Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Bayerischen Staatsbibliothek ein, benpnt nach dem deutschen Brevier Kaiser Fried richs,das nach Fillitz" auf Grund der Dar stellung der kaiserlichen Familie auf den beiden Titelseiten zwischen 1466 und 1467 entstanden sei. Schmidt®® datiert die Miniaturen dagegen aus stilistischen Grün den um 1475/80. Die Haltung dieses Mei sters ist im Vergleich zu Zeitgenössischem ungewöhnlich konservativ, da er Formen und Motive des Weichen Stils beibehält. Nach Schmidt ermöglicht ihm gerade diese retrospektive Haltung, der allgemeinen Problematik der spätgotischen Buchmalerei in ihrem Konflikt zwischen dekorativer Aufgabe und realistisch orientiertem Zeitstil mit naiver Selbstverständlichkeit zu entgehen. Bekanntlich hat Friedrich in seinem Notizbuch, das er bald nach seiner Rück kehr von seiner Pilgerreise ins Hl. Land, 1437 anlegte, vermerkt, daß alle seine Stif tungen und all sein Besitz die berühmte Devise,die fünf Buchstaben AEIOU tragen sollen®'. Auf die Deutung und auf den Symbolgehaltkann hier nicht weiter einge gangen werden, es sei an dieser Stelle nur vermerkt, daß Friedrich in Büchern sein AEIOU in kostbarer Ausführung anbringen ließ; in Prunkhandschriften vielfach in Goldschrift und mit der Initialschlinge ver sehen,in besonders schöner Ausfühmng in seiner sogenannten Handregistratur von 1446im Haus-,Hof- und Staatsarchiv,wo die Buchstaben und die Schlinge golden aufdunkelrotem Grund stehen. Die Devise begegnet auch an vielen kunstgewerblichen Arbeiten, wovon bei spielhaft der berühmte Wiener Neustädter Corvinusbecher®® und der sogenannte Herbersteinpokal®® herausgegriffen seien. Auch auf Münzen, dort allerdings relativ spät, und auf den Siegeln Friedrich III. tritt sie auf®^. Auf Werken der Malkunst ist sie kaum zu finden,wohl am Wiener Neustädter Al tar in der Wiener Stephanskirche, der die Jahreszahl 1447 trägt, aber zur kirchlichen Einrichtung gehört. Eben an und in Kir chen,an der malerischen Ausstattung, viel fach erst bei Restaurierungen der letzten Jahrezum Vorschein gekommen,oder auch an Glasfenstem ist sie öfters zu finden. Friedrich nennt in der oft zitierten Stelle seines Notizbuches an erster Stelle, an de nen seine Buchstaben angebracht sein soll ten, die Bauten®®. Dadurch werden diese Werke aus der Anonymität, die dem Hochmittelalter eigen war, herausgehoben. Dem mittelalterlichen Denken entspricht jedoch die Bezeichnung mit dem Herr scherattribut insofem, als damit der Bestel ler bzw. der Bauherr als der Urheber des Werkes betrachtet wurde,und dem Künst ler nur die Rolle des ausführenden Organs zukam®®. Die Anbringung der Devise be schränkte sich nicht nur auf repräsentative Gebäude, sie tritt auch an Nutzbauten, die der Allgemeinheit dienten, und Fortifikationen auf®®. Wie Feuchtmüller feststellte, sind die Bauten, die die Devise aufweisen, in ihrem Verwendungszweck verschieden und ent sprechen auch keinem stilistischen Zusam menhang®®. Friedrichs Bautätigkeit ist insgesamt in ihrem Umfang recht erheblich und von verschiedenen Stilstufen geprägt, wobei auch hier eine gewisse, auf ihn zurückzu führende konservative und retrospektive Grundhaltung nicht zu übersehen ist®®. Mit Bruchei^ kann man von mehreren Bau zentren während seiner Regierungszeit sprechen. Von Gestaltungsprinzipien des Weichen Stils ausgehend zeichnet sich um 1430 auch in der Architektur der allgemeine Stilwandel ab®'. Der Verblockung in der Malerei und Skulptur dieser Zeit entspricht dabei auch in der Architektur die Tendenz zur Blockhaftigkeit und zu relativ niedri gen, breitgelagerten Räumen, wie sie beim 1438 als Hofipfarrkirche SL Ägydius be gonnenen Grazer Dom beobachtet werden kann,ja dieser Kirchenbau kaim mit Wag ner-Rieger®® geradezu als Prototyp einer für das zweite Jahrhundertviertel typischen Verblockung angesehen werden, als ein demnach für die Entstehungszeit durchaus modemer Bau, der gleichwohl eine ganze Reihe rückgewandter Züge in sich trägt. Durch diese Polarität ist er ein Paradigma fiiederizianischer Baugesinnung. Residuen basilikaler Architektur des 13. Jhs., wie der dem Quadrat angenäherte Langhausgmndriß, die durch Staffelung des Lang hauses in basilikalem Sinn herbeigeführte Betonung des Mittelschiffes, eine dem kantonierten Pfeiler angeglichene Stützen form, werden mit raumvereinheitlichenden Hallenlösungen des. 14. Jhs. in eine Syn these gebracht. Auch St. Marein bei Knittelfeld, von Niklas Velbacher erbaut