Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

")DAW,Pfarrakten SL Stephan, 1804 Dezember29. ")Abgedruckt in: Statuta disciplinaria sacerdotum Curiae Archiepiscopalis ad ec clesiam metropolitanam sancti Stephani Viennae modo vigentia unacum illis priorum tempomm,Wien 1881,S.1-20. ^®) Ebd. S. 7: Officium eorum primarium in dicendo diebus Dominicis et festivis ettempore quadragesimali et aliis in occasionibus sermones sacros consistiL.. ^') DAW,Pfarrakten St. Stephan 1843 November 18. '®)Arthur Saliger,Zur Frage der künst lerischen Autorschaft der Kanzel im Ste phansdom in Wien, in: Wiener Ge schichtsblätter47(1992)181-197. Saliger,ebd.197. ^Eine Zusammenstellung der Dom prediger ab dem 16. Jahrhundert bis in seine Zeit bietet Ludwig Donin, Der hl, Stefan und die Stefaner(Wien 0. J.) 115133. Einschlägige Angaben finden sich auch bei Höfer(wie Anm.12). Die Anga ben zu den Dompredigem aus dem Jesui tenorden folgen dem Artikel von Johannes Wrba in diesem Heft. Die übrigen Daten wurden folgenden Quellen entnommen: DAW,Pfairakten St. Stephan; Präsidalia:F 4: Cur, Personaltabellen der Erzdiözese Wien;Personalstände der Erzdiözese Wien. Johann Fabri(1530-41),Bischof und Domprediger von Wien Von Annemarie Fcnzl Die Domkanzel von St. Stephan mit ih rer eindringlichen Symbolik erinnert den Betrachter an einen wichtigen Bestandteil des bischöflichen Hirtenamtes: die Sorge um eine wirksame Verkündigung des Got teswortes. Diese Verpflichtung haben die Inhaber des Wiener Bischofsstuhles auch immer erkannt und haben versucht, ihr, den wechselnden Anfordemngen der Zeilen entsprechend, nachzukommen. Die Stufen zur Domkanzel haben sie aber, abgesehen von den kirchlichen Hochfesten,in der Re gel nur zu besonderen Anlässen erldommen. Ein besonderes Verhältnis zur Wiener Domkanzel hatte der aus Leutkirch im All gäu stammende Dr. Johann Fabri, Beichtvater und Rat König Ferdinands I., der 1518-23 Generalvikar in Konstanz ge wesen war, 1524 zum Bischofkoadiutor in Wiener Neustadt und 1530 auf den Wiener Bischofsstuhl bemfen wurdet In seinem am 17. November 1540 end gültig besiegeltem, von elf Zeugen unter zeichnetem Testament^ bezeichnete er ge nau jenen Ort in seiner Domkirche zu SL Stephan,den er für sich als Begräbnisstätte ausgewählt hatte. Er wollte für immer liegen "zunegst hinder dem Predig Stuel,so man auff die Cantzel geht by der Thür und als man die Stapfln antrit gegen den Altar, so an dem Predig Stuel ligt". An dieser Stelle,also am Aufgang zur alten Domkan zel,befindet sich wohl auch heute noch das Grab dieses Bischofs,dem das Predigeramt offensichtlich so wichtig war, daß er es noch über das Grab hinaus ehren wollte: Jeder Prediger, der die Wiener Domkanzel besteigen wollte, mußte fortan seinen Fuß auf seine Grabplatte, die allerdings nach den Restaurierungsarbeiten im Gefolge des Zweiten Weltkrieges nicht mehr vorfindlich ist, setzen. Für sein Grabdenkmal traf Fabri ursprünglich folgende Vorkehrung: es sollte ein "zimblicher epithavium von glockenspeis gegossen und bey dem altar an dem predigstuel, wo es am fuglichsten sein mag, aufgericht und eingemacht...werden"^ - Tatsächlich ist heute, unweit davon, an der Außenwand des nördlichen Langhausschiffes, hinter dem heutigen Franz-Seraphicus-Allar, sein, al lerdings steinernes, Grabdenkmal zu sehen, das den Bischof in vollem Omat, mit Bi schofsstab in der einen und Buch in der an deren Hand zeigte Die darunter befindliche Inschrift weist darauf hin, daß er, "ein gro ßer Feind der Irrlehren, ein eifriger Ver kündiger des Evangeliums und Bischof von Wien,nachdem er 10 Jahre in diesem Orte als ein guter Hirt seine Heerde mit dem heilsamen Worte Gottes erquickt hatte, am 21. Mai 1541 in dem Herrn entschlafen ist"^. Und der Bischof blickt für ewige Zeiten genau auf die Kanzel,aufjenen Ort, der in der Zeit der erbitterten Auseinander