Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

bekämpfen zu können. Mit ihrer Hilfe versuchte er auch, Ungampolitik zu machen. Schließlich rebellierten die Söldnerfiihrer selbst, weil sie nicht entsprechend bezahlt wurden. Schon bei seinem ersten Konflikt mit den Österreichern war es im Grunde um ein solches Finanzproblem ge gangen, deim er sollte die von den Kriegen seines Vorgängers Albrecht herrührenden Schulden bezahlen, d.h. das Land von den noch unbezahlten Söldnern befreien. Be sonders die volksnahe Chronistik ist voll von Klagen über die schlimmen, unruhigen Zeiten und dementsprechend kritisch ge genüber Friedrich. Schmähschriften gegen ihn,Nachrichten,daß er von der Kanzel aus angegriffen wurde, und schließlich die zahllosen ihm übersandten Fehdebriefe (bekannt die Mailberger Urkunde) bezeu gen, wie unzufrieden man mit ihm in Osterreich war. Im Reich nahm man ihn hauptsächlich zur Kenntnis, wenn er persönlich dort er schien, was nur zu Beginn seiner Königs zeit und dann nach langer Pause erst wieder in den siebziger und achtziger Jahren der Fall war. Absetzungspläne oder, als er Kai ser geworden war,Bemühungen,ihm einen römischen König an die Seite zu geben, sind ein Indiz der auch hier vielfach negati ven Einschätzung. Letztlich konnte er aber am Frankfurter Reichstag 1486 gerade in seiner offenkundigen Schwäche,vom Ungamkönig aus einem Teil seiner Erblande vertrieben,eine bisher unbekannte Loyalität der Reichsstände inspirieren. Die Wahl sei nes Sohnes zum römischen König sicherte die habsburgische Sukzession im Reich. Das literarisch ansprechendste Fried rich-Bild hat ohne Zweifel Aeneas Silvio gezeichnet. Er verdankte Friedrich viel, blieb ihm dafür aber bis in die päpstliche Zeit verbunden,wasfreilich keineswegs ei ne unkritische Haltung bedeutete. Der junge Sekretär schon wünschte sich seinen Herrn energischer und mehr auf äußeren Eindmck bedacht, weshalb er ihm diesbe zügliche Empfehlungen vorlegte. In den Briefen erhalten wir Einblick, wie das Le ben an Friedrichs Hof wirklich war. Belu stigt berichtet Aeneas, wie der König sich am liebsten in seine geliebten Gärten zu rückzieht, dann klagt er wieder über die Kleinlichkeit der Verhältnisse. Auch wenn er sich über Friedrichs Art oft wunderte, fand er im Gegensatz zu Ebendorfer, der ihn letztlich gekränkt als undurchschaubar abtat, menschlichen Zugang zu ihm und im Laufe der Zeit bedeutenden politischen Einfluß. So sind seine Geschichtswerke nicht zuletzt Rechtfertigungsschriflen seiner selbst und seiner Ratschläge an Friedrich, besonders was die Aufgabe der kirchlichen Neutralität und diei^erkennung PapstEu gens rV. betrifft. Über Friedrich III. als Person sagen sie mehr aus als alle unsere anderen Quellen. Auch bei Aeneas findet sich einmal ein großes vergleichendes Doppelpoilrät, deim in der "Europa" stellt er die ungleichen Bruder Friedrich und Al brecht einander gegenüber,wobei er natür lich für Friedrich spricht, dessen Verläß lichkeit und integeren Charakter hervor hebt, doch einräumen muß, daß das Volk Albrecht vorzieht Aeneas kannte König Friedrich nicht nur sehr gut aus eigener Anschauung, sein Menschenbild war auch differenzierter als das der meisten Zeilge nossen, so daß er Einzelheiten für erwäh nenswert hält die diese entweder gar nicht beobachteten oder für unerheblich hielten. Er beschreibt z.B. auch Friedrichs äußere Erscheinung, die sonst kaum erwähnt wird. Auch wenn Friedrich ikonographisch gut bezeugt ist, interessiert uns das literarische Porträt des Aeneas. Als relativ hoch ge wachsen und von guten, wenn auch stren gen und nicht besonders ausdmcksstarken Gesichtszügen konnte Friedrich durchaus einnehmen,nach Aeneas fanden die Italie ner den romreisenden König als Person eindrucksvoll. Die Aufinachung des Krö nungszuges aber und das Auftreten Fried richs, der nie selbst sprach, erschienen manchem italienischen Zeitgenossen, wie wir aus ihren abwertenden, oft spöttischen Äußerungen