Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

sehen"ausmacht Familie evangelisiert also bereits durch die Tatsache, daß sie existiert, daß sie ist. "Im Plan Gottes des Schöpfers und Erlösers, findet die Familie nicht nur ihre 'Identität', das was sie 'ist', sondern auch ihre 'Sendung', das, was sie 'tun' kann und muß. Die Aufgaben, zu deren Erfüllung in der Geschichte die Familie von Gott berufen ist, ergeben sich aus ihrem eigenen Wesen und stellen dessen dynamische und existentielle Entfallung dar. Jede Familie entdeckt und findet in sich selbst den unüberhöibaren Appell, der gleichzeitig ihre Würde und ihre Verantwortung angibt: Familie,'werde',was du 'bist'!*® Dieses Wort kann daher der Papst an den Beginn seiner Ausführungen über die Aufgaben der christlichen Familie stellen. Die Familie von Nazareth Daruber hinaus schenkt uns die Kirche ein Bild, ein Vorbild über die Familie. Sie stellt uns die Hl. Familie von Nazareth vor Augen. Sie war Familie im Vollsinn des oben ausgeführten Wortes. "... angefangen von der Familie in die er hineingeboren werden und in der er auf wachsen wollte. Wie man weiß, hat der Erlöser einen großen Teil seines Lebens in der Zurückgezogenheit von Nazareth ver bracht, als 'Menschensohn' seiner Mutter Maria und Josef, dem Zimmermann, 'gehorsam'(Lk 2,51). Ist nicht dieser kind liche'Gehorsam'bereits der erste Ausdruck jenes Gehorsams gegenüber dem Vater 'bis zumTod'(Phil 2,8), durch den er die Welt erlöst hat?"*^ Jesus lernt in dieser Familie Gott ken nen*® und er fragt,wie Kinder eben fragen: Was heißt das? Ich versteh das nicht! Kin der sind, wenn wir es ihnen nicht durch Erziehung austreiben, von Natur aus Fra gende. Das kaim für Erwachsene lästig werden. Vielleicht haben Josef oder Maria manchmal gestöhnt. Jüdische - auch christliche (?) - werden früh zum (religiösen) Fragen erzogen. Die wichtigste Frage,ist die Frage in der Ostemacht:"Was bedeutet diese Feier?" Es ist für das Volk Israel die Urfrage des Glaubens. Denn die Antwort darauf ist die Erzählung von der Befreiung durch Gott aus der Sklaverei*®. Er lernt die Gebete,feiert mit seinen Eltern Pascha. Er erfährt immer besser, welche Bedeutung die Psalmen in seinem Leben gewinnen. Er kennt die Midraschim (Erzählungen, die die Tora auslegen). Er trägt seine Überlieferung (=Tradition) im Herzen. Jesus verkündet dem Menschen den Menschen. Er ist, wie wir im JohaimesEvangelium lesen können ganz Mensch.Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Dadurch wird auch für uns erkennbar, was die konkrete Nachfolge bedeutet Dem anderen Wegsein. Dem anderen Wahrheitsein Dem anderen Leben sein, also Zeuge von Gottes unendlicher Liebe. Christliche Erziehung Eine sehr bemerkenswerte Beschrei bung der Verantwortung zurErziehung und in der Erziehung verdanken wir dem Hl. Hieronymus. Er beschreibt in einem Brief an Laeta um das Jahr 400" wie eine Seele zu erziehen ist, die ein Tempel des Herrn werden soll"*'. Und er meint, daß Eltern mit der Frage von Kindertaufe und Glaubenserziehung nicht allzu leichtfertig umgehen sollten. "Solange aber das Kind klein ist und wie ein Kind denkt,sind seine guten und bösen Werke von den Eltern zu verantworten, bis es zu den Jahren der Er kenntnis gelangt Oder glaubst Du etwa, daß die Kinder der Christen, wenn sie die Taufe nicht empfangen haben, ganz allein für ihre Sünde verantwortlich sind, wäh rend die ohne Schuld bleiben, die für die Taufe nicht gesorgt haben, und dies zu ei ner Zeit,in welcher die Kinder nicht wider sprechen koimten?"