hann wollte trotz seiner Arbeit als Koope rator auf apologetischem Gebiet arbeiten und betrieb deshalb naturwissenschaftliche Studien. An eine katechetisch-literarische Tätigkeit dachte er damals noch nicht, er bereitete sich aber gewissenhaft auf die Schule vor, damit legte er den Grundstein für sein späteres katechetisches Wirken. Als 1887 Johann Pfarrer von KleinMariazell wurde, trat auch Wilhelm in die Seelsorgc. Wilhelm konnte sich in der Schule nicht zurechtfinden, besonders bei jüngeren Schülern nicht Wilhelm Pichlcr verwendete für seinen Unterricht die Erklä rung des Kleinen Deharbe-Katechismus von Dr.Jakob Schmitt Wilhelm teilte seine Schwierigkeiten seinem Bruder schriftlich mit,Johann verwies ihn auf die Katechesen von Pfarrer Mey. Es entwickelte sich ein reger brieflicher Gedankenaustausch über katechetische Fragen zwischen den beiden Brüdern. Als 1893 Johann Pfarrer von Maissau wurde und Wilhelm sein Kooperator, ent wickelten sie ihr katechetisches Prinzip. Sie bestärkten sich gegenseitig in der Hochschltzung der Katechesen von Mey und in der Abneigung gegen das damals ge bräuchliche Unterrichtsverfahren im Kate chismus, Frage für Frage zu erklären. In dieser Zeit beschlossen sie, das für die re ligiöse Bildung der Kinder unzureichende, ja schädliche Unterrichtsverfahren zu be kämpfen und nach Möglichkeit das Ver fahren Meys auch für die Mittel- und Oberstufe zur Anerkennungzu bringen. Da beide sich den Aufgaben der Pfarrseelsorge nicht gewachsen fühlten, traten sie 1903 in den Ruhestand und übernah men die Seelsorgc am Spital der Barmher zigen Schwestem in Gumpendorf und den Religionsunterricht an deren Schule. Nun hatten sie die Möglichkeit einer ausgiebi gen literarischen Tätigkeit. Sie veröffentlichten geraeinsam ihre Lehrplanarbeiten in dem Buch Lehrplanfür den katholischen Religionsunterricht an Volks- und Bürgerschulen Österreichs (Wien 1904). Johann gab seine Katholi schen Volksschulkatechesen für die Mittelund Oberstufe ein- und zweiklassiger Schulen heraus. Nachdem diese Arbeit ab geschlossen war,widmete sich Johann ganz dem Religionsunterricht in der Bürger schule.1908 übernahm Johann die Bürger schule der Ursulinen in Wien XVIII. Hier gab er zunächst, um dem Erstkommu nionsdekret Pius X. Rechnung zu tragen, als Ergänzung zu seinen Volksschulkate chesen den Erstbeicht- und Erstkommu nionunterrichtfür das 3. Schuljahr (Wien 1911) und dann die Katechesen fi r die Oberstufe höher organisierter Volksschu len,för Bürger-, Fortbildungs- und Un termittelschulen sowiefi r die Christenlehre (1910-1914)heraus. Als seit 1915 eifrig der Vorschlag erör tert wurde,den Katechismus in zusammen hängenden Lehrstücken mit Einschluß von Fragen und Antworten abzufassen, stellte sich Johann gemäß seiner ganzen kateche tischen Entwicklung sofort aufdessen Seite und verfaßte nach diesen Gmndsätzen einen Katechismus fiir das Volk unter dem Namen Der IVeg zum Leben. Katholisches Religionsbuch mitBeispielen und Bildern. In der Zeit nach 1919- Johann Pichler war Dozent in St. Gabriel- verfaßte er ei nen Schulkatechismus Katholisches Reli gionsbuch (1. Aufl. Missionsbuchhandlung St. Gabriel). Femer stellte er die zweite Auflage des Wegesztim Leben(1921)her. Nach seiner Übersiedlung ins St. Josefs heim der Barmherzigen Schwestem arbei tete er noch die dritte Auflage zum Weg zum Leben aus. 1924 stellten die Ärzte Leukämie fesL Aufgrund dieser Krankheit mußte er die katechetischen Arbeiten voll kommen einstellen, blieb jedoch bis zu sei nem Tod an katechetischen Fragen interes siert®. Da Wilhelm Pichler sein Studium in Rom krankheitshalber abbrechen mußte, wurde er gleichsam zur Erholung als Kooperator nach Patzmannsdorfim Wein viertel geschickt. Die Arbeit in Patzmaimsdorf war nicht allzuviel, in der Hauptsache hatte er Religionsunterricht an den beiden einklassigen Schulen der Pfarrezu erteilen. Der Intellektuelle Pichler stand plötzlich in der Schule, hatte Schwierigkeiten, den Dialekt seiner Schüler zu verstehen und erhielt kaum Hilfe von dem damals vorge schriebenen Katechismus von Deharbe und dem Kommentar von Dr. Jakob Schmitt Sein älterer Brader verweist ihn schließlich auf Gustav Mey. Mey verzichtet auf eine Erklärung des Katechismus und beschreitet den geschichtlichen Weg. Wilhelm Pichler entwickelt auf der Basis von Mey sein ei genes Konzept. Für W.Pichler werden vor allem drei Aspekte bedeutend: 1. Für den Unterricht, zumal auf der Unterstufe, ist der geschichtliche Weg einzuhalten. 