Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

te erste Bischof von Wien,Leo von Spaur innehatte, und der Weinzehent in Döbling übergeben. Die Übernahme der Propsteigüter durch das Bistum,sowie den Einstieg des letzle ren in die althergebrachten Rechte und Verpflichtungen der Propstei im täglichen Leben zeigt ganz deutlich ein altes Dienst buch der PropsteF, welches einfach über schrieben und in "des Bistums Grundbuch" umbenannt wurde. Und das Leben ging weiter. Das erste Diözesangebiet In der Regel ist der abgegrenzte Ver waltungsbezirk eines Bistums, über wel chen ein Bischof die hoheitliche Lei tungsgewalt ausübt, räumlich genau um schrieben. Im Falle Wiens wurde keine ei gene Circumscriptionsbulle erlassen,- der Umfang des neuen Diözesangebietes ergab sich aus den beiden päpstlichen Bullen von 1469 und 1475. Nach dem Wortlaut der Bulle von 1469 sollte es das Gebiet der Stadt Wien,die Herrschaft SL Veit und al les, was zur alten Propstei dazugehörte, umfassen: das Gebiet der Stephanspfaire mit ihren Vikariaten und den von ihr aus gegründeten und noch teilweise abhängi gen Tochterpfarren, das ja seit 1365 dem Propstpfarrer unterstanden hatte. Die Bulle von 1475 erweiterte das Diözesangebiet um die Pfarren Perchtoldsdorf und Mödling, mit Laxenburg. Das erste Diözesangebiet, wie es sich nach der Promulgation im Jahre 1480 dar stellte, hat Flieder^^, in Auseinandersetzung mit den Forschungen Tomeks und Wolfs schließlich mit drei Stadtpfarren und sieb zehn Landpfarren, die größtenteils aus der Altpfane Wien hervorgegangen waren, re konstruiert. Es waren dies: St. Stephan mit dem Vikariat Schwechat-Dorf,St. Michael und die Schotten innerhalb der Stadt. Oberlaa, Maria Lanzendorf, Simmering, Inzersdorf, Vösendorf, Hennersdorf, Atz gersdorf, Laab im Walde, Ober St. Veit, Penzing, Gumpendorf, Ottakring, Heraals, Währing mit dem Vikariat Döbling, Möd ling mit den Vikariaten Biedermannsdorf und Brunn am Gebirge, inkorporiert der Domdechantei und Perchtoldsdorf, inkor poriert der Dompropstei, und schließlich Laxenburg. Das Diözesangebiet reichte im Norden bis an den Krottenbach(heute Wien XIX.), im Westen bis an den Wienerwald,im Sü den bis in das Wiener Becken hinein, im Nordosten bis an den südlichen und mittle ren Donauarm. Die Bischofsstadt Wien lag am östlichen Rand der kleinen Diözese,die mit den Ausmaßen nach 1480 kein bloßes Stadtbistum mehr war, sondern auch einen - wenn auch kleinen - Teil des Umlandes umfaßte. Ihren heutigen Umfang mit den beiden Vierteln unter dem Wienerwald und unter dem Manhartsberg erreichte die in zwischen zur Erzdiözese gewordene Diözese erst im 18.Jahrhundert. Angesichts der besonderen Umstände dieser Bistumsgründung verdienen die so genannten Passauer Bistumsraatrikeln^', Verzeichnisse der Pfarren, Klöster und bepfründeten Benefizien des Bistums Passau, die von der Kanzlei des Passauer Offizialates in Wien zu Verwallungszwecken geführt wurden, als Quelle besonderes Interesse. Die hier in diesem Zusammenhang in Frage kommende Matrikel, nach ihrer Provenienz Schot tenmatrikel genannt,wurde durch den Pas sauer Bischof Ulrich von Nußdorf im Jahr 1476 angelegt und schloß das gesamte Ge biet des neuen Bistum mitein, wie wenn noch alles beim alten