Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Das vordere Niveau im Presbyterium wurde angehoben. Für die späteren Adap tierungen nach dem Konzil waren nur noch geringe Eingriffe erforderlich. An den Säulen wurden wie im Langhaus Steinbaldachine eingesetzt. Mit der Kommunionbank wurde ein neues Pflaster diagonal verlegt. Nach Installierung der Beleuchtung mit den neuen Lüstern koimte die Treimwand zum Langhaus abgetragen und der Wr. Neustädter Altar im Frauenschiff aufge stellt werden. Am 26. April 1952 wurde der gesamte Dom feierlich eröffnet. DerBauabschnitt 1952-1969 Nach der Gesamteröflhung blieb noch viel Detail- und Sanierungsarbeit. Im Irmeren wurde die Orgelempore saniert, 1960 die neue Riesenorgel geweiht. In den Katakomben wurde eine Bischofs gruft errichtet, da bei der Pflasterung des Bodens zahlreiche Exhumienmgen not wendig waren. 1957 wurden auch die Unterkirche sowie die Herzogsgruft neu gestaltet. Die Türme wurden in Angriff genommen: Der zerstörte Turmhelm des Nordturmes wurde wiedererrichtet. Hier kormte nach Abschluß der RenaissanceKuppel mit dem bekrönenden Adler 1957 die Pummerin, die aus den Trümmern der alten gegossen war, aufgezogen werden. Durch den Einbau eines Aufzuges zur Besichtigungsterrasse wurde eine wich tige Einnahmequelle für die Domerfialtung erschlossen. Die ausgebrannten Innenwände des Hochturmes wurden mit Torkretbeton gesichert. In zwei Etappen (von 50-82m Höhe und ab 1964 vom Straßenniveau. bis 50m Höhe) wurden unter Ver\vendung von 700m^ h^garetener Kalksandstein über 3.000 m^ Turm fläche überarbeitet, 4.000 Krabben, 540 Kreuzrosen, 280 Fialen, 2 Wasserspeier und 6 Konsolen erneuert sowie zahllose Bereiche ausgebessert. An der Langhaus nordseite wurde eine neue ,3ombauhütte" gebaut und 1959 in Betrieb genommen. Bauabschnittab 1970 Schon im vorigen Restaurierungsab schnitt begannen die Grenzen von Wie deraufbau nach dem Brand und Sanierung von Zeitschäden zu verschwimmen. Bei den folgenden Sanierungsarbeiten an den Fassaden des Nordtuimes, die bis heute andauern, sind noch schwere Kriegsbe schädigungen behoben worden - aber bereits mehr Auswechselungen aufgrund von Korrosion und Zerfall notwendig. Ahnliches gilt für die Arbeiten an Ostimd Nordfassade sowie die ersten Sanie rungen am südlichen Heidenturm. Man karm sagen, daß das gewaltige Werk des Wiederaufbaues nach der größ ten Katastrophe in der langen Gescluchte des Domes abgeschlossen ist. Dennoch befinden wir uns auch jetzt und wohl für lange Zeit im Stadium eines permanenten Wiederaufbaues. Sicherlich war die Lei stung der beiden ersten Jahrzehnte nach dem Brand die großartigste, die gar nicht genug gewürdigt werden kann. Quantita tiv wie qualitativ wurde Hervorragendes, Bleibendes geleistet. Auch organisatorisch und die Finanzierung betreffend gilt der Aufbaugeneration der tiefste Respekt. Wir können uns aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Was uns Heutigen wieder übergeben werden konnte, bedarf, um weiterzubestehen, der sorgfältigsten Pflege und ständigen Aufbauarbeit. Literatur: V.Flieder-F.Loidl, Stephansdom,Zer störung und Wiederaufbau,Wien 1967. A. Kieslinger, Die Steine von St Ste phan,Wien 1949. K.Koncki:Die baulichen Zerstörungen des Stephansdomes imd der konstruktive Wiederaufbau, in: Mitteilungsblatt des Wr. Domerhaftungsvereines "Der Dom" 1971-1979. Ders.y Die Zerstörung des Stephans domes und der konstruktive Wiederaufbau 1945-1952, in: österr. Ingenieur- u. Arch. Zeitschrift,Dez. 1993 K.Stögerer. Arbeitsberichte(Dombau sekretariat Wien). Zerstörte Kunstwerke desStephansdomes Von Bernhard Rlttinger Beim Brand des Stephansdomes in den Apriltagen des Jahres 1945 sind auch viele Kunstwerke ganz oder weitgehend zerstört worden. Die folgenden kunsthistorischen Beschreibungen dieser Stücke rufen diese wieder in Erinnerung, veranschaulichen zugleich aber das Ausmaß dieser Verluste. 