Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Conrad Vlauen genannt wird". Zu dieser Zeit war das Monument bereits schwer beschädigt" imd es verfiel weiter, bis es im Jahre 1945 endgültig zerstört wurde". Nur der obere Teil,bestehend aus drei Rehefplatten aus Kalksandstein,wurde geborgen. Das Relief zeigte im Vordergrund inmit ten einer von rechts nach links ziehenden Menschenmenge den Heiland tief gebückt sein Kreuz tragend, wobei er von Simon von Cyrene unterstützt wurde. Aus einem zin nenbekrönten Stadttor rechts herauskom mend schien sich der Menschenzug, ange führt von teils berittenen Soldaten und Hohenpriestem und gefolgt von klagenden Frauen, vor einer Stadtmauer zu bewegen, über welcher in gebirgiger Landschaft das Gebet und die Gefangennahme Christi am ölberg erschienen. Diese auch heute noch eriialtenen oberen Teile zeigen Christus einmal links im Gebet, umgeben von den schlafenden Jüngern, während von rechts bereits die Häscher, angeführt von Judas, durch das Gartentor eindringen, hn rechten. Teil ist Christus (leider stark fia^entiert) nochmals inmitten der ihn umringenden und Hand an ihn anl^enden Soldaten zu sehen, während daneben Petrus das Schwert ergreift und Malchus, der Knecht des Hohenprie sters,zu seinen Füßen liegt*®. So gelangte in diesem Relief simultan Szenen des Leidens Christi derart zur Anschauung, daß die Kreuztragung als Hauptmotiv vor dem - wörtlich und übertragen zu verstehenden - Hintergrund der vorangegangenen kontinuierend dargestellten ölbergszenen erschien. Die Trennung zwischen der Hauptszene und den vorangehenden Begebenheiten, gleichbedeutend zwischen Vorder- und Hintergrund, vollzog die Stadtmauer,indem sie das Bil^eld in eine obere und untere Zone teilte und so, den Mittelgrund über springend,jede kontinuierliche Raumillusion ausschloß. Die beiden Zonen unterschieden sich nicht nur durch Figurengröße und unter schiedliche plastische Ausarbeitung sondern auch in der Detailbehandlung deutlich von einander, und stammten daher nicht von daselben Hand*'. Die Kompositionen der ölbergszenen zeigen Figuren und Landschaft innerhalb eines gleichmäßig tiefen und dichten Reliefs integriert Eng umschließt die Landschaft die Figuren, nimmt in ihrer Gestaltung deren Bewegungen aufund zeigt auch in der Fein struktur ähnliche Foimmotive: scharfknittemde Draperie und zerklüftete Felsen, krauses Ifear und Vegetation. Insgesamt drängt alles, auch die Gesichter, nach schar fer, ja übCTScharfer Charakterisierung der Details und deren nahezu gleichwertiger Neben-und Übereinanderordnung. Sowohl in Einzelmotiven als auch im Sti listischen ist der Einfluß der zeitgenössi schen Druckgraphik zu bemerken. So haben Figuremnotive des Gebets am ölberg in Dürers Kleiner Holzschnittpassion*' und solche der Gefangennahme Christi in Schäuffeleins Holzschnitt in Ulrich Finders Speculum Passionis von 1507 ihre unmittelbaren Vwbilder*'. Den ölbergszenen der Hutstokkerschen Kreuztragung nahestehend wurde erst imiängst unter anderem ein Relief, das Martyrium des hl. Mauritius darstellenc^ aus Wien-Dombach eikannt**. Es älmelt dem Werk von SL Stephan nicht nurim allgemdnen ,JJorTor vacui" sondem auch in Detail motiven, dürfte also aus der gleichen Werk statt stammen. 5.Die Glasfcnster des 19.Jahitiunderts Die Abtragung und der Wiederaufbau der defekten Turmspitze des Hociiturmes 1839 bis 1843 leitete eine systematische WiedCTherstellung und Betreuung des Domes ein, die bis heute anhält", hi einem 1856 vom damaligen Leiter der Restaurieiungsarbeiten, dem Architekten Karl Rösner, verfaßten Schreiben an Kardinal Othmar von Rauscher erfährt man erstmals von einem Projekt,zum Andenken an die glückliche Lebensrettung des Kaisers von dem Attentatam 18. Februar 1853 sämtliche Fenster des Domes in farbi ger Verglasung herzustellen*». Die Idee wurde von Dombaumeister Leopold Emst, der auch erster Leiter des 1857 g^jündeten Dombauvereines war, aufgenommen, im Wesentlichen aber erst unter seinem N^achfolger Friedrich von Schmidt verwirklicht Abgesehen von den drei Stimfenstem des Mittelchores, wo man den Bestand an alten gotischen Glasmalereien zusammenfaßte", erfolgte die farbige Neuvaglasung des Do mes aufgrund privater Stiftungen, die sich von 1859 bis um die Jahrhundertwende