consisüt, Antike und mittelalterliche Herr scher-Auffassungen am Grabmal Fried richs III. in Wien, Sonderheft Nr. 289 des Jahrbuches der Kunsthistorischen Samm lungen in Wien, ^Joss-Benna(wie Anm.11)498;Zelfel(wie Anm.1)125ff. Wien,Haus-,Hof- und Staatsarchiv, Hofakten des Ministeriums des Inneren, Karton 7, Bischof Urban Sagstetter von Gurk an die NÖ. Regierung, o. 0. u. o. D. Joss-Benna(wie Anm.29)48ff. Das Friedrich-Bild der Zeitgenossen Von Brigitte HaUer-ReiiTenstein Wenn das lange eher weniger bearbei tete Spätmittelalter die Historiker in letzter Zeit wieder stärker beschäftigt^ fuhrt das zwangsläufig zu einer neuen Auseinander setzung mit der Person Friedrichs III. Er stehtam Ende dieser Periode,seine Kaiser krönung war die letzte, die in Rom statt fand, und dazu war er mit 53 Regierun^- jahren der bei weitem am längsten amtie rende römisch-deutsche König überhaupt. Besonders die Forschungsuntemehmungen, die mit der Aufarbeitung der enormen Quellenmassen seines Zeitalters befaßtsind, haben zu einer bemerkenswerten Revision des Friedrich-Bildes geführt^. Zwar hatte schon Ranke recht pointiert an der traditio nellen Abwertung dieses Herrschers Kritik geübt^ doch zu seiner Zeit nicht viele überzeugt, was einerseits an den vorherr schenden Anschauungen des 19. und frü hen 20.Jahrhunderts lag,aber auch an vie len zeitgenössischen Äußerungen über Friedrich III., die eine sozusagen quellenfundierte Aburteilung nahelegten. Wenn schon der zeitgenössische Augsburger Chronist meint, er regiert nit wol, erweist sich sein offensichtliches Versagen als Reichsoberhaupt. Friedrichs habsburgische Hausmachtpolitik war man immer geneigt etwas positiver zu bewerten, weil er die Erwerbung Burgunds zustandebrachte und die gesamten Erblande in einer Hand ver einigen konnte. Heinrich Koller,der die Neuausgabe der Regesten Friedrichs betreut, hat auffallende Unterschiede in der Aktivität des Herr schers beobachtet, bei dem weniger aktive Phasen von solchen größerer Aktivität und erfolgreicheren politischen Handelns abge löst werden(schon an der Zahl der von ihm ausgegangenen Dokumente abzulesen). Folglich sollten zeitgenössische Äußerun gen über Friedrich III. nicht nur im Hin blick auf die Umstände und eventuellen Absichten des Verfassers,sondern auch im Hinblick darauf, auf welche Phase der Re gierungszeit Friedrichs sie sich beziehen, interpretiert werden^. Es zeigt sich nämlich, daß sich die an und für sich reich vorhan denen Qucllenberichte sehr ungleich auf die Regierungszeit verteilen, die frühen Jahre sehr viel besser bezeugt sind als die späten®. Historiker sollten also Urteile über den jüngeren Herrscher nicht ohne weiteres als endgültige Aussage über die gesamte Regiemng übernehmen. Trotz all dieser sehr berechtigten und beherzigenswerten Einwände läßt sich nicht leugnen, daß Friedrich III. kein populärer Herrscher war. Die Zeitgenossen haben ihn in der Regel nicht geliebt wie so manchen anderen Herrscher, dem sie selbst bedenk liche Charaklerzüge vergaben. Friedrich III. war nach altem, was wir von ihm wissen. alles andere als eine charismatische Erscheinung und pflegte, wenn er auftrat, die Mitmenschen nicht unmittelbar einzu nehmen. Außer daß er Wert auf das ihm gebührende Zeremoniell legte, versuchte er auch nicht, seine Zeitgenossen zu beein drucken oder gar ihre Reaktionen durch gezielte Propaganda zu lenken, wie es sein Sohn Maximilian später so meisterhaft verstand. Eindmck konnte allenfalls Fried richs Überzeugung von der eigenen Würde machen, sein unbedingtes Beharren auf seinen Positionen und die langen Jahre seiner Regiemng,so daß er die meisten sei ner Feinde überlebte. Als der Kaiser im August 1493 endlich doch starb, war man bereit, ihm auch wohlwollendere Nachrufe zu widmen. Das Begräbnis in Wien versammelte eine große Menge prominenter Teilnehmer. Bernhard Pergers Leichenrede war, weil auch im Druck verbreitet,einem größeren Publikum bekannt.Das von Perger entworfene Fried rich-Bild beschränkt sich im wesentlichen auf zwei Bereiche, die Gläubigkeit des Menschen Friedrich und die Zielstrebigkeit und Behaalichkeit des Herrschers, wo es um die Bewahrung