Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

der sich allerdings erst nach längerer Überlegung zur Annahme desselben ent schloß. Als Bischof von Wien hatte er zu nächst sehr mit der armseligen materiellen Lage seines Bistums zu kämpfen. Streitig keiten mit seinem Domkapitel,mit den exempten Ordensgeraeinschaften, Kompe tenzschwierigkeiten mit der Stadt und der Universität erschwerten noch die ohndies verworrene religiöse und politische Situa tion. Fabri tat, was er in dieser Situation tun konnte: er bemühte sich um den Wieder aufbau der nach der Türkenbelagemng des Jahres 1529 nahezu nicht mehr vorhan denen Seelsorge; 1532 ordnete er in einem Dekret die strenge Einhaltung der Fasten zeit und die Registrierung der Osterkommunion an.Im Jahr 1533 mußte er sich ge genüber Ferdinand I. gegen den gegen ihn zu Unrecht erhobenen Vorwurf, er küm mere sich zuwenig um sein Bistum, zur Wehr setzen'. Sein diesbezügliches Schreiben wirft ein grelles Licht auf die allgemeine trostlose Situation: er beschreibt die verwüstet vorgefundenen Pfarren, die armseligen Lebensumstände der Priester und er führt an, was er alles dagegen zu tun versucht hat: "Verwundert mich selbs, wie ich mein Hauptkhirchen, der gleichen pfarren unnd caplaneyen bißher also hab versehen und besetzen mögen, wie wol ich mich in dreyen Jahren der priester, pfaiien und seelsorge mer hab lassen khosten,dann so lang das bistumb gestannden ist und auch alle meine vorfarende Bischoff gethan. Und hab mich kaines Kosstens bedauren lassen..."Er habe viel Geld darauf verwendet zur "uimderhaltung gelerter leytt, Schreiber und gesellen, ... und damit die Priester wissten, was sy predigen sollten, hab ich ... in ainem jar mehr dann annderthalb hundert gülden verdruckht unnd die den Pfarrern auch aimdem ausgetheilt und verschenkt...". Vielleicht als weitblickende Antwort auf den großen Ausfall an Seelsorgern infolge des Türkeneinfalles, stiftete er im Jahre 1540 das "Collegium Trilingue" in der Sin gerstraße, das jeweils zwölf Studenten den Besuch der Universität und das Theo logiestudium ermöglichen sollte. Dieser Stiftung vermachte er auch seine für dama lige Verhältnisse umfangreiche Bibliothek. Den breitesten Raum in der Seelsorgetatigkeit Bischof Fabris aber nahm wei terhin das Predigtamt ein. Noch bevor er nach Wien kam,hatte er sich bereits vieler orts als Prediger einen Namen gemacht. Als Bischof in Wien predigte er regelmäßig an Sorm- und Feiertagen bei St. Stephan und auch bei St. Michael, oft insgesamt zweibis dreimal täglich'". - Sorgfältig bereitete er seine Predigten vor und zog sich dazu oft in sein Schloß nach St. Veit zurück. In der Regel legte er dabei wenigstens einen aus führlichen Gedankengang - gewöhnlich in lateinischer Sprache - schriftlich nieder. In der Wahl des Stoffes nahm er so viel als möglich aufseine Zuhörerschaft Rücksicht: wenn er unter diesen auch Protestanten vermutete, sprach er fast nur mit Worten der hl. Schrift: "Verbum Domini manet in actemum"- diesen Vorspruch verwendete er besonders gerne". Hatte er schon während der Türkenbe lagerung des Jahres 1529 in Wien gepre digt,-diese Predigten sind allerdings nicht erhalten - so erreichte seine Predigertä tigkeit als Bischof in den Jahren 1532-33 einen Höhepunkt. In der Fastenzeit des Jahres 1531 predigte er täglich. Während der Türkennot des Jahres 1532 hielt er 37 Trostpredigten, die alle denselben Kanzelspmch trugen: "Viriliter agite et confcrtamini! Nolite timere nec paveatis regem Assyrorum et universam multltudinem, quac est cum eo...". Ausgehend von seinen persönlichen Eindrücken und Erfahrungen bei der Türkenbelagerung des Jahres 1529 schilderte er wiederholt die von den Türken vollbrachten Grausamkeiten und Greuelta ten: von der Ermordung schwangerer Frau en, über die Tötung neugeborener Kinder und Jugendlicher bis hin zur Schändung unschuldiger Frauen, Ermordung hilfloser Greise,Räuberei und schließlich Entehrung christlicher Heiligtümer. - Nur aufrichtige Buße,Gottesfurcht und unbeugsames Ver trauen in die christliche Sache, - Luther und die Reformationsbewegung machten seiner Meinung nach eine effektive Tür kenabwehr unmöglich,-könnten Gottzum Eingreifen und zur Hilfe bewegen'^ Im selben Jahr 1532 griff er in 59 Pre digten über das Altarssakrament ein hochumstrittenes Thema auf, wobei natur gemäß der"communio sub una specie" eine zentrale Stellungzukam. In der Fastenzeit des Jahres 