Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Bild heraus,ich wickelte es in einm Sack und trug es in die Krypta der Peterskirche. Dort blieb das Maria-Pötsch-Bild mehrere Wochen. Es war inzwischen Mittag ge worden, als ich wieder in den Dom kam"". Dort waren einige Helfer damit beschäftigt, die aus den Löchern der Gewölbedecke in den Dom herabfallen den brennenden Dachstuhltrümmer zu ersticken, um ein Übergreifen des Bran des in das Innere des Domes zu verhin dern. Teppiche xmd Stühle waren fortge schafft worden, die barocken Wand- und Pfeileraltäre, sowie die Kirchenbänke hätten gutes Brennholz abgegeben. Nach imd nach stürzten die schweren Metalluster von der Decke herab - die freiwilligen Helfer befanden sich in ständiger Lebens gefahr. Strobl schloß sich ihnen an; „So hielten wir das Innere des Domes für gesichert, falls nicht die Decke einstürzte. Da wurden wir gewahr, daß das letzte der nmden Deckerdöcher sich gerade über der großen Orgel befand." -"Gegen 14.00 Uhr fiel durch die große Gewölbeößhung über dem Musikchor Glut auf die große Orgel, die in kurzer Zeit in lodernden Flammen stand. - „Wir schafften einiges Wasser auf den Musikchor hinaus und begannen, mit den Luftschutzspritzen die aus dem Deckenloch herabfallenden zuerst kleinen Funken und brennenden Holzteilchen zu löschen. Der zuerst ge faßte Plan, die Orgel mit einem schweren Teppich zuzudecken, um die brennenden Stücke von dort wegzubringen,konnte von den 5 anwesenden Männern mangels Kraft nicht durchgefilhit werden. Immer stärker wurde der Funkenregen über der Orgel, immer größer die Holzstücke, die in die Orgel hineinfielen. Die brennenden Stücke erfaßten die Tausenden von klei nen Holzteilchen im Inneren der Orgel. Wir mußten erkennen,daß auch die Orgel verloren war,und trugen nur mehr etliche der Metallpfeifen aus dem Chorraum weg." Und Pfarrer Maurer fhgt noch eine Beobachtimg an:„Wir schütten Wasser in die Pfeifen, aber da raucht schon wieder eine andere Pfeife, dort wieder eine und dort auch. Und unser Wasser ist ver braucht! Da fahren aus einer Pfeife Flammen hoch. Hell, scharf gebündelt, fast ohne Rauch. Und wie ich hingehe, fängt die riesige Pfeife leise zu tönen an. Erschütternd, zu sehen und zu hören: die singenden Flammen!Und jetzt: Noch eine Pfeife brennt und noch eine! Da weiß ich, wir retten die Orgel nicht mehr!" ». „Gegen Mittag begann auch die Glokkenstube der Pummerin wieder zu bren nen. Einige Männer eilten, mit Feuerha ken bewaffnet,aufden Turm und versuch ten, zur Pummerin zu gelangen, mußten sich aber geschlagen geben, denn ohne Asbestanzüge und Rauchmasken war es nicht mehr möglich, in den Glockenraum zu gelangen, so groß war bereits die Hitze imd der Qualm des Brandes, der ihnen fast den Atem nahm..." Und so war das Schicksal der größten Glocke Österreichs besiegelt. Karl Strobl schildert: „Wir begaben uns in den vorderen Teil der Kirche. Da brach mit ungeheurem Getöse das gesamte Innere des ausgebauten Tur mes herunter, auch die Pummerin fiel herunter. Der ganze Dom war erfüllt vom Funkenregen. Wir suchten Schutz hinter den Pfeilern des Heiz-Jesu-Schiffes. Dann gingen wir vor imd waren eben Zeugen eines schrecklichen Schauspieles. Wäh rend bisher Teile der Orgel gebrannt hatten, ftihren nun Feuer und Rauch aus den vielen Pfeifen der Orgel. Es war kein statisches Feuer, sondern wie ein großes Feuerwerk, das sich auf dem Chor ab spielte. Es spritzte das Metall der Pfeifen im ganzen Dom herum. Wen dieses flüs sige Metall auf der Haut traf, den schmerzte es sehr"" „An diesem Tage, an dem wir als Werkleute im Dom herumzugehen und zu arbeiten hatten, gingen wir oft an einem toten Soldaten vorbei, er lag unter der Orgel. Wir koimten ihn nicht begraben, seine Aufbahrung war die Domkirche. - Am Nachmittag kam eine Gnippe russi scher Offiziere. Die Männer redeten nichts, sie waren ergriffen von der stum men Schönheit des Gotteshauses. Dann sagte einer „Cultura". Sie verließen, wie es schien,ergriffen den Dom"". Nachdem die Helfer die brennenden Beichtstühle entfernt, den Bretterboden aufgerissen und weitere kleinere Kunst gegenstände in Sicherheit gebracht hatten, verließen sie gegen 6 Uhr abends den Dom.Das Dach war abgebrannt, auch die Heidentürme waren vom Feuer er^ffen. Auf den Gewölbedecken lagen die glo senden Balken. Aber das Innere des Do mes schien gerettet zu sein. Sakristei direktor Kodeischka: „Noch war nicht alles verloren. Mochte die schöne Orgel und die Nordhalle mit der Barbarakapelle ausgebraimt sein, das Innere des Domes war sonst noch unversehrt. Als der süd liche Heidenturm von oben her ausbrannte und die darin befmdlichen Glocken in das Irmere des Turms hinabstürzten, konnte ich noch rechtzeitig das dort vorüberge hend aufbewahrte kostbare Originalbild Rudolfs des Stifters in den durch Dach ziegel-Absicherung vom 8. April ver schont gebliebenen nördlichen Heiden turm hinüberretten." 