Beiträgezur Wiener Diözesangeschichte Am 12. Oktober 1995jährt sich der Grilndungstag des Bauamtes der Erzdiözese Wien zum JUnfzigsten Mal. Diesem Jubiläum ist das vorliegende Heft der „Beiträge" ge widmet. Es hat die Gtiindung, die Leistungen des Bauamtesfür den kirchlichen Wiederaufbau und die weitere Geschichte des Bauamtes bis zur Gegenwart zum Inhalt. Gleichzeitig nift es das umfassende Wirken von ErzbischofDr. Franz Jachym, dem „Baubischof der Erzdiözese Wien, in Ennnenmg. Daß kirchliches Bauen nie Selbstzweck ist, sondern im Dienst von Seelsorge und Litur gie steht, zeigt der abschließende Beitrag über Robert Kramreiter und Pius Parsch und deren BedeutungJiir den modernen Kirchenbau. BEILAGE ZUM NNIENER DIOZESfsN BLNT 36.Jahrgang,Nr.2 Wien,I.Oktoben995 Das Bauamt der Erzdiözese Wien und der kirchliche Wiederaufbau nach 1945 Von Johann Weißensteiner Das heurige Gedenkjalir an das Kriegsende vor fünfzig Jahren hat die schweren Kriegsschäden, die auch die Erzdiözese Wien erlitten hat, wieder in Erinnerung genifen. Neben den an erster Stelle zu nennenden Opfern an Menschen leben, die der Krieg und das national sozialistische Regime unter den Priestern und Laien der Erzdiözese gefordert hat, sind auch die großen Zerstörungen, die der Bombenkrieg seit 1943 imd die Kampfhandlungen bei Kriegsende an den Kirchen und kirchlichen Gebäuden der Erzdiözese anrichteten, zu erwähnen. So mußte auch in der Erzdiözese Wien ab 1945 im walirsten Sinne des Worte Wie deraufbauarbeit geleistet werden. In organisatorischer Hinsicht waren freilich die Voraussetzungen für die Neu gestaltung der Erzdiözese und ihrer Seel sorge schon frülier geschalTen worden: bald nach dem gewaltsamen ,/inschluß" Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland waren neue Ämter, allen voran das erzbischöfliche Seelsorgeamt (1938) und die erzbischöfliche Finanz kammer (1939) errichtet werden, die Pastoralen und materiellen Voraussetzun gen schufen, die Seelsorgearbeit auch unter völlig neuen Verhältnissen durcltzuführen. In der Not der NS-Herrschaft und der Kriegszeit haben die Priester imd Laien der Erzdiözese Wien - oft auch schmerzlich - gelernt, die Seelsorge auch unter schwierigen äußeren Bedingungen aufrecht zu erhalten, ja zu vertiefen. Auf dieser Basis koimte nach 1945 organisch aufgebaut werden. So waren auch drei der vier im Jalm 1945 neugegründeten diözesanen Einrichtungen (Wiener Katholische Akademie, Wiener Diözesanschule für Seelsorgehilfe imd Caritas, Soziale Frauenschulc des Caritasverbandes Wien) nichts völlig Neues, sondern setzten vor oder im Krieg entstandene Formen, in einem neuen organisatorischen Rahmen, fort. Eine völlig Neugründung war dage gen, wie im folgenden gezeigt wird, das erzbischöfliche Bauamt, Mit der Wie dererrichtung der Katholischen Aktion im Jalir 1946(bzw. mit neuen Statuten 1948) war die Neuordnung der Erzdiözese im wesentlichen abgeschlossen. Die Errichtung des erzbischöflichen Bauamtes am 12. Oktober 1945 Im Bereich des kirchlichen Bauwesens gab es bis 1939 keine diözesane Zentrale: hn Rahmen des sogenaimten Patronatswesens erfolgte Bau imd Erhaltung von Kirchen und Pfarrhöfen in der Regel durch den zuständigen Patron, Ein Blick auf die Patronatsverhältnisse, wie sie bis ziu" Aufliebung aller öffentlichen Patro nale im Jahr 1939 bestanden, zeigt deren Bedeutung: Bis zu diesem Zeitpunkt gab es 22 bischöfliche Kollationspfanen, 22 bischöfliche Patronatspfarren, 8 Pfarren, über die der Erzbischof von Wien das Präsentationsrecht ausübte, 165 Privatpatronatspfarren, 137 inkorporierte Pfarren und 201 Pfarren, die einem öf fentlichen Patronat (Landesfürst bzw, Religionsfonds) unterstanden, Entschei dungen imd Baumaßnalmien an Kirchen oder Pfarrhöfen wurden in der Regel von staatlichen Behörden oder herrschaft lichen Bauämtem getroffen. Erst mit dem Wegfall aller öffentlichen Palronate ergab sich für die Erzdiözese die Notwendigkeit, selbst das kirchliche Bauwesen in Angriff zu nehmen. Zuständige Stelle wurde die Abteilung „Sachaufwand" der eizbischöflichen Finanzkammer. Da aber aus kriegsbedingten und politischen Gründen in dieser Zeit kirchliches Bauen stark eingeschränkt war, hatte sich die Notwendigkeit, diesen großen Komplex neu zu regeln,zunächst nicht gestellt. Erst als nach Kriegsende das Ausmaß der Schäden an den Kirchen feststand, mußte man handeln. In den Jahren 1944 und 1945 wurden, beginnend mit der völligen Zerstörung der Pfarrkirche von Gimtramsdorf am 24. Mai 1944 bis zur Ver nichtung der Pfarrkirche von Schwechat am 26. Februar 1945 in der Erzdiözese Wien 15 Pfarrkirchen völlig zerstört, 31 schwer, 92 leicht beschädigt'. Von ande ren Kirchen und größeren Kapellen wurden 9 ganz zerstört, 17 schwer und 25 Inhalt: Das erzbischöfliche ßauamt und der Wiederaufbau nach 1945 Erzbischof Dr. Franz Jachym,der „Baubischof der Erzdiözese Das erzbischöfliche Bauamt von 1973 bis 1987 Aufgaben und Probleme des Bauamtes in der Gegenwart Pius Parsch und Robert Kramreiter, Pioniere des neuen Kirchenbaues 25
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