und Vermehrung des Herrschaftsgebiets ging. Persönliche Frömmigkeit kennzeichnete Friedrich nicht erst im Alter, sondern ist uns als durchge hendes Charakteristikum aus den Quellen bekannt Sie ist von den Zeitgenossen im mer gerühmt worden,auch von solchen,die mit seiner Kirchenpolitik nicht einverstan den waren.Perger verbreitert sich ausführ lich über Fri^richs religiöse Stiftungen und die Bistumsgründungen, die er gewiß einseitig bloß als Ausfluß dieser Frömmig keit sieht. Der Herrscher, den Perger vor stellt, nimmt seine Aufgabe, "Augustus", also Mehrer des Reichs zu sein, so ernst, daß er aufkeinen Anspmch verzichten will, lieber ins Exil geht als sich zu territorialen Zugeständnissen an Matthias Corvinus bereitzufinden. Interessanterweise erwähnt Perger in diesem Zusammenhang auch,daß es Friedrich gelungen sei, die, wie er über treibend sagt, bloß nominelle Herrschaft der Habsburger in Kämten und Krain in eine tatsächliche zu verwandeln. Diese Bemü hungen reichen bis in Friedrichs Herzogs zeil zurück,als seine Auseinandersetzungen mit den Cilliem begannen, die die schmerzlichste Enklave in seinen Erblan den bildeten. Wenn abfällig über Friedrich geurteilt wird, bedenkt man oft nicht, wie schmal seine Ausgangsbasis zum Zeitpunkt seiner Königswahl war, denn die in nerösterreichische Linie hatte das bei wei tem finanzschwächste Territorium, eben wegen der vielen fremden Herrschaften auf ihrem Gebiet®. Das erklärt auch, wamm Friedrich das Cillicrerbe so unbedingt an sich bringen wollte und dabei unbedenklich über die Ansprüche seines ehemaligen Mündels und Neffen Ladislaus hinweg ging. Friedrich stellte auch die Weichen für den Anfall des Erbes der Görzer und be mühte sich erfolgreich um die Kontrolle der Bistümer gerade in diesem Gebiet. Als Perger sprach, war Wien und Nie derösterreich nach dem Tod von König Matthias schon eine Weile wieder habsburgisch. Während der siebziger und acht ziger Jahre erschien der Kaiser den Zeitge nossen freilich kaum als Mehrer seiner Territorien, waren sie doch Zeugen wie er sich 1477 fluchtartig vor den Ungarn aus Wien nach dem Westen hatte zurückziehen müssen und dann ab 1482 Stück für Stück Niederösterreichs an den Ungamkönig verlor. 1482 hatte sich der Wiener Arzt Jo hann Tichtel noch geehrt gefühlt, als ihm der Kaiser bei der Audienz anlälJlich der Verleihung der medizinischen Venia freundlich die Hand reichte. Bald darauf trug er im hungernden belagerten Wien nur mehr bittere Bemerkungen über Friedrich in sein Tagebuch ein, um ihm schließlich ein verächtliches Vale zuzurufen, als die Stadt ungarisch wurde. Pfaner Unrest aus Kämten wunderte sich, daß Friedrich of fenbar ungerührt auch Wiener Neustadt preisgab,wo er doch gerade diese Residenz so geliebt hätte. Ob der Kaiser bei seinen militärischen und finanziellen Möglichkei ten und auch der nicht durchwegs loyalen Haltung der Österreicher und mangelnden Unterstützung durch das Reich überhaupt eine wirkliche Chance gegen Matthias Corvinus gehabt hätte, läßt sich schwer entscheiden. Tatsache ist, daß sich seine Untertanen von ihm verraten fühlten. Tich tel ist keineswegs der einzige, der ihm negligencia und Geiz vorwirft. Da Fried rich III. - wahrecheinlich doch zu Unrecht - als unermeßlich reich galt, nahm man ihm die unterlassene Hilfe umso mehr übel. Unter Friedrich III. kam es zu einer ge waltigen Zunahme des Schriftverkehrs, wobei der Kaiser selbst ganz besondere am Prozeßwesen interessiert war, aber auch in die sonstigen Kanzleigeschäfte oft persön lich eingriff. Er war ein äußerst fleißiger Verwalter'. Trotzdem sind die Klagen sei ner Untertanen und ausländischer Gesand ter I.^gion,daß Schreiben oder Botschaften lange ohne Antwort blieben. Dabei i.st sichtlich zwischen Fällen zu unterscheiden, wo die Hinauszögerung Taktik war (und solche kamen häufig vor) und denen, wo der umständliche Geschäftsgang an der Langsamkeit schuld war. Auf alle Fälle er regte der Kaiser damit großen Unmut und verärgerte selbst treue Anhänger. Auch Tichtel weiß von wochenlang nicht beant worteten Briefen des bedrängten Wien. 50
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