gewiesen,ein Heiland der Macht zu wer den,der Brot und Spiele gibt" So besteht das Reich Gottes, das die Kirche predigt, vor allem darin,daß der Mensch „Gott(he Ehre gibt". Und wenn das Gesetz Gottes zum Fundament des menschlichen Lebens und Zusammenlebens gemacht wird,dann - und nur dann - können auch die welt lichen Belange gesichert, geordnet und heil sein. Und deshalb weicht die Kirche nicht aus der Welt zurück, die von menschheitszerstörerischem Krieg, sozia len Konflikten und Problemen, allgemei nem gesellschaftlichem Egoismus bedroht wird. Angesichts dessen können, dürfen sich Christen nicht ,4n den Wohmmgen verstecken und in der Kirche einsperren", weil sie einen Auftrag haben.„Und heute wissen es alle" - so Otto Mauer damals - .J^icht Papst und Bischöfe allein, nicht der Klerus ist die Kirche. Alle ... bilden den mystischen Leib des auferetandenen Herrn. Kein Christ hat deshalb mehr das Recht, sich als Zuschauer, als Publikum zu fühlen"'®. Das war ein kräftiger Aufhif zur Katholischen Aktion, die ja diesen ersten östeiieichischen Nachkriegskatholikenlag im wesentlichen vorbereitet, organisiert und mitgetragen hatte. Eine Katholische Aktion", die sich eben in diesen ersten Nachkriegsjahren, nachdem Staat und Kirche ihre relative Freiheit wiedererlangt hatten, - aufden schmerzlichen Erfahrun gen der letzten Jahre aufbauend und neue Erfahrungen anderer Länder beobachtend und miteinbeziehend, - um einen neuen und möglichst starken, gesamtösterreichi schen Neubegiim bemtlhte. Um einen Neubeginn,der zugleich an Lösungen und Entwicklungen anknüpfte, die längst vor 1938 angebahnt wurden und deren erklär tes Ziel die Erkenntnis und Wahrnehmung einer klaren Mitverantwortung der katho lischen Laien, - wohl unter der obersten Leitung der Hierarchie,- war. In diesem Sinn formulierte dann auch der Katholikentag aufseiner Schlußkund gebung zehn sehr lebensnahe „Gebote der Stunde"". In der Einsicht, daJß auch die Katholiken des Landes „durch ihr Versa gen an der inneren und äußeren Not des Vaterlandes mitschuldig" seien, anderer seits aber auch im Bewußtsein einer neuen Verantwortung für Kirche und Staat, „die wahrzunehmen keinen Auf schub mehr duldet", verpflichtete man sich, unter anderem, nach folgenden Grundsätzen zu handeln: ,J'reiheit und Würde des Menschen sind von Gott. Die Kirche Gottes ist daher überall der beru fene Anwalt seiner Freiheit und Würde (1); Der Staat ist nicht Parteienbesitz. Die Parteien dürfen daher den Staat nicht unter sich teilen (4); Der Staat ist nicht Herr über das Gewissen. Er darf daher keinen Zwang in Fragen persönlicher Entscheidungen ausüben (5); Die Fami lien sind die Zukunft des Staates. Ein Staat, in dem die Familie nicht gedeihen kann, geht daher zugrunde (7); Demokra tie fordert die Mitarbeit aller, nicht nur Kritik. Wer abseits steht oder alles vom Staat erwartet,darfsein Überhandnehmen nicht beklagen (9); Der Friede ist die Frucht der Freiheit und der Gerechtigkeit. Er kaim daher nicht auf Lüge, Haß und Tenor gegründet sein" (10). Der Aufruf schloß mit der Aufforderung:.JCatholiken Östeneichs! Mit dieser Erklärung haben wir uns zu Taten verpflichtet! der Rufder Stunde heißt Katholische Aktion. Lassen wir allen inneren Zwist beiseite... schlie ßen wir uns zusammen zur Rettung unse res Vaterlandes und zu seiner Erneuerung in Christus Jesus. Betet und arbeitet! Weiui