bekam, was seine Schrift de catechizandis rudibus(ca.400)bezeugt Zu diesem Zeitpunkt können wir für den ganzen kirchlichen Raum annehmen, daß sich der Medienverbund Gottesdienst voll entwickelt hat; er besteht aus der Struktu rierung der Zeit durch die Kirchenwoche, das Kirchenjahr und die Feste, durch Kirchengebäude und deren Ausgestaltung, durch die Vervollkommnung der liturgischen Riten,sowie durch die Predigt, die "von allen Medien das beweglichste, das aufdie Aktualität beziehbare ist"'. In der Zwischenzeit hatte die Völkerwanderang eingesetzt, die das ganze Impe rium erschütterte und das WirtschaftsRechts- und Verwaltungssystem, das dem unseren durchaus ähnlich war, zunehmend zum Zusammenbruch führte. Zunehmend eroberte sich aber das Christentum die erste Stelle der Wirklichkeitsdeutung,sodaß man von der Minderheitzur Mehrheit wurde. Die Mehrheitskirche: auf dem Weg von der Antike zum Mittelalter, Modell: die eng'lische Elite Am Übergang von der Antikezum Mit telalter steht der Papst Gregor der Große (ca. 540-604), der nun seinerseits eine Antwort auf ein Problem der damaligen Kirche versucht: "Wohin mit den vielen lauen Christen?(Fast)alle sind getauft, aber die wenigsten bekehrt" Den Weg, den er geht, hat auch Augustinus versucht: er sammelt die Getreuen um sich in einer klo sterähnlichen Lebensform, die gemeinsam betet und lebt. Diejenigen, die nicht dazu gehören, werden in diesen Liturgien lang sam zu Statisten, die zuschauen und zuhö ren dürfen. Gregor ist für lange Zeit der letzte Bischof von Rom gewesen sein, der eine nennenswerte Predigttätigkeit entfal tete;das Gegenüber der Predigt aber scheint hauptsächlich der monachisierte Klerus gewesen sein. Dies läutet die Zweiteilung des Christentums ein: hie diejenigen, die aufirdischen Wege gehen,dort diejenigen, die den Weg der Engel beschreiten, und alles Irdische abstreifen^®. Unter ihm beginnt die Kirche auch missionarisch tätig zu werden"; d.h. der Prozeß der bisher innerhalb des Römischen Reiches von den Gemeinden ausgegangen ist, wird nun von Missionaren übernommen.Damit verfestigt sich die Akzentverschiebung in der Taufe; vom Aufgenommenwerden in die Gemeinschaft der Kirche durch die Auf nahme in eine Gemeinde,zu einem direkt Aufgenommenwerden in die Kirche unter Wegfall der Gemeinde. Zweite Transformiening: Das Chri stentum den archaischen Kulturen der Germanen,Kelten und Slawen Blenden wir nun vom Mittelmccrraum auf den Bereich nördlich der Alpen, in der schon die Germanenmisson "letztlich als ein namenloser Prozeß zu verstehen [war], der sich über mehre Generationen hinzog. Bischofskirchen, Klöster und andere kirch liche Institutionen bildeten nur die Stützen zur Konsolidierung des Erreichten"". Der Übertritt zum Christentum geschah in die sen archaischen Kulturen hauptsächlich dadurch, daß sozusagen nur das Firmen schild der Götter gewechselt wurde,und die bisherigen Riten und Gebräuche mehr oder weniger weiter vollzogen wurden. Dieser Vorgang der Christianisierung hat ähnli ches Gewicht, wie die Umsetzung des Christentums von der jüdischen Wurzel in den hellenistischen Raum". Der Lebens raum des einzelnen war nicht die pluralistische Antike, die unserer Gesell schaft sehr ähnlich war,sondern die Groß familie bzw.die Sippe. Der gemeinschaftsstiftende Hintergrund der Sakramente trat damit zurück. Im Zentrum der Verkündi gung war die Normiemng und gesetzliche Sichemng dieser gemeinschaftlichen Le bensvollzüge. Die Weitergabe von Le benswissen geschah in unserer Sprechweise sozusagen in Archetypen wie Mythen und Riten und in der Verkündigung mit Heiligenviten. Ohne letzteres ist die mittelalterliche Verkündigung undenkbar". Neuansatz unter Karldem Großen Unter seiner Regentschaft wird durch seine Bemühungen zur Reform die kirchli che Situation in klareres Licht getaucht Durch das sog. Eigenkirchenwesen waren die Kirchen in gnindherrschaftlicher Hand und hatten die Aufgabe, einen Schatz im Himmel für die verstorbenen Angehörigen der Herrschaftsfamilie zu erwirken. Die Kirche war mehr oder weniger ein Segment dieser Familien geworden.Sie hatte die Ei genständigkeit verloren. Die Situation für die Verkündiger kann man sich vorstellen; sie waren mehr oder (eher) weniger gebil detes Kultpersonal. Sie waren als Bischöfe