eher Freiwilliger Aufräumungsarbeiten ein. Noch war die konstruktive Substanz im wesentlichen erhalten. Jeder Regentag, jeder Sturm,jeder Schneefall hätte dem ungeschtltzten Bau weitere Schäden zuge fügt. Schon am 23. April wurde organi siert gearbeitet. Ca. 5 000 m' Schutt wurden zunächst an der Nordseite des Domes zu einem riesigen Berg aufge türmt. Besonders der schwere Dachschutt auf den Gewölben bildete eine große Gefahr. Trotz der zügigen Arbeit wurden aus den Trümmern sorgfältig die Reste wertvoller Denkmäler geborgen. Am 15. November 1945 stürzte das verbliebene Apsisgewölbe über dem noch ummauerten Friedrichsgrab ohne erkennbare Ursache ein. Die problematische, im Wind bis zu einem halben Meter schwankende, 16 m hohe Ziegelwand über den nördlichen Chorpfeilem wurde unter größter Gefahr im Oktober und November 1945 abgetra gen. Der Bauabschnitt 194S'1948 (Lang haus) Nach dem klaren Auftrag für den Wie deraufbau durch Kardinal frmitzer wurden rasch und umsichtig Entscheidungen getroffen. Eine ,3auleitung für den Wie deraufbau des Stephansdomes" wurde eingerichtet. Die Dombauhütte nahm die Ar^iten wieder auf. Vordringlich war ein Witterungsschutz. Das weniger zerstörte Langhaus sollte zuerst hergestellt werden. Es wurde zum Chor hin diuch drei doppelschalige Wände abgeschlossen, die GewölbeöllBiungen provisorisch geschlos sen -im Langhaus entstand eine 2000 m^ große geschlossene Arbeitshalle, die bis 1947 benutzt wurde. Die 15 Langhausfen ster mußten geschlossen werden. Die Dombauhütte setzte die Maßwerke und Rippen instand. Bereits im Sommer 1945 wurde alles in Wien verfügbare färbige Glas in schwachen Pastelltönen aufge kauft, farbloses Kathedralglas war nicht verfügbar. Die Gläser wurden in kleinen rechteckigen Scheiben von 12 x 20 cm in wechselnden Farben in Bleiruten ein geglast. Insgesamt wurden 648,5 m^ mit Glas geschlossen. Diese Maßnahme war als Provisorium gedacht - wider Erwarten hat diese Verglasung noch heute Bestand - eine definitive Lösung steht an. DasDach: Für die Wiederherstellung des für den Dom so prägenden riesigen Daches wurde eine Stahlkonstruktion vorgeschlagen, um brennbare Baustoffe zu vermeiden und auch wegen des geringeren Gewichtes und der günstigeren Montage in der Höhe. Mit den damals verfügbaren Konstruktions weisen wäre eine Ausfülirung in Holz, auch aus Mangel an geeignetem Bauholz, kaum möglich gewesen. Der Auftrag für den Stalildachstuhl wurde bereits am 8. Juni 1945 erteilt. Als Basis für das Dach und als schnell wirksamer Witterungs schutz wurde über den Langhausgewölben eine Stahlbetondecke errichtet. Dieses ,J4otdach" bildet heute eine große, begeh bare Dachbodenfläche imd eine solide horizontale Verschließung, die ein Aus weichen der Wände und Pfeiler durch den Gewölbeschub unmöglich macht. Ein für die meisten großen gewölbten Bauwerke ständiges Sanierungsproblem ist hiermit gelöst. Aus heutiger denkmalpflegerischer Sicht stellt diese Betondecke gewiß einen problematischen Eingriffdar - konstruktiv und pragmatisch gesehen ist sie ein Gewiim - und aus den damaligen Notwen digkeiten als sinnvolle Maßnahme zu werten. Die 2.700 m' Langhausdecke konnten vor dem Einbruch des Winters 1946 trotz großer Materialengpässe fer tiggestellt werden. Im Herbst 1946 wur den die ersten Teile der Dachkonstruktion vom Westen beginnend montiert - ein erstes weithin sichtbares Zeichen des Wiederaufbaues. Durch Materialmangel konnte der Dachstuhl erst 1948 weiterge baut werden. Unter der Betondecke wur den indessen 3.000m^ Gewölbeflächen restauriert. Ober 300 lfm Gewölberippen wurden neu hergestellt. Die Maßwerke und Steinoberflächen wurden von den Steinmetzen ausgebessert imd ergänzt. Sehr viel Steinmaterial wurde von zerstör ten Bauwerken aus Wien als Abbruch material gesammelt und im Dom verwen det. Seit 1947 konnten auch wieder Steine aus Brüchen (besonders St. Margareten und Aflenz) l^zogen werden. Bis Ende November 1948 waren 456,5m^ Stein verarbeitet worden. Riesen- und Primtor erhielten neue Ttlrflügel xmd Windfänge. Vor dem Krieg waren nur die Seitenpor tale geöffnet. Seit 1948 wird das Riesen tor ständig offengehalten. Unter den beiden gotischen Baldachinen im west lichen