Gott mit uns ist, wen sollen wir fürchten?" In logischer Konsequenz dieser Grundeinstellung begann sich der öster reichische Episkopat, unmittelbar nach der Befreiung Österreichs durch den Staatsvertrag vom 15. Mai 1955, ent schieden zunächst für die Klärung der Konkordalsfrage einzusetzen, deren Be handlung vorher, infolge der schwierigen politischen Lage, nicht möglich gewesen war. Bereits mit Datum vom 18. Mai 1955" veröffentlichte der damalige Sekretär der österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof-Koadiutor Dr. Franz Jachym, in deren Auftrag ein Weißbuch mit dem unmißverständlichen Titel .JCifche imd Staat in Österreich", worin der Standpunkt der Kirche zu dem Problem der Gültigkeit des Konkordates, zur Reform des geltenden Ehegesetzes, zu Erziehung und Schulgesetzgebung, sowie zu vermögensrechtlichen Fragen nochmals klar dargelegt wurde. Diese Darlegungen schienen besonders wichtig zu sein zu einem Zeitpunkt, „da Österreich nun darangehen kann, in voller Unabhängig keit sich selber Gesetz und Ordnung für den Gang in die Zukimftzu geben". In der Folgezeit begann sich langsam ein wachsendes Verständnis für die Not wendigkeit der Schaflung einer befriedi genden Grundlage des Verhältnisses von Kirche und Staat abzuzeichnen, dessen Früchte im Verlauf der darauffolgenden Jahre in Form von Konkordatsverhand lungen mit positivem Ergebnis sichtbar wurden. Abgesehen aber von allen not wendigen staatlichen, auf Gesetzesbasis beruhenden Abmachungen, die zur allge meinen Entfaltung des kirchlichen Lebens ihren imverzichtbaren Beitrag leisteten, war das entscheidend Formende dieses ersten Nachkriegsjahrzehnts aber der neue Geist. Anmerkungen: ')K. MÄildorf[Hg.], Unser Kardinal, Wien 1956,S.88. WDBl. V. 21. September 1945, S. 21f. WDBl. V. 17. April 1945,S.9. **) Vgl. dazu A. Kostelecky,Kirche und Staat, in: Kirche in Österreich 1918-1965, hrsg. V. F. Klostermann, H. Kriegl, O. Mauer, E. Weinzierl, Bd. 1, Wien-Mün chen 1966,S.201fr. ')Kirche in neuer Zeit; Reden imd Er klärungen des österreichischen Katholi kentages 1952,(=Schriflen des Volksbo ten 1),Innsbruck-Wien 1952,S.45ff. Ebd. S.44ff. )Österreichs Katholikentag, in: Der Volksbote,52. Jg., Nr. 38,S. 1. Zehn Jahre kirchliche Aufbauarbeit, in: Wr.Diözesankalender 1955,S. 50f. ')Hugo Rahner,Das Conflteor und das Gloria, Ansprache anläßlich der Eröff nung des ÖKT im Großen Musikvereins saal , 11. September 1952, in: Kirche in neuer Zeit,S.72 f. '°)Otto Mauer,Die Erneuerung Öster reichs durch die Erneuerung der Christen, Rede im Rahmen der Schlußkundgebung des ÖKT auf dem Heldenplatz, 14. Sept. 1952,in; Kirche in neuer ^it,S.121f. ")Markus Lehner, Vom Bollwerk zur Brücke,Katholische Aktion in Österreich, Wien 1992,vgl. dazu ab S. 65ff, '^) Vgl. dazu DAW, Nachlaß O. Mauer, OKT 1952, Schlußresolutionen; weiters:Der Volksbote(wie Aiun.7)5. Kirche und Staat in Österreich, hrsg. von der österreichischen Bischofs konferenz,S. 3. Wiener Diözesanblatt: Inhaber: Erzdiözese Wien (Alleininhaber). Herausgeber: Erri>. Ordinariat. Redaktion: Diözesanarchiv Wien (Dr. Johann Weißensteiner). Satz: Diözesanarchiv Wien. Alle: 1010 Wien, Wollzeile 2. - Hersteller: Herold Druck- und Verlagsgesellschait m.b.H.,1030 Wien,Faradaygasse 6. - Das"Wiener Diö^anblatt" ist das offizielle Amtsblatt der Eizdiözese Wien. 24
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