1759 wurde Parhamer Direktor des Waisenhauses am Rennweg in Wien. Als 1783 im Zuge der großen josephinischen Pfarregulierung auch an der Waisenhaus kirche eine Pfarre errichtet wurde, wurde Parhamer ihr erster Pfarrer. Bis zur Verle gung des Waisenhauses aufden Aisergrund (1785)war er weiterhin auch noch Direktor des Waisenhauses. Auch als Pfarrer am Rennweg war Parhamer um anschauliche, Idndgerechte Gestaltung der kirchlichen Feste bemüht, was ihm 1784 folgenden schweren Verweis eintrug; "Der Probst Parfiamer hat verwichenen Hl. Drey Köni gen Tag den 6. Järmer anni currentis die Vorstellung der H. Drey Königen mittelst Ankleidung dreyer Personen und der diesen Königen zugegebenen Schweißrägem, worunter auch ein schwarz angestrichener Mohr begriffen,in der Kirche des Waisen hauses produziert,und diese Personen mit telst Vertretung der Trompeten ordentlich einfuhren und beim Opfer voraus gehen lassen, welches der nunmehr eingeführten, vereinfachten Kirchenandacht schnur stracks zuwider zu laufen scheinet".Parha mer wurde daraufhin scharf aufgefordert, "sich von derlei viel! zu süimlichen Vor stellungen der erhabenen ReligionsGegenständen ... furohin zu enthalten"^. In der Waisenhauskirche ließ Parhamer in einer Seitenkapelle einen eigenen Altar für die Christenlehrbruderschaft errichten; dieser war der hl. Kindheit Jesu geweiht. Die Mensa enthält eine Nachbildung des Grabes des hl. Franciscus Regis, des be sonderen Patrons der Christenlehrbruder schaft Reliefszenen stellen die Kindheit Jesu sowie das Leben des hl. Franciscus Regis dar". Überdies ließ Parhamer in der Waisenhauskirche auch eine Statue des hl. Papstes Pius V., des großen Förderers der Christenlehrbruderschaften, aufstellen^'. Das Frag-Büchlein Parhamers enthielt auch 28 Lieder, die gleichsam als "LiedKatechismus" nochmals alle Glaubensin halte behandelten. So hatte der zweite Ge sang die Sakramente zum Inhalt; die Strophe über die Ehe lautete: Die Eh, das siebend Sacrament, ztvey ledige Personen, zusamm verheyrat zu dem End, daß sie beysammen wohnen: Gott gibt auch Gnad aufdiese Weis, daß sie die Unzuchtfliehen, daß sie die Kinder auch mit Fleiß, recht christlich auferziehen^^. Besonderen Wert legte Parhamer bei seiner Organisation der Christenlehihruderschaflen auch auf die Aufgliedemng der Teilnehmer an der Christenlehre in Al tersklassen und auf die Mitwirkung von Erwachsenen in der Unterweisung und Einübung der Glaubenssätze. Man kann darin ein frühes Beispiel für das Mitwirken von Laien in der Seelsorge sehen. Parhamer unterteilte die Kinder in drei "Schulen": Die erste umfaßte die Kinder von drei bis sieben Jahren. Für diese ord nete Parhamer an "Sobald die Kinder reden lernen, sollen die Eltern, oder KinderWarterinnen die heilige Namen Jesus und Maria ehrenbietig au.ssprechen, und unseren liebwerthesten Vater, und liebreichste Mutter des Himmels erkennen lehren. Da sie hcmach zu einigen Verstand kommen. solle man sie lehren,das heilige Creutz ma chen,und solle man täglich das Vatemnser, den Englischen Gmß, und den Glauben langsam, bedeutlich, und ohne anderem Zusatz vorbetten,und sie nach und nach in Glaubens-Articuln unterweisen". Die zweite "Schule" war vor allem aufdie Vor bereitung zur Erstbeichte und Erstkommu nion ausgerichtet. Sie umfaßte die Kinder von sieben bis zwölfJahren. Lernstoffwa ren nun die Sakramente, die Gebote Gottes und der Kirche,die drei Arten von Sünden und die sieben Hauptsünden. Die dritte Schule war für die Wiederholung des Ge lernten bestimmt. Parhamer weiß um die große Bedeutung der Laienhilfe, vor allem um die Erst- oder Mitverwantwortung der Eltern. Wie später das Waisenhaus am Rennweg, so wurden auch die Christenlehrbruderschaften durch Parhamer fast militärisch durchorganisiert: die Kinder wurden in "Scharen" von etwa zehn Mitgliedern eingeteilt,jede Schar hatte einen Aufseher, einen Ausfraget und einen Ansteller; der Ansteller war ein mindestens zwöl^ähriges Kind, das für die Aufsicht und die Anfühmng seiner Schar verantwortlich war. Jede Schar hatte eine bestimmte Nummer und einen eigenen Schutzpatron. Je zehn bis 15 Scharen