Ich gestatte mir, noch ein wenig in die Zeit vor dem Konzil zurückzugehen, um die Veränderungen besser herausstellen zu können. Im Jahr 1956 war die Überarbeitung der "Regel und Konstitutionen" nach dem Generalkapitel abgeschlossen, und die Schwestern, die eine auch von der Aufmachung her neue Ausgabe in Händen hatten, meinten damals, es sei eine gute Arbeit für die Zukunft getan worden. Diese "Zukunft" war relativ kurz; Am 25. Järmer 1959 kündigte Papst Johannes XXIIL ein Konzil zur Erneuerung der Kirche an. Die Erwartungen waren unterschiedliche'. Zu weit lag das Erste Vatikanische Konzil zurück, das plötzlich wegen des Deutschfranzösischen Krieges abgebrochen werden mußte. Nun blieben viele Hoffiiungen zu erfüllen. Am 11. Oktober 1962 war es dann so weit Schon die feierliche Eröf&iung nach einer guten zeit der Vorbereitung bot ein eindrucksvolles Bild der Kirche. Die zahlreichen Sitzungsperioden befaßten sich mit sehr unterschiedlichen Themen. Vergeblich sucht man vorerst in den Protokollen der ersten und zweiten Sifzungspreriode d« Konzils Unterlagen hinsichtlich des Dekretes über das Ordensleben.Erst in der dritten Periode,die am 14. Sqjtember 1964 begarm, wurde in der Sitzung am 10. November 1964 die Diskussion über das Ordensleben begonnen. Das Konzilsdekret über das Ordensleben schließt an die Richtlinien, die Orden betreffend, in der Konstitution Lumen gentium (5. Kapitel 42-47)an. Am 28. Oktober 1965 würfe das "Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens"feierlich verkündet^ Im gleichen Jahr 1965 fand in unserem Orden ein ordentliches Generalkapitel statt Nach Beendigung dieses Kapitels schrieb die damalige Generalpriorin Mutler Felicia Pastoors am 9. November 1965im Schluß zirkular des Generalkapitels an alle Schwe stern des Institutes: "Als wahre Töchter der hl. Angela freuen wir uns, die Stimme der Kirchezu vernehmen. Wir hören aufsie mit liebendem und aufmerksamen Herzen, wenn sie unter dem Antrieb des Heiligen Geistes zu uns spricht. Wir öffnen uns der Gnade ihrer Lehre; wir sinnen nach über ihre Worte voll Weisheit; wir beten, um sie im Innersten zu verstehen; mit einer neuen Begeistemng, mulig und treu steifen wir uns in ihren Dienst. Unser Generalkapitel von 1965 war ganzstark geprägt von der Liebezur Kirche und von dem Wunsch nach einer Erneuerung. Nach ihrem Beispiel, und nach ihren Weisungen haben wir 'die Wege des Herrn gesucht'(Ps.24). Das vorliegende Zirkular gibt einen Überblick über die Aibeit des Kapitels. Es will Ihnen vor allem jene Änderungen mit teilen, von denen manche schon vom kommenden 28. November an (Gründungstag der Römischen Union im Jahr 1900, Anra. der Verfasserin dic.ses Beitrages) durchgeführt werden können, während andere erst die Genehmigung der Hl. Kongregation der Religiösen erfordern^". Am 10.April 1966folgten dann im Zir kular Nr.166,an alle Schwestern des Insti tutes gerichtet, jene "Neuemngen", die einer Vorlage bei der Religiosenkongregation bedurft hatten. Es heißt darin:'"Die evangelischen Räte', wird uns in loimen gentium' gesagt,"verbinden diejenigen, die sie üben in ganz besonderer Weise mit der Kirche."^ Die Kirche ihrerseits stützt die verschiedenen Ordensinslitute und gibt ihnen Mut;'sie ist da, um über sie zu wachen und ihren Schutzmantel über sie auszubreiten. ... um den Leib Christi aufeubauen,damit sie,ge treu dem Geiste ihrer Stifter wachsen und blühen.*^ Diese mütterliche Sorge der Kirche ist offensichtlich und beruhigend in unserer Zeit der Erneuerung, in der das Volk Gottes durch die Unsicherheit und die Dunkelheiten des Erfenweges die Lebensformen sucht, die dem modernen Dasein entsprechen. Durch das Zirkular 163 wissen Sie be reits, daß das Generalkapitel beschlossen hat, die Konstitutionen im Hinblick auf eine zeitgemäße Erneuerung umzuarbeiten. Die Gesamtheit dieser Arbeit, die sich schon im Verlauf unserer Sitzungen abzeichnete, erfordert Zeit, um in Gebet und Überlegungzu reifen. Einige Wünsche nach sofortigen Ändemngen sind aber der Heiligen Kongregation für die Ordensleute vorgelegt worden. Ich will Ihnen schon jetzt die Antworten mitteilen, die wir auf unsere aus dem Kapitel hervorgegangenen Ansuchen erhalten haben.Da sie so von der heiligen Kirche approbiert sind, geben sie uns die Sicherheit, 'unsere