Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

beschädigt. Friedrich III., der ja der in nerösterreichischen Linie entstammte und den steirischen Ländern stets gewogen war, betrieb wohl aus Traditionsbewußtsein ab etwa 1461 die Fertigstellung und Einwölbung der Kirche, noch dazu hatte er seit seiner Jugend eine Vorliebe für den Kartäuser- und den Zisterzienserorden'*®. Mit der 1461 bezeichneten Inschrift an der Ostwand war der Chor vollendet, die In schrift von 1470 mit Namen und Devise Friedrichs im Presbyterium bezeichnet wohl den Abschluß der Einwölbung und der Errichtung des erhaltenen mächtigen spätgotischen Dachstuhls. Das Weihedatum 1471 impliziert auch die Fertigstellung der Gewölbemalereien mit dekorativen Rankenmotiven. Wie aus der Jahreszahl 1496 über der Westrose ersichtlich, zogen sich die Arbeiten jedoch bis zur Jahrhundertwende''^ Neuberg ist ein Bei spiel der vollständigen und harmonischen Verbindung zweier, im Sinne ungestörter, einheitsstiftender Ausgewogenheit inte grierter Stüstufen. Diese Besonderheit wirkte weiter,auch die frühbarocken Altäre fugen sich harmonisch dem Raum ein. Zum Grazer Dom zurückkehrend sind die beiden, fragmentiert erhaltenen Christophoms-Wandbilder über den beiden Seitenportalen zu erwähnen. Sie stammen aus der Zeit um 1460 und könnten die Dar stellung des Heiligen mit einer Repräsenta tion Friedrichs verbinden''^. Wie Hanna Egger meint, köimten sich beide Darstel lungen auf Friedrich beziehen, der ein be sonderer Förderer der im 15.Jh. starken Christophoms-Verehrung war. Auf diese Möglichkeit weisen besondere Eigenschaf ten hin: an der südlichen Darstellung der steirische Erzherzogshut, an der nördlichen physiognomische Eigenheiten, die mit Ge sichtszügen am Vorauer Bildnis Friedrichs verwandtsind. Dieses repräsentative Portrat wurde um 1460 in Auftrag gegeben und lehnt sich - unter Verarbeitung niederlän disch-realistischer Einflüsse-im Typus an das Porträt Rudolfs IV. im Wiener Diözesanmuseum an'*'. Auch ein hl. Os wald im Grazer Joanneum scheint die Ge sichtszüge Friedrichs zu besitzen und ist insofern mit dem Vorauer Bildnis ver wandt. Die Figur wirkt wie eine vor einen flächig konzipierten Hintergrund gesteUte Plastik, die Pacht von einer "Kombination kompakter Körperauffassung mit omamentalerFlächi^eit"sprechen ließ'*''. In Wien konzentrierte Friedrich seine Bautätigkeit vor allem auf zwei Aufgaben, die schon im Programm seines großen Vorbildes Rudolf IV. eine große Rolle spielten: Die Hofburgkapelle und SL Stephan. Wie Marlene Zykan im Gegensatz zur älteren Forschung nachweisen konnte"^, sind für den spätgotischen Ausbau der im letzten Drittel des 13. Jhs an dieser Stelle angelegten Burgkapelle im 15. Jh. zwei Bauphasen in Betracht zu ziehen, deren er ste unter Albrecht V. 2wischen 1423 und 1426 erfolgte, also durchaus noch zur "Hochzeit des Weichen Stils" und mit Bauleuten von St. Stephan in Zu sammenhang gebracht werden kann.Dage gen bezeichnet die zweite friederizianische Bauperiode zwischen 1447 und 1449 den Beginn eines neuen realistisch ausgerichte ten Stils, wie er auch in den bildnerischen Künsten beobachtet werden kann. Unter Friedrich erhielt die "Chorfassade", der nunmehr nach Verbauung der übrigen Teile in den folgenden Jahrhunderten in den Ka pellenhofragende Ostabschluß,ihr interes santes Struktursystem, indem zwischen die Strebepfeiler nischenariige Einsatzkapellen gespannt sind. Die reichen Dekorationsformen entsprechen zum Teil denen des In nenraums, wie die Figurenbaldachine an den äußeren Chorstrebepfeilera denen des Iimenraumes verwandt sind. Der firiederizianischen Stilstufe gehört wohl auch die Gewölbeform an, ein von Rauten durchdmngenes 3jochiges Kreuzgratgewölbe, das im Choijoch mittels DreistrahlbÜdung stemfonnig gestaltet ist. Im Zuge der Re staurierung des Innenraums 1977 konnten nicht unbeträchtliche Teile der friederizianischen Erstpolychromie an den Rippen sowie Reste szenischer Darstellung mit Landschaflselementen und einer Stadt kulisse festgestellt werden^^.Ob die hölzer nen Baldachinfiguren des Inneren,wohl um 1480-85 entstanden,für die Kapelle ange fertigt wurden,läßt sich nicht eindeutig be antworten. Sie differieren in Größe und Ausfühmng, körmen aber auf Gmnd stili stischer Ähnlichkeit mit dem verbrannten Chorgestühl von St. Stephan in die Nach folge des Niclas Gerhaert gestellt werden'". Friedrich griff bekanntlich den alten Plan der Errichtung eines Wiener Bi schofssitzes wieder energisch auf und in diesem Zusammenhang ist seine Bautätig keit für St. Stephan zu sehen. Mit der Bi stumsgründung steht wohl auch das Kon zept eines zweiten Hochturmes in Zusam menhang. Damit wurde eine Idee Rudolfs IV. wieder aufgenommen, der damit der von ihm angestrebten Bistumsgründung vorgreifen wollte''®. 