bildeten eine Abteilung mit einem Vorge setzten und einer Standarte. Einzug und Abmarsch zur und von der Christenlehre erfolgte in strenger Ordnung. In den "Allgemeinen und besondere Verordnungen der Christen-Lehr-Bmderschaft"^^ist ein eigener Abschnitt der "Eintheilung deren Fahnen"gewidmet: "1.für die kleine Knaben.2. Für die le dige Manns-Bilder.3.Für die verheyrathen Herren.4. Für die kleinen Mägdlein.5.Für die ledige Weibs-Bilder.6.für die verheyrathete Frauen und Weiber. Bey Verfertigung der Fahnen ist zu be obachten: 1. Daß wer gewisser sicherer bestellet werde,welcher die Sammlung für die Fah nen aufsich nimmt. Daß jedes bey seines gleichen sammle, und die ledigen auf ihren Fahn, die Ver heyrathen aufihren Fahn zusammen legen. 3. Daß die vorgeschriebene Färb in je den Ort fleißig beobachtet werde,damit der Unterschied deren Ortschaften desto besser kann erkennet werden. 4. Das der Fahn nicht zu Haus,sondern in der Kirchen aufbehalten werde, auf sei nem bestimmten Ort. 5. Daß der Fahn allezeit schön ordent lich abgeholet,und wieder zurück getragen werden. 6.Daß die Fähn nicht schwer und kost bar gemacht werden, sondern gering, und von leichtem Werth, weilen weit mehr auf den Eifer im Lernen als Kostbarkeit deren Fahnen gesehen wird." Da Parhamer auch Frauen als Ausfrage rinnen 2ailieß, wurde er oft kritisiert, da Christus das Lehramt nur Märmem anver traut habe. Die allgemeine Aufhebung der Bmderschaften durch Kaiser Joseph II. im Jahr 1783 betraf auch die Christenlehrbruder schaften. Wohl hatten diese seit der Einfühmng der allgemeinen Schulpflicht (1774)und die damit eingeleitete Verlagemng des Schwergewichtes des Religions unterrichtes aus der Kirche in die Schule schon an Bedeutung verloren, doch wäre ihr Streben,gerade auch die Eltern und Er wachsenen in die Weitergabe des Glaubens einzubinden, durchaus einer Fortfuhmng wert gewesen. Anmerkungen: ')BulleEx debito vom 6.Oktober 1572. ^ Bulle Ex credito vom 6. Oktober 1697. ^) Vgl. dazu Konrad Baumgartner, Die Seelsorge im Bistum Passau zwischen ba rocker Tradition, Aufklärung und Restau ration(= Münchner Theologische Studien, I. Hist. Abt., 19), St. Oltüien 1975, 298302. ^)Vgl.August Leid!,Lamberg,Joseph Dominikus Rcichsgrafvon,in:E.Gatz [Hrsg.],Die Bischöfe des Heiligen Römi schen Reiches 1648 bis 1803,Berlin 1990, 257-259. ^ Vgl. Bericht von der Christlichen Lehr- und Andachts Bmderschafft ... wel che ... zu Passau den 28. Christmonat im Jahr 1727 auffgericht; Diözesanarchiv Wien(im folgenden DAW),Bruderschaf ten,1728 Juni 21,Beilage. ^DAW,Bmderschaften,1728 Juni 21. ^ DAW, Bmderschaften, 1757 No vember 23. ®)DAW,Bmdeischaften,um 1770. ^Vgl.DAW,Bmderschaften,1732. '0)DAW,Bmderschaften,1732. ")...attenta simul mente peipendimus, praeter caetera Officio nostro concrcdita, id praeprimis vigilem Nostram, singularemque Curam exposcere,ut infantes et parvuli, iiliique Legis Divinae expertes in Articulis Fidei et Doctrina Christiana sedulo et indefesse instmantur,sicque bonls et Christianis moribus imbuti ad curiendam posthac viam mandatomm Dei dirigantur. ^^) Econtra vero" gravem aliquando ob hemm neglectum, districtamque a nobis reddendam Deo rationem agnoscimus, si infantes et parvuli, aliique vel parentibus vel instmctoribus destituti, seu paupertate pressi, sicque vel incuria vel ignavia male educati,annis in mditate transactis ducantur in exitium, secumque alios complures deplorandum trahant in interitum. ")So wurden beispielsweise die Christenlehrbmderschaften in Wiener Neudorf und Biedermannsdorf durch P. Querck er richtet; vgl. Pfarrprotokoll Wiener Neudorf, S. 149 und Pfanprotokoll Bieder mannsdorf,fol. 37r-40v. Vgl. Baumgartner (wie Anm. 3) 303-311; Georg Rieder, Ignaz Parhameris und Franz Anton Marxens Leben und Wir ken,Wien 1873,S.418-431. DAW,Pfarrakten Pfarre am Renn weg,1784. "^)Vgl.Die Kunstdenkm^er Wiens. Die Kirchen des III. Bezirks(= Österreichische Kunsttopographie 41),Wien 1974,S.308f. ^')V^.Rieder(wieAnm.14)419. ^®)Zitiert bei Baumgartner(wie Anm.3) 306,Anm.109. '')DAW,Bmderschaften,um 1755. 60
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