wissen, viel zu bescheiden. Noch viel ärmlicher wirkte der Aufzug bei der zweiten Romreise 1469, schon durch die wegen des Ablebens der Kaiserin gebo tene Trauerkleidung und einem deutlich gealterten Kaiserin In Italien wurde Fried rich zu seinem Nachteil am Idealbild des Renaissancefürsten gemessen,aber auch die Erwaitungshaltungen der Deutschen einem Fürsten gegenüber konnte er oft nicht er füllen. Er war kein Krieger,selbst Jagd und Turnier verabscheute er und erschien in seinen späteren Jahren nicht mehr zu Pferd, sondern benützte einen Wagen,was ihn für viele Zeitgenossen verächtlich machte. Anmerkungen; 1) Vgl. Emst Schubert, Einfühmng in die Gmndprobleme der deutschen Ge schichte im Spätmittelalter(Grundprobleme der deutschen Geschichte), Dannstadt 1992,mit der dort angeführten neueren Li teratur. ^) Heinrich Koller, Neuere Forschungen zur Epoche Kaiser Friedrichs III., in: Be richt über den 15.Österreichischen Histori kertag in Salzburg 1981 (1984) 42-47. Heinz Angermeier, Deutsche Reichstags akten unter Maximilian I., Bd. 1: Reichstag zu Frankfurt 1486, Göttingen 1989, Einleitung. ^) Leopold von Ranke, Deutsche Ge schichte im Zeitalter der Reformation I., in: Die Meisterwerke. Hrsg. von Willy An dreas,Bd.3., Wiesbaden-Berlin 1957,49. *)Koller(wie Anm.2)44f. ®) Zu den Geschichtsquellen der Zeit vgl. Alphons Lhotsky, Quelleiikunde zur mittelalterlichen Geschichte Österreichs, Graz-Köln 1963 und Paul Uiblein, Die Quellen des Spätmittelalters, in: Die Quel len der Geschichte Österreichs. Hrsg. von Erich Zöllner. (Schriften des Instituts für Österreichkunde 40), Wien 1982, 50-113. Zur Darstellung Friedrichs III. vgl. Brigitte Kaller, Kaiser Friedrich III. im Urteil der Zeitgenossen (Wiener Dissertationen aus dem Gebiete der Geschichte 5), Wien 1965. Dort besprochene Quellenstellen werden hier nicht eigens nachgewiesen. ^)Ferdinand Tremcl, Studien zur Wirt schaftspolitik Friedrichs III. 1435-1453,in: Carinthia 1146(1956)549-580,bes.551. ^ Vgl. die Einleitung Kollers zu Heft 1 der Regesten Kaiser Friedrichs III., WienKöln-Graz1982,bes. 13ff. ®) Richard Perger,Die "öde Kirche" und der Gang nach St.Stephan.Zwei unvollen dete Wiener Bauprojekte Kaiser Friedrichs III., in: Wiener Geschichtsblätter 48(1993) 65-78,wo Perger eine Edition des gesam ten Schriftverkehrs des Kaisers mit dem belagerten Wien ankündigt. ') Walter Koch, Ein Augenzeugenbe richt über den Einzug des Königs Matthias Corvinus in Wien, in: Unsere Heimat 44 (1973)56-59. ^°) Veröffentlicht im Anhang zu Karl Nehring, Quellen zur ungarischen Außen politik in der zweiten Hälfte des XV.Jahr hunderts.Sonderdruck,Budapest1976,42. ")Johannes Cuspinian, Austria, Frank furt 1601,67. Vgl.Jost Trier, Die Idee der Klugheit in ihrer sprachlichen Entfaltung, in: Wortfeldforschung. Zur Geschichte und Theorie des sprachlichen Feldes. Hrsg. von Lothar Schmidt, Darmstadt 1973, 41-54, bes.49. '^)Johann Rainer, Die zweite Romfahrt Kaiser Friedrichs III., in: Geschichte und ihre Quellen, Festschrift für Heinrich Hausmann zum 70.Geburtstag. Hrsg. von Reinhard Härtel,Graz 1987,183-190. Vorschau: Die nächsten Zusammenkünfte des "Historischen Arbeltskreises" finden am 18. Oktober (Thema: Verehrung des hl. Veit) und am 22. November (Thema: Zur Geschichte des Deutschen Ordens in der Erzdiözese Wien) jeweils Stephansplatz VI/5,Saal 1,statt Das Dezemberheft der Beiträge wird das Thema "Zur Geschichte des katholischen Katechismus" behandeln. Beiträge für dieses Heft werden sehr herzlich an die Redaktion erbeten. Wiener Diözesanblatt: Inhaber: Erzdiözese Wien (Alleininhaber). Herausgeber: Erzb. Ordinariat. Redaktion: DIözesanarchiv Wien (Dr. Johann Weißensteiner). Satz: Diözesanarchiv Wien. Alle: 1010 Wien, Wollzeile 2. - Hersteller: Herold Dnick- und Verlagsgesellschaft m.b. H.,1030 Wien,Faradaygasse 6. - Das"Wiener Diözesanblatt" ist das offizielle Amtsblatt der Erzdiözese Wien. 52

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