Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

sowie "unerset^aren"(FC 44)Beitrag für die Gesellschaft darstellt Er umfaßt darüber hinaus - einzeln oder im Verband - vor allem den "Dienst an den Annen und all~ gemein an jenen Personen und Lebenssi tuationen,welche die öffenüiche Organisa tion der Vorsorge und Fürsorge nicht zu erreichen vermag", und "Formen politi schen Handelns", in denen sich FamiIien(verbände) "dafür einsetzen, daß die Gesetze und Einrichtungen des Staates die Rechte und Pflichten der Familie nicht nur nicht beeinträchtigen, sondern positiv schützen und verteidigen". Ohne eine sol che "Familienpolitik (...) werden die Fami lien die ersten Opferjener Übel sein, die sie vorher nur gleichgültig betrachtet haben" (FC44). Umgekehlt wird von Staat und Gesell schaft verlangt, daß diese ihrerseits die Familie "achten und fordern"(FC 45)und "an einer Umgebung mitwirken, die ihre Entfaltung begünstigt"(FC 86). Unter Be rücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips müssen etwa "die staatlichen Autoritäten ihr Möglichstes tun, um den Familien alle jene Hilfen auf wirtschaftlichem, sozialem, er zieherischem, politischem und kulturellem Gebiet zu sichern, die sie brauchen, um in menschenwürdiger Weise ihrer vollen Ver antwortung nachkommen zu können"(FC 45). In diesem Zusammenhang wurde auf Anregung der Bischof^ynode im Jahre 1983 eine "Charta der Familienrechte"^ vorgelegt, die eine möglichst vollständige imd geordnete Zusammenstellung der grundlegenden Rechte der Familie enthält. Zu den grundlegenden Aufgaben der Familie gehört auch ihr kirchlicher Auftrag: "Sie istzum Dienst am Aufbau des Reiches Gottes in der Geschichte berufen,indem sie am Leben und an der Sendung der Kirche teilnimmt" (FC 49). Als "Hauskirche" (Ebd.,21)ist sie "in ihrer Weise ein leben diges Bild und eine Vergegenwärtigung des Geheimnisses der Kirche"(FC49)und da her bemfen, "aktiv und verantwortlich an der Sendung der Kirche mit einem beson deren und eigenen Beitrag teilzunehmen" (FC 50). Diese Teilnahme muß eine "gemeinschaftliche Note tragen (...) die Gatten als Ehepaar und die Eltern mit ihren Kindern als Familie" (Ebd.). Sie vollzieht sich zunächst durch die Integration in die kirchlichen Lebensvollzüge, d.h. der gläubigen Entgegermahme des Evange liums, der Mitfeier der Sakramente, des Gebetes und der Verwirklichung des Lie besgebotes. Auf diese Weise wächst eine echte und tiefe Spiritualität, "alle Fami lienmitglieder verlÄnden das Evangelium und empfangen es zugleich voneinander. (...) Eine solche Familie wirkt verkündi gend auch auf viele andere Familien und auf die gesamte Umwelt, in der sie lebt" (FC 52). Die so vom Evangelium durch formte iimere Verbundenheit in der Liebe verdeutlicht den genuinen Auftrag der Familie in der Kirche:"Dank der Liebe der Familie kann und muß die Kirche eine mehr häusliche, familiäre Dimension be kommen und sich einen menschlicheren und mehr geschwisterlichen Stil des Zuein ander und Miteinander aneignen"(FC 64). Christliche Familie ist somit unersetzbares Subjekt, das "in der Liebe Kirche aufer baut"(Ebd.,15) Zum Sc^uß(FC86)wird festgehalten, daß "die Kirche den Weg kennt, auf dem die Familie zum Kern ihrer Wahrheit ge langen kann". Diesen Weg, der Christus selbst ist, "zwingt die Kirche niemandem auf; sie weiß sich aber bemfen, ihn ent schieden "allen anzubieten" und zu^eich allen Angriffen auf die gmndlegenden Werte der Familie entgegenzutreten. Denn "die Zukunft der Menschheit geht über die Familie". Anmerkungen: ^) Auch die nachfolgenden Päpste ha ben die Fordemng nach einem familienge rechten Lohn immer wieder ausgesprochen. Vgl. etwa Pius XII.; UG 4743; Johannes XXIII.: Enzyklika "Mater et magistra" 71; Johannes Paul II.: Enzyklika "Laborem exercens" 19. ^ Die Ansprachen Pius' XII. werden zitiert nach: Arthur-Fridolin Utz / Jo seph-Fulko Groner (Hg.), Aufbau und Entfaltung des gesellschaftlichen Lebens. Soziale Summe Pius XII., Frei burg/Schweiz 1954 (Bd.l; 2) und 1961 (Bd.3). "jDie Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils werden wie folgt zitiert: LG:Dog matische Konstitution über die Kirche "Lumen Gentium"; OT: Dekret über die Ausbildung der Priester "Optatam totius"; GE: Erklämng über die christliche Erzie hung "Gravissimum educationis";AA:De kret über das Apostolat der Laien "Apostolicam actuositatem"; GS:Pastoral konstitution über die Kirche in der Welt von heute "Gaudium et spes"; AG:Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche "Ad gentes"; DH: Erklämng über die Religionsfireiheit "Dignitatls humanae". ^ Abgedmckt in: L'Osservatore Ro mano(Deutsche Ausgabe),2.12.1983,1-4. Dr. Gerhard Marschütz ist Universi" tätsassistent am Institutßr Moraltheologie der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Zur Geschichte der Familienseelsorge in der Erzdiözese Wien Formen-Organisationen-Entwicklungen Von Otto Urban 1.Die Anfänge bis 1938 Die Anfange gezielter, familienorien tierter Hilfestellungen am Beginn unseres Jahrhunderts sind nur bmchstückhaft nachzuvolbdehen. Vorhandene Dokumente weisen auf zwei Ansatzpunkte hin, die durch die Umstände der Zeit an Bedeutung und Umfang rasch zunahmen: a)DiepasioraleKomponente Im Jahr 1902 wurde der "Verein zur Saniemng wilder Ehen" gegründet, der 1908 vom "St Josefs-Werk" abgelöst wurde. Da die katholische Kirche bis zu den Umbmchstagen des Jahres 1938 bei jeder Eheschließung kirchen- und staatsrechtliche Vorschriften zu beachten und zu kontrollieren hatte, konnten Pfarrer die Tatsache nicht übersehen, daß sich - vornehmlich aus wirtschaftlichen Gründen - viele Paare der anerkannten Ordnung entzogen. "Wilde Ehen" wurden diese Beziehungen genannt, deren Zahl ständig wuchs. Die Eingliedemng in die rechtsstaatliche und kirchliche Ordnung durch Beschaflung fehlender Dokumente, durch Beratung und auch durch finanzielle Hilfe rechtfertigte das Vereinsziel. Schon nach wenigen Jahren erkannte man: die rein formale "Rückfühmng" stellt keine Problemlösung dar. Die Gründe für "wilde Ehen" lagen in vielen Fällen tiefer. 1910 wurde zusätzlich der "Hilfsverein für christliche Ehen" gegründet. Das Ver einsziel spricht erstmals den sozialen Bereich an: den Ehen muß durch geeignete "Nachfursorge" geholfen werden. Nach dem Ersten Weltkrieg weitet sich das Arbeitsfeld des Vereines rasch aus; weitere soziale Aufgaben treten hinzu. 20

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