Teil wurden das Gnadenbild Maria Pöcs(vom Hochaltar) und das Herz-Jesu Bild aufgestellt. Nach Wiederherstellung des Stei^fußbodens konnte das Langhaus am 19. Dezember 1948 mit dem Wiener Neustädter Altar vor der Trennwand zum Chor feierlich wiedereröffnet werden. Kardinal Innitzer bezeichnete den Wie deraufbau als "österreichisches Wunder" und dankte stellvertretend für die vielen, die es ermöglicht hatten dem umsichtigen, organisatorisch-wirtschaftlichen ,3auheiTn" Domvikar Penall; dem tech nisch-künstlerischen Leiter Dombaumei ster Holey, dessen Sorgfalt vor allem der Vermeidung von Provisorien galt - alle Arbeiten hatten von Anfang an bleibenden Wert, sowie Dipl. Ing. Koncki, der die technisch-konstruktive Bauleitung sowie deren kommerzielle Agenden innehatte. Der Bauabschnitt 1949 - 1952(Albertinischer Chor) Von allen Teilen des Domes war der Albertinische Chor am schwersten betrof fen. Sein Wiederaufbau sollte erst nach Fertigstellung des Langhauses erfolgen. Notwendige konstruktive Sicherrmgsarbeiten an den besonders einsturzgefährdeten Teilen mußten aber schon in den ersten Jahren parallel zum Langhaus erfolgen. Der untere Teil der nördlichen Bündelpfeiler war von Brandrissen so gespalten, daß akute Ein sturzgefahr bestand. Die Pfeiler bestehen, ebenso wie die Hauptmauern des Domes, aus einem tragenden Mantel aus Stein quadern tmd einem Kern aus locker ge bundenem FtUlmauerwerk. Durch die große Hitze entstanden tiefe, sägezahnartige Absprengungen an den Diensten, an einigen Stellen war sogar der Kern der Pfeiler bloßgelegt. Sie mußten von ihrer Auflast, der Aufmauenmg und den ver bliebenen Gewölben im Nordschiff entla stet werden. Die Außenschalen wurden unterhalb der Kapitelle eingeschnitten und durch je 4 schwere Stahlträger über Betonmanschetten gestützt. Die Träger lagerten aufje4 Bündelpfeilern aus unge stoßenen Langhölzern auf Hilfsfundamen ten. Die abzufangende Last betrug 120 Tonnen je Pfeiler. Dann erst konnten schichtweise die Steine ausgewechselt und der Kern durch Injizieren verfestigt werden. Ende 1948 war die Rekonstruk tion der Pfeiler vollendet. Für die Steinar beiten wurde harter Margaretener Sand stein und auch Abbruchmaterial verwen det. 1949 erhielt auch der gesamte Chor eine Betondecke wie schon das Langhaus. DasDach: Die Arbeiten an der Konstruktion des Stahldachstuhles, 1948 über dem Lang haus fertig, konnten über den Albertini schen Chor zügig weitergeführt werden. Die alte Dachform konnte wiederherge stellt werden. Die leichte, elegante Kon struktion bewährt sich auch hinsichtlich der Dehnungen durch Temperaturschwan kungen im Dachraum bis heute bestens imd zeigt im Inneren den riesigen Dachraum fast wie eine zweite Kathe drale. Für die Beschaffung von glasierten Dachziegeln wurde bereits 1945 im Zie gelwerk bei Lundenburg angefragt, woher schon im 15. Jahrhundert Ziegel bezogen worden waren. 1946 erfolgte der Auftrag. Es wurden 230.000 Biberschwanzziegel im Format 20/46 cm in 10 Glasurfar^n bestellt. Sie wurden nach alten Mustern in Doppeldeckung und in vollem Mörtelbett verlegt und außerdem mit Kupfemägeln an den Holzlatten befestigt. Das Dach stellt auch in seiner Deckung eine Mei sterleistung dar und hält - trotz aller Steilheil und der Größe der Flächen - den Stürmen stand. Unter der Betondecke begarm die Neueinwölbung. Die neuen Rippen wur den aufLehrbögen versetzt,die Mauemng der Gewölbe erfolgte freihändig, ohne Schalung. Den Steinsanierugen an den Maßwerken folgte die Neuverglasung bzw. das Einsetzen der 3 gotischen Glas fenster, Das abgebrannte Chorgestühl war unersetzbar. Daher entstand ein neuer Raumeindruck im Chor. Die wichtigsten Kriterien: 1)Der gotische Raum des 14. Jahrhun derts sollte als ,3alle" in seiner Weiträumigkeit wiedererstehen. 2)Den wichtigsten Einrichtungsgegen ständen: Hochaltar und „neuem" Chorge stühl entsprechend sollten die 3 Chöre einheitlich „barock" ausgestattet werden - als wichtigstes Bindeglied entstand die neue Kommimionbank. 3)Bei der Gestaltung des Hochaltares wurde der modernen liturgischen Auffas sung Rechnung getragen, den Altar zum Mittelpmikt der Gemeinde zu machen. 10
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