hinzogen*'. Schmidt war von Anf^ an bestrebt, die Glasfenster einem einheitlichen thematischen Programm zu unterwerfen*'. Dies gelang auch im Großen und Ganzen, wurde aberim Einzelnen nicht immer einge hallen. Es betrafetwa in den Chören nur die Oberbilder, während in den Hauptbildem darunter auch andere Themen zur Darstel lung kameiL Im Frauenchor reichte die Folge marianischer Darstellungen von der Veikündigung bis zu Maria als Himmelskönigin, während im Apostelchor verschiedene Apostel, dane ben aber auch die Heilige Familie, das Gleichnis vom Zinsgroschen, Engel und der heilige Augustinus zur Anschauung kamen. Das Langhaus war dem Passionsthema vorbehalten. So nahm man mit dar Glasfenstem auf die alte Dedikation der Chöre und die Passionsdarstellungen an den Pfeilern des Langliauses Bezug". Die Kartons der Fensta- zeichneten Jo seph V. Ftlhrich,Franz und Karl Jobst sowie Joharm Klein, die Ausführung besorgten zumeist Karl Geyling und seine Wiener Werkstatt, danebm auch eine Tiroler, Münchner und eine französische Glasma lereifirma''. Anders als die gotischen Glasfenster im Mittelchor,die ausgelagert waren,verblieben die Fenster des 19. Jahrhunderts an ihrem Platz und wurden daher alle im Jahre 1945 zerstört'. Im Einzelnen beinhaltete der Dom bis 1945 folgende figürhche Glasmalereien des 19. Jahrhunderts: Mittelchor, 1. und 2.südlichesFenster: Glasmalereien aus der Legende des hl. Stq}hanus, die Frau Rosalia von Rauscher und anläßlich des vierzigährigen Regierunggubiläums Kaiser Franz Josej^ 1888 von Gräfin Sizzo-Noris gestiftet". Snd-(Apostel-)chor (von Westen nach Osten): 1. Heilige Familie,darunter Parabel vom Zinsgroschen, zuuntcrat zwei Stifterbild nisse. Gestiftet von der Familie Daum und nach Kartons von Franz Jobst 1879 von der Glasmalereianstalt Karl Geylings Erben in Wien ausgeführt 2. Vier musizierende Engel, darunter SL Augustin, Frau Zelinka vor dex hl. Monika kniend, ein lilientragender Engel, zuunterst zwei Szenen aus der Legende des hl. Augu stin. Gewidmet von Dr. Andreas Zelinka, Bürgermeister der Stadt Wien, dem Anden ken seiner Frau Monika 1868 und von der Firma Geyling nachKartons von Franz Jobst ausgeführt 3. S. Andreas,Bürgermeista- Zelinka vor der Madonna kriiend, ein wappentragender Engel, darunter Berufung und Verurteilung des i^^stels Andreas. Gewidmet 1864 von der Gemeinde Wien anläßlich der Genesung des Bürgermeisters Andreas Zelinka und ausgeführt von der Firma Karl Geyling nadi Kartons des Malers Joharm Klein (omamentlidi vom Dcmbaumeister Friedrich Schmidt). 4. Hl. Josef, darunter S. Bartholomäus und Matthias. 5. Hl. Maria, darunter S. Jacobus und Phihppus. 6. Christus, darunter S. Petrus und Pau lus. Alle drei von der Gemeinde Wien 1859 gewidmet von Karl Geyling nach Angaben von Leopold Emst und Kartons von Führidi ausgeführt». Nord-(Frauen-)chor (von Westen nach Osten): 1. Mariä Verkündigung, darunta- St Carolus Borr.,zuunterst Porträt Karl Geylings. Nach Entwtefen des Malers Karl Jobst 1873 von Karl Geylings Erben in Wien au^efilhrt; von Karl Geyling gestiftet 2. Anbetung der Hirten, darunter sechs Engel,zuunterst Stifterin und Wappen.Zum G^äditnis von Frau Kfarie von Sdiwendenwein(+ 1872) v<m August von Schwen denwein gestiftet und von der Firma Geyling na^h Kartons von Franz Jobst 1874 ausge führt 3. Anbetung der HL Drei Könige, darun ter Jesaias und Moses,zuunterst die Schlüs selübergabe an Petrus. Von Kardinal Rau scher anläßlich seines fünfrigjährigen Priesteijubiläums gestiftet und von der Firma Geyling nach Entwürfen von Karl Jobst 1874 ausgefihrt 4. Darstellung im Tempel, danmter St Stephan, St Josef^ St Othmar, darunter die Sendung des Hl. Geistes,zuunterst St Bemhard.Augustin,Baiedikt Vom Diözesanklenis dem Kardiual Rausdia 1873 gewidmet und von daFirma Geyling nach Kartons von Karl Jobst verfertigt 5. Christus am Kreuze,danmta drei En gel mit den Leidenswerkzeugen auf Wap penschildern, darunta St, Stephan, Josef, Othmar. Vom Wiena MetropoÜtan-Domkapitel anläßlich des Priesteijubiläums des Kardinals Rauscha 1873 gestiftet und von da Firma Geyling nach Kaitons von Karl Jobstau^eführt 6. Maria als Himmelskönigin, darunta Christus in da Mandala,zuunterst Predigt 13

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