1.Das Wimpassinger Riesenkreuz' Über die Entstehung und Herkunft die ses größten bekannten Tafetkreuzes des Mittelalters ist nichts Sicheres bekannt. Seine Bewahrung in der Wiener Minoritenkirche ist zwar erst seit dem 18. Jahr hundert belegt, doch gibt es mehrere Hinweise, daß es sich schon im 14. Jahr hundert dort befunden hat: Eine Nekro lognotiz des Minoritenklosters aus dem 14. Jahrhundert nennt ein großes Kreuz im Chor. Eine Legende erzählt, daß das große Kreuz um das Jahr 1350 auf der Donau aufwärts geschwommen sei, bei der Roßau von vielen Menschen nicht herausgezogen werden konnte, bis dies einem Minoritenbruder gelang. Es sei in St. Stephan verehrt, doch am nächsten Morgen nicht dort sondern bei den Minoriten gefunden worden'. Im Juli 1454 gewälÄe Papst Nikolaus V. diesen, der großen Verehrung des in der Kirche der Minoriten aufgestellten Kreuzes einge denk, einen Ablaß. Für die ursprüngliche Aufstellung des Wimpassinger Kreuzes bei den Minoriten spricht auch die mysti sche Kreuzesfrömmigkeit dieses Ordens und die Tatsache,daß das Wiener Minoritenkloster 1254 zu Ehren des heiligen Kreuzes von BischofBerthold von Passau geweiht worden war*. Das Riesenkreuz wurde in der Wiener Minoritenkirche auch als Gnadenbild verehrt und 1749 feierlich auf den eigens dafür errichteten neuen Hochaltar versetzt, Als die Minori ten 1784 ihr Wiener Kloster auf Weisung Kaiser Josephs II. verlassen mußten, wurde das Kreuz in die Kirche von Wimpassing im Burgenland gebracht, wo der Orden eine Niederlassung hatte, und auf dem dortigen Hochaltar aufgestellt'. 1938 brachte man das Riesenkreuz nach Wien, wo es restauriert und 1939 in der Ausstel lung »Altdeutsche Kunst im Donauland" gezeigt wurde. Emst Stromer bezeichnete es als „Werk des Österreichischen Zakkenstils um 1280" und hielt es für das ursprüngliche Triuraphkreuz des Ste phansdomes*. Trotz verschiedener Inter ventionen der Pfarre Wimpassing blieb es im Stephansdom, Am 12. April 1945 wurde es im Bereich der Adlerturmhalle ein Raub der Flammen', Das Bildwerk zeigte den gekreuzigten Christus, mit geschlossenen Augen, stehend aufdem Fußholz(Suppedaneum), wo sein rechter über dem liidcen Fuß mit einem Nagel befestigt war. Zu Seiten seiner Hände waren in rechteckigen Verbreiterungen des Querbalkens Mma und Johannes ganzfigurig zu sehen. Den oberen Abschluß des Kreuzesstammes bildete ein Rundbild des segnenden Christus in Halbfigur über einem querrechteckigen Bild dreier Halbfiguren: einer Orantin, die von zwei Engeln flan kiert wurde. Ahnliche Beispiele lehren, daß es sich dabei um die Reduktion der Himmelfahrtsszene handelte*. So ver einigte dieses Kreuz in Konzentriertheit das Bild der Kreuzigung Christi, dessen klagende Assistenzfiguren das Mitgefühl des Betrachters vorwegnehmen, mit dem der Verherrlichung des Heilantk. Es war daher auch als Andachtsbild, wenn auch von ungewöhnlicher Größe,zu verstehen. Ohne sichtbare Zeichen des Leidens, als stark überlängte, in einer sanften Kurve nach rechts schwingende schlanke in sich versunkene Gestalt erschien hier der Gekreuzigte. In zarten omamental aufge faßten und immer wieder spitze Formen bildenden Linien waren Körper und Gewand bei nur spamamer Angabe von Modellierung strukturiert. Im Typus und im ikonographischen Grundmuster entsprach das Kreuz dem 11

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