2.Die ganze Heilsgeschichte ist zugmnde zu legen, nicht zusammenhanglos ein zelne Szenen und Begebenheiten. 3.Dasgroße Ziel ist die Liebe Gottes'. In einem Nachrufam 20. März1938 im Wiener Kirchenblatt stellt der damalige Professor für Katechetik an der Universität Wien, Leopold Krebs, fest: "Was nun dem Wirken Wilhelm Pichlers eine geradezu weltumspannende Bedeutung gab, ist die Tatsache, daß er es war, der die Methode des Religionsunterrichtes bei den Kleinen aufneue Grundlagen stellte®. Die Methode des 19. Jahrhunderts war es, daß jede Frage im Katechismus vom Katecheten in ihre Teile zergliedert wurde und jeder Teil für sich besprochen wurde. Wilhelm Pichler legte dem Katecheti schen Kongreß in Wien 1912 einen Ent wurf seines "Katholischen Religions büchleins" vor. DiesesBuch war als Schul buch für die Volksschule gedacht Es ist ei ne Verbindung von Biblischer Geschichte, Katechismus,Gebet- und Gesangbuch;den Hauptteil des Büchleins machen die bibli schen Geschichten aus. In diesem Reli gionsbüchlein hat die Unterweisung von der Bibel auszugehen.Das Katholische Religionsbüchlein machte einen Siegeszug durch Österreichs Schulen; bis zum Jahr 1931 wurden 54.000 Stück abgesetzt. 1931 wurde es von Österreichischen Gesamt episkopat für das gesamte Österreich vor geschrieben'. Das "Pichler-Büchlein"- wie es liebe voll genannt wurde-fand große Anerken nung. Prälat Seipel, damals Professor in Salzburg, meinte, es werde sicher ein Schulbuch werden, das alles Bisherige übertrifft; geradezu vortrefflich sei die Ein stellung des ganzen Religionsunterrichtes aufdas christliche Leben^°. Positive Kritik bekam das Religions büchlein auch aus den Missionsländem, so meinte Monsignore Ceska, Apostolischer Präfekt von Niigata in Japan; "Ich freue mich, daß uns durch den Dmck des Reli gionsbüchlein ein Lehrbüchlein der Reli gion beschert wird, wie man es sich für die aus dem Heidentum kommenden Kinder kaum besser denken kann."^^ Klar legt Wilhelm Pichler in der Einlei tung die Prinzipien dieses Religions büchleins dar: Ziel des Katholischen Reli gionsbüchleins ist es, daß das Kind herzlich fromm werde, so daß der liebe Gott, die Engel und die Heiligen ihre Freude an ihm haben. Das Kind soll gerne in diesem Bü chlein lesen, lernen und gerne aus diesem Büchlein beten, denn das Lesen wird im Herzen des Kindes Freude am Guten und Abscheu vor der Sünde wecken'^. Pichlers Wunsch ist es, daß das Kind das Büchlein täglich zur Hand nehme, denn die Lehren in dem Büchlein zeigen dem Kind alles, was es tun muß,um dem Herrn zu gefallen und in den Himmelzu kommen^^ Da das Büchlein als Religionsbuch den Schüler mehrere Jahre begleitet, wird der Lehrstoff in konzentrischen Kreisen erwei tert. Das Katholische Religionsbüchlein ist ein Werk seiner Zeit. Es hält sich an das heÜsgeschichtliche Konzept, kennt natür lich keine kritische Exegese, ist inhaltsori entiert und sieht als Ziel der religiösen Er ziehung,dem Herrn zu gefallen und in den Himmel zu kommen; und doch kann man feststellen, daß das Büchlein weit seiner Zeit voraus war. Pichlcr hat erkannt, daß die Kinder Schwierigkeiten beim Ver ständnis der kirchlichen Sprache hatten. Er war ein Anwalt der edlen und volkstüm lichen Sprache im Unterricht, er wandte sich gegen wissenschaftlich-theologisches Sprechen. Jachym verweist darauf, daß Pichler auf jede Zeile seines Religions büchleins ein bis zwei Stunden täglich ver wendete, um dem Sprachproblem nachzu gehen^"*. Pichler sieht auch bereits die Situiertheit des Kindes als einen wesentlichen Faktor der Verkündigung. Daß er das Kind im christlichen Umfeld sieht, ist sicher zeitbe dingt Ab 1922arbeitet Wilhelm Pichler an ei nem neuen Katechismus in zitsammenhängenden Lehrstücken mit angeschlossenen Fragen und Antworten, gedacht war dieser Katechismus für die Hauptschulen und die höheren Klassen der niederorganisierten Volksschulen. 1927 werden auf einer Sit zung des Episkopates die Richtlinien für einen neuen Katechismus und die Auffor derung zu einem Teilentwurf erlassen. Gmndsätzlich wird gefordert, daß bei der Erstellung des österreichischen Katechis mus der Catechismus Romanus zu Rate zu ziehen ist. Wörtlich fordert Gatterer:"Es ist zu beachten, daß der Katechismus als offi zielles l.chrbuch des Episkopates hinaus63
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