*® Wir können hier ahnen, daß es nicht gerade einfach ist, unsere Kinder so zu erziehen,daß ihr Leben zu einer lebendigen Verkündigung des Evangeliums wird, daß durch ihr Leben Gottes unendliche Liebe allen Menschen offenbar wird. Nicht nur jedem von uns ist bewußt,wie schwach der einzelne Mensch ist Auch der hl. Hie ronymus kennt die menschliche Schwäche und rät Laeta in verschieden Formen, die Hilfe anderer in Anspmch zu nehmen, auf dem Weg ihrer Erziehung.So soll auch hier als nächstes die Frage gestellt werden,wel che Hilfen die Kirche dazu kennt und wie sehr wir uns heute auf sie stützen körmen und wollen. Außerfamiliäre Hilfen zur christlichen Erziehung Wir kommen hier zu einen der sensi belsten Punkte in dieser Ausfühmng. Er trifft konkret die heutige Zeit die heutige Situation in der Kirche, der Kirche in Österreich, der Kirche in Wien. Der Autor ist sich der Problematik vollkommen be wußt. Dennoch möchte ich mich nicht scheuen, die Tatsachen beim Namen zu nennen. Außerfamiliär erwartet die junge Fami lie in der Kirche: die Ehevorbereitung, die pfarrliche Familienpastoral und die Kinderpastoral. Letztere unterscheidet sich wiederum mei stens durch die Sakramentenvorbereitung und die übrige Kinderarbeit. Die Ehevorbereitung hat sich in den letzten Jahren in den meisten Pfarren Wiens auf einen Pflichtbesuch an einem Samstag nachmittag redu ziert. Wenn auch das Interesse an intensiverer Ehevorbereitung gestiegen ist, so sind wir, wie wir ehrlich zugeben können,von einer Ehevorbereitung, wie sie das II. Vatikanum wünscht noch meilen weit entfernt. "Jugendliche sollen über die Würde,die Aufgaben und den VoUmg der ehelichen Liebe am besten im Kreis der Familie selbst, rechtzeitig in geeigneter Weis unterrichtet werden, damit sie, an keusche Zucht gewöhnt,im entsprechenden Alter nach einer ehrenhaften Brautzeit in die Ehe eintreten können"*'. Diese Glaubensunterweisung würde voraussetzen, daß es die Jugendliche mit Familien im christlichen VoUsinn za tun haben, und die Eltern auch das Charisma haben ihren Kindern zu helfen. Das heißt aber auch, daß die Kirche die Ehepaare nach der Ehevorbereitung begleiten muß, um sie in ihrer Aufgabe als Eltern später zu stützen. So erkennen viele Pfarren die Not wendigkeit einer Familienpastoral. Die kirchliche FamilienpastoraF° Familie ist also nicht nur eine funda mentale Institution der Gesellschaft^*,sondem noch viel mehr:"Die Universalkirche und in ihrjede Teükirche enthüllt sich .... in der Hauskirche und in der in ihr gelebten Liebe: eheliche Liebe, elterliche Liebe,ge schwisterliche Liebe, Liebe einer Gemein schaft von Personen und Generationen"^. Haben wir das vor Augen,wenn wir heute Überlegungen zur Familienpastoral anstel len? Steht nicht meist im l^ntrum nur die Zeit der Kindererziehung? Vielleicht finden wir daim noch Platz für Menschen, deren Beziehungen gescheitert sind, und dann? Ehe- und Familienrunden sind sicher Hilfen während einer bestimmten Periode der Familiengeschichte. Mit der Pubertät der Jugendlichen bleibt aber meist nur mehr eine Eltemrunde über. Gerade in der Fami lienpastoral zeigt es sich, daß an erster Stelle eine punktuelle Verkündigung steht und eine kontinuierliche Verkündigung im Hintergrund steht. Die Familie selbst aber, ist Verkündigung der Kirche. Der Apostel Paulus beschreibt im Epheserbrief^ sehr deutlich die Einheit von Geist und Körper, dem aber steht weithin unser abendländi sches Denken - geprägt durch den moder nen Rationalismus - gegenüber^. Geist und Körper werden als radikales Gegeneinander dargestellt. Sehen wir im konkreten Leben einer Pfarrgemeinde die Familie auch als Träger der Verkündigung, oder reduzieren wir sie nur auf den Status Adressat der Verkündigung.? Die Kinderpastoral An dieser Stelle soll ausdrücklich nicht auf die Sakramentenpastoral eingegangen werden.Sie wurde schon in mehreren Ein zelarbeiten bearbeitet. Ich spreche hier nur von der Kinderpastoral zwischen Erst kommunion und Firmung. Gerade dort lie gen noch große Schwachpunkte. Galt frü her ein ^äubiges Elternhaus als Basis der Arbeit, die in Schule und Pfarre fortgesetzt wurde (z.B.: Jungschararbeit), stehen uns heute weitgehend Kinder gegenüber, die keinerlei Beziehung zur Kirche oder Pfarre haben.Der ganztägige Schulunterricht trägt 27

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