Mitglieder eines adeligen Familienclans, und als Priester zumeist Teil des Gesindes eines Feudalherren. Von ihnen wurde verlangt daß sie das Glaubensbekenntnis und das Gebet des Herrn verstehen, und ein minimales Wissen über die Kirchenväter hatten". Wir dürfen annehmen, daß bis zum 12. Jhdt die Hälfte der Geistlichen illiterati waren. Die Predigt wird in dieser Zeit immer wieder an der ersten Stelle der bischöfli chen und priesterlichen Tätigkeit genannt wobei der Schweipunkt weitgehend auf negative Verhaltensvorschriften beschränkt war; "zwar wurden auch Anweisungen für richtiges Handeln gegeben, aber im Vordergrund standen die Verbote"", d.h. das normenkonforme Leben. Kritische Zeiten: 12./13. Jhdt: der KampfumsDeutungsmonopol In diesem Zeitraum ist Bewegung in die mittelalterliche Gesellschaft gekommen;die Folgen der Völkerwanderung werden überwunden; der Handel bekommt neue Impulse; es ist mehr Geld im Umlauf und die Welt wird internationaler. Die Städte schaffen einen geistigen Freiraum, der neue Ideen gebären und zirkulieren läßt". (1) Die Kreuzzugspredigten setzten Massen in Bewegung und sind ein wichti ges politisches Instrumentarium; ohne die Prediger", die entsprechend motivierten, wären die Kreuzzüge nicht zustandege kommen. Predigt und Politik sind eng verbunden. (2) Es kommt zu Versuchen, sich aus kirchenstruktureller Bevormundung zu lö sen, und einen eigenständigen Weg des geistlichen Lebens zu führen. Diese Bewegungen (z.B. Katharer, Waldenser) entfalten eine intensive Predigtlätigkeit, die sie in Konflikte hineinführten. Sie bekamen den Stempel der Ketzer und Häretiker auf gedrückt und werden rigorosen Verfol gungen ausgesetzt". Als weitere Konsequenz wird die Lai enpredigt strengstens verboten. (3) Neue Orden entstehen, die nicht mehr das Modell "die Stadt aufdem Berge" vor Augen haben,sondern als flexible und überregional organiserte Lebensgemein schaften in den Städten leben. Neben den Franziskanern, die als Bewegung die Bin dung zur Kirche suchen, werden die Do minikaner zu begehrten Predigern, was seinerseits Konflikte mit dem Pfanklerus programmiert. Durch diesen Orden, der ursprünglich an den Plätzen von erhöhter Stelle oder einer Holzkanzel aus predigte, wurden die dominikanischen Kirchen ge wissermaßen um die Kanzel hemm gebaut, die damit zu einem fixen Bestandteil der Kirche wurde. Tendenziell war die Predigt nicht in der Meßfeier verortet,sondern hatte einen eigenständigen Platz. (4)In den Dombauten, die nun intensiv betrieben werden, wird die Zweiteilung der Christenheit in Stein gehauen; ein Lettner trennt den Chor(in dem der Klems betet) vom hinteren Teil des Kirchenschiffes, der (ohne Sitzbänke) dem Volke für die Gottesdienste zur Verfügung steht. An diesem Lettner steht denn auch der "Volksaltar"(= Krcuzaltar); vom Lettner herab, somit an erhöhter Stelle, ist gepredigt worden. Dieser Zweiteilung im Kirchenbau entspricht auch eine Zweiteilung im Predigtwesen. Auf der einen Seite die früh- hochscholastische Kloster- und Universitätspredigt, auf der anderen Seite die Volkspredigt. Den Unterschied von beiden illustriert die Anfirage eines Predigtlehrers an Thomas von Aquin, ob: (a) der Stern, der den Weisen im Morgenland erschien, die Gestalt eines Kreuzes,oder die Gestalt eines Menschen oder die Gestalt des Ge kreuzigten gehabt hat? (b) Ob die Hände des neugeborenen Jesuskindes die Sterne geschaffen hätten? etc^. Es gibt somit für den eher klosterinter nen Gebrauch lichtvolle Prediger wie Mei ster Eckehart^S aber in den meisten Fällen findet ein durchschnittlicher Prediger in den Predigtbüchem den Hinweis: die fabulam, was bedeutet,daß er hier wußte,d^ er eine der tausenden Heiligenlegenden zu erzählen hatte, die z.B. in der legenda aureaP- des Jacobus de Voragine zu sammengetragen worden sind. Über den Stellenwert der Predigt im Früh- und Hochmittelalter läßt sich fol gendes feststellen: Die Predigt war das Medium der Wei tergabe von Wirklichkeitsdeutung und Ge schichtsdeutung. Bei den Gottesdiensten und außergottesdienstlichen Predigten kam die Gesellschaft zusammen, nicht nur um der religiösen Weiterbildung und Erbauung willen,sondern weil auch Information über gesellschaftliche Vorgänge weitergegeben
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