32) Auch das Original des hochverehrten Gnadenbildes Maria Pötsch, das seil dem Jahr 1903 nur an den höchsten Festen über dem Tabernakel des Hochaltares aufgestellt wurde, und das sich noch von Ostern her an dieser Stelle befand, über stand die Tage des Brandes völlig unver sehrt und wurde unmittelbar nachher in das Curhaus übertragen. Gegen Abend mußten die Helfer den Dom verlassen, weil der gesamte Ste phansplatz in der Kampfeone lag und von den Sowjets ein strenges Ausgehverbot für die Nachtstunden verhängt worden war. Mit dem Sakristeidirektor blieb nur Frau Hübsch im Dom zurück und half beim Entdecken der noch immer aufkei menden kleineren Brandherde..JDann",so berichtet Kodeischka von den nächsten dramatischen Stunden,„war es eigentlich ruhig und wir freuten uns im Stillen, daß das Innere des Domes gerettet sei,obwohl das Feuer hierin an den Altären, dem Holzbelag und den Bänken Nahrung genug gefunden hätte. Als da auf einmal auch ganz oben auf dem Gerüst im Frauenchor eine Holzleiter zu brennen begann, kletterte ich - mit Überwindung der immer ärger werdenden Brustschmer zen auch dort hinauf, um ein Übergreifen des Feuers zu verhindern. Auch sonst bildeten sich hier im Frauenchor, was wir fiüher gar nicht recht bemerkt hatten, immer wieder durch herabfallende Holz teile kleinere Brandnester, besonders un terhalb des vorderen Musikchores, wo durch die Seitenorgel arg gefährdet war. Dies verlangte besondere Aufmerksamkeit bis weit nach Mitternacht. Erst als nichts mehr herabfiel, entfernte ich mich aus dem Frauenschiffund konzentrierte meine weitere Beobachtung auf das Presbyterium,wo in ähnlicher Weise beim Hochal tar und bei dem Domherrengestühl kleine Brandherde zu entstehen drohten. In dem riesigen, auf Zinnplatten gemalten St. Stephanusbild waren bereits mehrere kleine Löcher sichtbar, so bedurfte es um so größerer Aufmerksamkeit. Während ich so auf die von den herabgestürzten Lüstern frei gewordenen Luken im Ge wölbe hinaufblickte, brach völlig imerwartet die Katastrophe ein: Es war ca. 4.15,da brach mit unfaßba rem Getöse das Gewölbe ein und stürzte hinunter in den Kirchenraum, vorne auf die Alumnenbänke bis ganz zurück zum Lettnerbogen. Ich stand eben etwa 2 -3 Meter davor,nicht weit weg Frau Hübsch, die sich unter dem dadurch entstandenen Luftdruck rasch zu Boden warf, während ich nur einige Schritte gegen den Hochal tar TM gedrückt wurde. - Was war gesche hen? Die südliche der beiden 16 m hohen, von Spitzbogenöflhungen durchbrochenen Ziegelmauem,die das Dach des Ostchores über der rechten Pfeilerarkade tragen halfen, war - ausgeglüht - nicht mehr imstande, die darin verankerten, auf der rechten Seite bereits abgebrannten großen Balken zu tragen, stürzte um und durch schlug den größten Teil der Gewölbe im Mittel- imd südlichen Seitenschiff. Wir wurden von einer dichten, undurchdring lichen Staubwolke eingehüllt, so daß in der gähnenden Finsternis jede Orientie rung unmöglich war. Ich selbst verlor einige Augenblicke das Bewußtsein, muß Frau Hübsch, wie sie mir nachher sagte, bei der Hand genommen und ganz in stinktiv beim Wr. Neustädter Altar durch das Frauenschiff hinausgeführt haben. Ich weiß wieder nur, wie wir vor dem Lett nerkreuz standen und den ganzen Greuel der Verwüstung sahen: Unter der Wucht des Einsturzes wurde die Orgelempore, die Kaiserloge und das gesamte wertvolle Chorgestühl von Rollinger begraben. Auch das Gewölbe des Friedrichschiffes warzum größten Teil eingebrochen. Alles brannte lichterloh, wir wußten, jeder weitere Versuch einer Hilfe war völlig aussichts- und zwecklos. Wir gin gen traurig in die Katakomben hinunter zum Sakramentsaltar, ich gab Frau Hübsch die Generalabsolution und wir konsumierten die U. Hostien in dem Ziborium, um jede Verunehrung des Allerheiligsten zu verhindern; dann ver

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