1450 wurde der Grundstein zum zweiten,nach dem Vorbild des Südturmes gestalteten, Kolossalturm, gelegt. 1467, knapp vor der Bistumsgrün dung,wurde der Bau durch persönliche In tervention Friedrichs zielstrebiger vorange trieben. Mit der Planung wird meist Hans Puchsbaum in Verbindung gebracht, ab 1467 leitete sein Nachfolger Lorenz Speyng den Bau, 1511 wurde der Ausbau eingestellt. Die Bedeutung Puchsbaums für St. Stephan lag mehr in seinen, den Kir chenraum selbst wesentlich bestimmenden, Planungen. Durch das Aufsteilen des Mit telschiffs wurde das Langhaus, dem Grazer Dom vergleichbar,zur Staffelhalle und bil det dadurch ein Gegengewicht zum hohen Südturm bzw. zum geplanten Turmpaar^®. AufPuchsbaum gehen auch die Knickrippensteme des Gewölbes und die für den Raumeindruck bestimmenden Figurenbal dachine an den Langhauspfeilem und die Umgestaltung der Westempore zurück. Mit Puchsbaums Tätigkeit erfuhr die Wiener Bauhütte einen großen, weithin ausstrahlenden Aufschwung. Um nur eini ge Beispiele zu nennen, seien die um die Steyrer Stadtpfarrkirche gruppierten Bau ten, die Stadtpfankirche von Eggenburg oder die Kremser Piaristenkirche genannt. In Krems läßt die reiche Pfeilergliedemng mit Figurenbaldachinen Zusammenhänge mit St. Stephan erkennen, das sechsstrahlige Netzgewölbe ist dem der Kremser Spi talskirche verwandt, dessen Portal das AEIOU und die Jahreszahl 1470 trägt^. Mit dem in neun Szenen erhaltenen Passionszyklus an der östlich an den Süd chor angebauten ehemaligen Schatzkam mer von St. Stephan ist eine für die Kunst um 1470/80 bedeutende Wandmalerei überliefert. In der die Einzelfigur isolieren den Darstellungsweise, den landschaftli chen Elementen und Lichteffekten manife stiert sich ein für die Österreichische Male rei dieser Zeit signifikanter Einfluß der nie derländischen Tafelmalerei, wie er auch durch den Schottenraeislcr vermittelt wurde^^ Auf diese mit dem Albrechtsmei ster etwa zu Beginn der Regierungszeit Friedrich III. von Wien ausgehende stüistische Wende der Österreichischen Kunst, die auch bald nach Friedrichs Tod in den Donaustil übergehl, kann hier nur verwie sen werden. Ebenso auf die schon vielfach behandelte^^ Bautätigkeit in Friedrichs Lieb lingsresidenz Wiener Neustadt, wo er wohl "die persönlichste Bautätigkeit" entfaltetet^- und die mit dem Baumeister Peter Pusika verbunden wird. So wurde der Chor der Pfankirche, dem späteren Dom, mit den 1449 bezeichneten und mit Devise und Wappen versehenen oratoriumsartigen Herrscheremporen ausgestaltet. Friedrich hatte hier auch mehrere Klöster gegründet bzw. Ordensverlegungen vorgenommen. Bemerkenswert für die Kunst der Jahrhundertmitte ist der 1453 durch Peter Pusika erfolgte Umbau des Neuklosteis,wo durch die Absenkung der Mittelschiff wölbung ein gedrückter Raum mit Netzrippengewölben auf kantonierten Pfeilern realisiert wurde. Die 1437 einsetzende Neugestaltung der Burg ist wohl die Hauptaufgabe der Wiener Neustädter Bautätigkeit. Der Vierflügelty pus des 13. Jhs. wurde beibehalten, im Westtrakt wurde über der Torhalle die rechteckig geschlossene Georgskapelle er richtet. Sie gilt landläufig als Paradebeispiel friederizianischer Architektur. Die 14491460 erbaute, dreischiffige Säulenhalle wird ringsum von der umlaufenden Empo re umzogen, wodurch eine Trennung von Kaiser und Hofstaat ermöglicht wurde. An der äußeren, nach Osten gerichteten Chor fassade demonstriert die Wappenwand den Machtanspruch Friedrichs und seines Hau ses. Das große Mittelfenster wird von 95 Wappen nach der Chronik der 95 Herr schaften des Leopold Steinreuther um rahmt. Über dem Fenster, als Bekrönung der giebelförmig abgetreppten Um rahmung, befindet sich die Statuengruppe der von Heiligen flankierten Madonna, in der Parapetzone die in eine Baldachinni sche gestellte Standfigur Friedrichs mit den Insignien eines steirischen Herzogs. Seitlich wird er von den 14 Wappen der habsburgischen Lander umrahmt, auf denen auch seine Devise und die Jahreszahl 1453 fest gehalten ist. Abschließend sei noch das berühmte 46

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