereichert und erneuert wußte. Das Konzil war zu einer intensiven theologischen Schulung für die Bischöfe geworden. Viele, die in der Einsamkeit ilires missionarischen Dienstes völlig von der Mühsal der täg lichen Sorgen absorbiert werden, hatten den Zusammenhang mit dem geistigen Leben der Welt von heute gefunden, mit all dem Großen, das im Inneren der Kir che aufgewacht ist und empfanden sich dankbar als Beschenkte..."". B. Die zweite Tagungsperiode: 29. September bis 4. Dezember 1963 In seiner Eröffnungsansprache am 29. September stellte Papst Paul VI. dem Konzil vier Aufgaben; eine lehramtliche Darlegung des Wesens der Kirche, ilire innere Erneuerung, die Fördenmg der Einheit der Cluisten und-in dieser Form neu - das Gespräch der Kirche mit der Welt von heute. Die Konstitution über die Kirche sollte dann auch den Haupt schwerpunkt dieser Periode bilden. Mit Nachdruck forderte der Papst auch die Klärung der Lelire vom Episkopat und stellte fest: „Unbeschadet der dogmati schen Erläuterungen des Ersten Vatikani schen Konzils über den römischen Papst wird die Lehre vom Episkopat, dessen Aufgaben und dessen notwendige Verbin dung mit Petrus zu untersuchen sein. Daraus werden sich auch für Uns Richt linien ergeben, aus denen Wir in der Ausübung Unserer Apostolischen Sen dimg lehrhaften und praktischen Nutzen ziehen werden"". Tatsächlich beschäftigten sich die Konzilsväter über einen Monat lang mit der inzwischen völlig umgearbeiteten Vorlage der Kirchenkonstitution; daran folgten, in logischem Anschluß, die Schemata über das Bischofsamt, sowie Uber den Ökumenismus, - letzteres entlneltzu dieser Zeit noch die Abscluiitte über die Juden und die Religionsfreiheit, welche beide auf Widerstand aus ver41
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