Emeuemng unter dem Antrieb des Heiligen Geistes zu vollziehen'^. Hören wir in dieser Stimme der Kirche Christus selbst und seinen Ostergruß: TAX VOBIS.' FRIEDE aU jenen,die die Verändemngen fürchten, und jenen, die sie wünschen. Nicht die Befri^igung unserer eigenen Wünsche gibt uns den Frieden,sondern die Erfüllung des göttlichen Willens. Nehmen wir also diese Antworten der Hl. Kongregation im Geiste des Glaubens entgegen. Dieser Glaubensgeist vor allem muß erneuert werden, damit er die Grundlage für die wahre ERNEUERUNG bilden könne, die die Kirche verlangt. Die äußeren Verän derungen werden in der Tat in dem Maße die Quelle für ein neues Leben sein, je lebendiger der Glaube ist, in dem sie Wurzelfassen. Der Indult Nr.8642/65 hat uns die Ver schmelzung der beiden Klassen von Ordensfrauen im Institut gewährt...Wo es nötig ist, wird der Ausdmck 'Chorfrau(en)' durch'Ordensfrau(en)'ersetzt."® Wichtig war auch bei der begonnenen Umarbeitung unserer Konstitutionen ein neuer Artikel, der von den Berufspflichten der Ordensfrauen handelt und die Teilnahme aller Ordensfrauen am apostolischen Werk der Gemeinschaft betont, welcher Art immer ihre Beschäftigung sei. Ein weiterer Indult (8641/65) hat uns die Abändemng unseres Ordenskleides gestattet. Die Aussage von ehemaligen Schülerinnen, die alte Tracht, bodenlang, mit weiten Ärmeln, dem großen Brustschleier, dem Stirnband und dem langen Schleier sei viel, 'romantischer* gewesen," zeigt wenig Verständnis. Wir Schwestern, für die das Ordenskleid ein Zeichen unserer Ordensweihe ist, sind dankbar, daß es einfacher, zweckent sprechender und unserer Zeit mehr angepaßt ist. Die Mö^ichkeit, die Stunde Betrach tungszeit selbst in die dafür günstigste Zeit im Tagesablauf zu verlegen, kam den apostolischen Bedürfhissen ebenso entgegen, wie die Tatsache, daß die bisherige Verpflichtung zur täglichen halben Stunde geistlicher Lesung auf "zweieinhalb bis drei Stunden geistliche Lesung in der Woche" abgeändert wurde. Nicht weggenommen oder verkürzt sollte das Gebetsleben werden,sondern stärker in die persönliche Verantwortung der einzelnen Schwester gegeben und ihrem Tagesablauf im Apostolat besser angepaßt werden. Die Kirche hat die päpstliche Klausur für die Ordensfrauen aufgehoben, die dem Zweck ihrer Gründung nach apostolisch ausgerichtet sind, weil sie die Erfordernisse des Apostolates in unseren Tagen und die Lebensbedingungen der modernen Gesellschaft kennt. Noch 1961 mußte ich - weil eine Milschwesler eine "Begleitung" brauchte, als drittes Fach Pädagogik an der Universität studieren, weil sie allein die Vorlesungen nicht hätte besuchen können.Zum Glück habe ich das für mich als eine interessante Bereicherung und nicht als eine Belastung verstanden. Beeindruckend fmde ich heute noch die Erklärung von Mutter Felicia, die diese Änderung den Schwestern des Institutes in dem bereits erwähnten Zirkular 166 mit den folgenden Worten nahebrachte:"Sagen wir nun ein Wort über unsere Ausgänge im Dienste des Apostolates.Die Regel gestattet sie; noch mehr, die Kirche will sie. Sie erfordern von uns notwendigerweise ein feines Unterscheidungsvermögen, das auf der Hierarchie der Werte beruht; zu sehr beschränkt, würden sie unser Apostolat behindern; unterscheidungslos vermehrt, würden sie uns zerstreuen zum Nachteil unseres inneren Lebens und auch gerade dieses Apostolates, Betende Überlegung, aufmerksame und großmütige Übung unserer persönlichen und gemeinsamen Verantwortlichkeit werden uns helfen, den Willen Gotteszu erkennen... Da wir ja doch aus Gründen des Apostolates ausgehen müssen, ergab sich daraus,daß der Verzicht aufBesuche in der eigenen Familie, besonders bei unseren Eltern, die krank und unfähig sind, zu uns zu kommen, auch neu zu überlegen war. Der Orden hat immer eine weise Anpassung an die Bedüifrtisse der Zeit gekannt,ohne sich dabei ohne Überlegung in alle vorgeschlagenen Neuemngen zu stürzen." Die Vorarbeiten für die Emeuemng der Konstitutionen begannen. Alle Schwestern wurden durch Sonder-Provinzkapite! in diese Arbeit einbezogen. Aufgefordert durch das Konzüsdekrct trat bereits 1969 das Sonderkapitel zusammen,das sich mit der "zeitgemäßen Emeuemng des Ordenslebens" zu befassen hatte. Vielleicht 30
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