1533,in der allgemeinen Zerstörung nach den Türkeneinfällen, bei der herrschenden Pest und Teuerung stellte Fabri in 44 Predigten Job als Vorbild der Geduld im Leiden dar''. "Auch wie hoch und vU daran gelegen, das dise löbliche stat Wien von secten, so izund allenthalben in deutschen landen schweben, verhuet werde,...habe ich neben andern commissionen, die mir ir mt. in irer mt. Sachen bevelhen, furgenoraen, leglich zu predigen, verhoff solch meine aibeil sol nit unfruchtbar bey den meinen erschei nen..."" schreibt er im Jahr 1535 an Kardinal Bernhard von Cles. Zahlreiche im Konzept erhaltene Predigten zu den verschiedensten Themen bereichen beweisen Fabris unermüdliche Predigttätigkeit auch in den folgenden Jah ren. In der Gesamtschau seiner Predigten fallt in erster Linie die Übermenge von Zi taten,aus der Schrift, wie auch aus den Vä tern, sowie anderer profaner Schriftsteller auf. Wenn auch der Verdacht nicht ganz von der Hand zu weisen ist, daß der Bi schofdamit ein wenig seine Belesenheit zur Schau tragen wollte, so muß doch auf der anderen Seite die Absicht anerkannt wer den,daß Fabri dadurch auf seine Art wohl auch der protestantischen Forderung nach dem Zeugnis der Schrift Rechnung tragen wollte. Dies umso mehr, als er bereits frü her erkannt hatte, daß auf dem Gebiet der Predigtliteratur die Kenntnis der Schrifter klärung weit hinter den Erfordernissen der Zeit zurückgeblieben war und die meisten Prediger, im besonderen die Bettelmönche, in Stehgreifprediglen oft blühenden Unsinn verkündeten. So mußte gerade in dieser Zeit der Glaubensunsicherheit die didaktische Auf gabe der Predigt in den Vordergrund ge stellt werden, indem das vielfach mangel haft gebildete Volk überhaupt erst mit der Hl. Schrift und mit den kirchlichen Gebo ten vertraut gemacht werden mußte.Erbau ungspredigten waren hier nicht am Platz. So zeigte sich in diesem Predigeramt des Bischofs ein Reforraprogramm, in Wort und Schrift, das von dem Bemühen um ei ne Hebung der Bildung des Klems entspre chend den neuen Anfordemngen hin zur Vertiefung der religiösen Volksbildung fuhren sollte. Im Jahr 1538 stand Fabri im 60. Le bensjahr. Erschöpft durch die langjährige Arbeitslast,wie auch durch ein Steinleiden, dasihm in zunehmendem Maßezu schaffen machte, bestellte der Bischof am 3. April 1538 den damaligen Universitätsrektor und Professor der Heiligen Schrift, Johann Gaudentius Anhauser zum Domprediger'^ In seinem Bestellbrief begründete Fabri diesen Schritt nicht nur mit seiner schlechten Gesundheit, sondern auch mit seiner oftmaligen Abwesenheit. Als Gehalt bestimmt er seinem Stellvertreter 100 Gulden jährlich. Schon am 5. Mära 1538 hatte Fabri sei nen aus Oberfranken stammenen Freund, den Doktor der Theologie und Hofjsrediger Ferdinands I., Friedrich Nausea zu seinem Koadiutor erwählt, am 19. März wurde dieser kraft der päpstlichen Bulle ernannt In ihm personifizierte sich Fabris Wunsch nach Weiterführung seiner in Angriff ge nommenen Vorhaben in einem kontinuier lichen Übergang von der Kontroverspole mik zur eigentlichen katholischen Reform. Am 21. Mai 1541 starb Bischof Fabri in Baden bei Wien.-Ab nun predigte an je dem Sonn- und Feiertag sein Nachfolger, Bischof Nausea im Wiener Stephansdom, der, so wird berichtet, die Zuhörer kaum fassen kormte. Wolfgang Schmelzl schildert dies in seinem "Lobspmch auf die Stadt Wien"aus dem Jahr 1548 wie folgt: "Mitfrewden gieng Ich in Tempel ein, Da war Ersamer Rath und gemein Versammeltzu hören Gottes wort. Wiesich geburt an solchen ort. Viel tausent menschen standen da Und predigt BischofNausea, Wie er daim pflegtzu aller zeit Sein schafflein zgeben selbs die wcidt"". Im übrigen hoffte Bischof Nausea auf die klärende Autorität des Trienter Konzils, dessen Beginn und ersten Verlauf er noch miterleben konnte'^. Anmerkungen: ')Zur Person Fabris vgl.: Theodor Wiedemann, Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Lande unter der Enns, Bd.2, Prag 1880; Leo Helbling, Dr. Johann Fabri, Generalvikar von Konstanz und Bischof von Wien, 1478-1541, (=Refomationsgeschichtliche Studien und Texte 67/68), Münster i. W. 1941; Emst Tomek, Kirchengeschichte Österreichs, Bd.2,Innsbruck-Wien 1949;Christian Radey, Dr. Johann Fabri, Bischof von Wien (1530-41), Wegbereiter der katholischen Reform, Rat König Ferdinands, phü. Diss. Wien 1976. ^) DAW, BA Fabri, Testament vom 10

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