setzungen um den rechten Glauben eine besondere Bedeutung erhalten hatte. Denn damals, im Gefolge der Refor mation, welche im Wort der Schrift das entscheidende "medium salutis" entdeckt hatte,- Christus selbst redet in den Worten des Predigers,ja, er kämpft in der Predigt gegen den Antichrist- entwickelte sich ein ganz neues Verständnis der Predigt, das für die Vertreter der alten Kirche eine unge heure Herausforderung bedeutete: Der na heliegendste Predigtstoff war die Ausle gung der hl. Schrift, das Dringendste und Wichtigste waren gut ausgebildete Predi ger, die sich in der besonderen Spezies der oft mit herber Polemik geführten Kontro verspredigten bewähren mußten®. Welch sensibles Instrument die Dom kanzel war, zeigte sich bereits zwanzig Jahre zuvor, als von ihr aus in Wien der Glaubensstreit entbrannte; der damals be reits alternde Wiener Bischof Georg Slatkonia(1513-22)war der schwierigen und unklaren Lage nach dem Beginn der Glau bensspaltung sichtlich nicht gewachsen,- er ließ nur zögernd und auf ausdrücklichen Befehl des Kaisers im Jahre 1521 die Banndrohungsbulle gegen Luther veröf fentlichen - und überließ am 12. Jänner 1522 dem aus dem Schwabenland kom menden und von seiner Predigerstelle an der Franziskanerkirche in SaM)urg ausge wiesenen evangelischen Prädikanten Paulus Speratus die Wiener Domkanzel. Dieser, angeregt von den "vielen", die gekommen waren,forderte in seiner, mit großer Span nung erwarteten Predigt zu Römer 12, 1 vor allem die zahlreich erschienen Kloster leute zum Austritt, zur Ablegung des "teufflisch Joch des ewigen Klostergelübds"'und folgerichtig zur Heirat auf und stützte sich dabei auf Luthers Lehre vom rechtfertigenden Glauben. Die darauf fol gende Auseinandersetzung mit der theolo gischen Fakultät der Wiener Universität, die sich seit Jahrhunderten als die berufene Hüterin des Glaubens sah, ließ von beiden Seiten nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig. Diese Predigt des Speratus im Wie nerStephansdom machte auch im Reich ein derartiges Aufsehen, daß Martin Luther selbst ihre Veröffentlichung wünschte. Dieses erste Aufeinanderprallen zwi schen den Anhängern der neuen Lehre und der alten Kirche in Wien war in der Folge der Auftakt zu immer heftigeren Auseinan dersetzungen. Die folgenden Bischöfe wa ren bereits entschiedenere Kämpfer gegen die neue Lehre:Ein Gerichtshofwurde ein gesetzt, dem auch der humanistisch gebil dete kaiserliche Rat Johann Fabri ange hörte: dieser verurteilte den angesehenen Wiener Ratsbürger Kaspar Tauberzum Tod durch Verbrennen. Bald darauf wurde auch der Wiedertäufer Balthasar Hubmaier ver brannt. Über dieses Urteil hinterließ der spätere Bischofs Fabri eine aus nur zehn Blättern bestehende, für das Volk berech nete, rechtfertigende Schrift mit dem Titel: "Ursach warumb der Widerteufer Patron und erste Anfenger Dr. B.H.zu Wienn auf den zehenden Tag Martii Anno 1528 ver brennetsey"®. Man war also in Wien nicht mehr gleichgültig gegenüber der anwachsenden inneren Gefahr. Der Abfall von der Kirche wurde aber trotz des Gerichtshofes immer größer, da neben Luthers großen Schriften zahllose kleinere, auch Einblattdrucke ver breitet waren. Außerdem erkannte das Volk wohl die tatsächlich vorhandenen Übel stände im Klerus, nicht aber die dogmati schen Irrtümer. Als weiteres Hilfsmittel ordnete Ferdi nand im Jahre 1528 eine Visitation an, die erste von vielen im Kampf gegen die Irrlehren. Und allmählich wuchs die Er kenntnis, daß der Kampf dagegen nicht al lein genüge,daß die Emeuemng von innen heraus notwendig sei, um das Übel an der Wurzel aus2nireißen. Als im Frühjahr 1530 Bischof Revellis aus dem Leben abberufen wurde, präsen tierte Ferdinand I. nun seinen bewährten Ratgeber, Beichtvater und Ho^rediger Jo hann Fabri auf den Wiener Bischofestuhl,

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