und am Triumphbogen mit den Namen Herzog AJbrecht und König Friedrich sowie der Jahreszahl 1447 bezeichnet, ist stilistisch durchaus ein modemer Bau, dessen deko rative Ausgestaltung Formen des 13.Jhs. in einer Art Neoromanik aufgreift und mit dem System der zweischiffigen Hallenkir che verbunden wird®®. Friedrich ließ über dem mit einem "modernen" Kielbogen umrahmten West portal des Grazer Domes, dessen Gewän defiguren wieder ein retrospektives Ele ment beibringen, das Bracher®^ als be wußten Rekurs auf das Singer- bzw. Bi schofstor von St.Stephan in Wien zu inter pretieren vorschlägt, skulptierte Wap penschilder mit dem Reichsadler, dem österreichischen Bindenschild und dem steirischen Panther anbringen; dazu gesellt sich neben seiner Devise und dem Datum "1456" auch das portugiesische Wappen seiner Gemahlin Eleonore. Über der nörd lich des Chores angebauten Barbarakapelle liegt das 1439 bezeichnete Hoforatorium, das dem Landesfürsten nun seinen Platz im Presbyterium ermöglichte,im Gegensatzzu seinem früheren angestammten Aufenthalt in der Westempore. Mit diesem, auch als Friedrichskapclle bezeichnetem Hofora torium, ist uns auch der seltene Fall einer weitgehend erhaltenen fiiederizianischen Gesamtausstattung erhalten. Bei den ab 1986 erfolgten Restauriemngsarbeiten fanden sich figurale Wandmalereien; in Zusammenhang mit deren Freilegung konnten bauarchäologische Unter suchungen, die auch Aufschlüsse über die weitere Baugeschichte gaben, durchgeführt werden®®. An der malerischen Ausstattung taucht die Jahreszahl 1449 öfters auf, ebenso die Devise und Wappen mit dem Reichsadler, dem österreichischen Bindenschild, dem steirischen Panther so wie den habsburgischen Ländern. Ikonographisch handelt es sich um einen mit Heiligengestalten bereicherten mariani schen und christologischen Zyklus. Stilistisch gehören sie der sogenannten "dunklen Zeit" an, als letzte Ausläufer des Weichen Stils nachwirkten, die mit den Verblockungstendenzen der 40er Jahre und dem knittrigen, für die steirische Malerei dieser Zeit typische Faltenstil der Jahr hundertmitte kombiniert werden. Durch die letzte, graphische Komponente, den Lini enkonfigurationen etwa der Gewänder der Verkündigungsszene sowie der transparen ten Farbigkeit bekommen die Figuren et was Schwebendes, was ihrer kubischen Körperlichkeit teilweise die Schwere nimmt®®. Bemerkenswert ist, daß hier auch Reste der friederizianischen Verglasung, drei Wappenscheiben im Fenstermaßwerk, mit der Devise und der Jahreszahl 1449 erhalten sind. Die Bauuntersuchungen konnten auch den Nachweis erbringen, daß anläßlich einer 1838 erfolgten Renovierung die 1457 bezeichnete Kreuzigung des Conrad Laib, das größte erhaltene Tafelbild Österreichs, aus dem Dominneren in die Friedrichskapelle gebracht wurde. Dieses Bild markiert eine endgültige Überwindung des Weichen Stils in der Steiermark und bewirkte einen Einbruch des Realismus,der ebenso wie mit niederländischen, auch mit direkt oder indirekt vermittelten italieni schen und böhmischen Einflüssen zusam menhängen mag,in die steirische Malerei®'. Der expressive Realismus der Grazer Kreuzigung resultiert aus der Verbindung westlich-niederländischer mit italienischen, an Altichiero und Pisanello gemahnenden Stilkomponenten. Nach der Blüte im ersten Drittel des Jahrhunderts, in der die Meister der St. Lambrechter Votivtafel und der St. Lambrechter Strahlenkranzmadonna -dem Großlobminger Meister in der Plastik ähn lich - auch überregionale Bedeutung ha ben, erfolgte der Anschluß an den von der burgundisch-niederländischen Kunst ent wickelten Realismus erst um die Jahrhun dertmitte. Um sich vollends im dritten Jahrhundertviertel durchzusetzen, dürfte auch die Stiftungstätigkeit Friedrichs beigetragen haben - es soll der im Ver gleich zur Grazer Kreu^gung einer älteren Stilstufe angehörende, von Friedrich 1449 gestiftete Gnadenstuhlaltar von Bad Aussee genannt werden -, und sicherlich gingen vom Meister des Wiener Schottenaltares entscheidende Einflüsse aus®®. Die Wandmalereien in und am Grazer Dom sind auch Aufträgen Friedrichs zuzu ordnen. Die Gewölbe des Chores sind mit der Datiemng 1450 und mit Wappenschil dern vereehen®', die Rankenmalereien der Seitenschiffe stammen von 1464 und sind denen der Neuberger Stiftskirche ähnlich. Beim Brand von 1396 wurde die Kirche des 1327 vom späteren Herzog Otto dem Fröhlichen gestifteten Zisterzienserklosters 45

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=