wäre. Was den veri fizierten Zeitpunkt der Abfassung der Ma trikel(1476)betrifft, scheint dieser die un klare Situation im ganzen Gebiet in der Zeit vor der Promulgation des bereits begründeten Bistums zu bestätigen. ^ wäre durchaus im Sinne des Passauer Bi schofs gelegen, der ja bekanntlich heftig gegen die Verselbständigung Wiens prote stiert hatte, wenn er Wien gerade justament noch in diese Matrikel des Bistums Passau aufiiehmen ließ. Ja, sein Bemühen, die Er richtung der neuen Diözese zu verhindern, könnte geradezu der Anlaß der Neuanlage einer solchen Bistumsmatrikel, in der man Wien als weiterhin zu Passau gehörig do kumentieren wollte,gewesen sein. Beim Dekanat Wien finden sich aller dings in der Folge,im Gegensatz zu ande ren Dekanaten,nur sehr wenige Nachträge, was sicherlich mit der 1480 rechtskräftig gewordenen Errichtung des Bistums Wien, die dann tatsächlich zu einer von Passau unabhängigen Verwaltung des betreffenden Gebietesführte,zusammenhängt. Liste der Administratoren bis 1493 Wie bereits oben festgestellt, wurde der erste Wiener Bischof, Leo von Spaur, mit Datum vom 20.8.1471 für Wien nominiert und mit 23. 12. 1471 von Brixen nach Wien transferiert. Ein Jahr darauf erkrankt, resignierte dieser offenbar am 24. 4. 1473 vorübergehend aufsein Bistum und trat die Regiemng auch in der Folge nicht mehr an. Er ist daher mit Recht lediglich als erwähl ter Bischof von Wien zu bezeichnen. Mit Datum vom 27. 3. 1477 wurde je denfalls der aus Gran geflüchtete Erzbi schof Johann Pfluger, genannt Beckensloer zum Koadiutor und Administrator ernannt, der sich aber in der Folge, aufgrund des Passauer Protestes, nur als "Verweser der Dompropstei"^ bezeichnete. Ab dem 17. September 1480 ist Johann Pfluger von Gran als erster Administrator des neuen Bi stumszu sehen". Ein bereits seit dem Jahre 1478 von Friedrich III. betriebener Transfer Johann Pflugers nach Salzburg konnte mit Datum vom 14. 1.1481 durchgeführt werden; mit dem 9. 11. 1482 bewilligte der Kaiser die Versetzung des Salzburger Erzbischofs, Bernhard von Rohr nach Wien;die päpstli che Zustimmung zu diesem Tauschhandel erfolgte aber erst mit Datum vom 20. 12. 1484®°.- Bernhard von Rohr starb am 21. 3. 1487,ohne Wien jemals betreten zu ha ben.Er wurde in der seit Beginn des Jahres 1485 von den Ungarn belagerten Stadt von Dr. Leopold Pranz als erstem Offizial und Generalvikar vertreten. Nach erfolgter Übernahme der Herrschaft durch Matthias Corvinus im Mai 1485 bestellte dieser, nachdem er den Gedanken der Aufhebung des Bistums kurz erwogen und wieder ver worfen hatte, einen seiner bedeutendsten Diplomaten, den Schatzmeister, PCronhüter und Statthalter Urban Döczi zum neuen Administrator, was von Rom aus mit Da tum vom 20.4.1488®^ bestätigt wurde.Nur zwei Jahre später kehrte dieser mit der Lei che des am 6.4. 1490 plötzlich verstorbe nen Corvinus nach Ungarn zurück und starb 1491/92 in Erlau. Die seit Anfang Juli 1490 wieder in habsburgischen Händen befindliche Stadt Wien und somit auch das Bistum wurde dann, wie P.F. Kramml in einer detaillier ten Untersuchung beweist, nicht, wie bis lang tradiert, an den Seckauer Bisdiof Matthias Scheit, sondern als Folge von Verhandlungen im Zuge der Eroberung von Stadt und Bistum Veszprem mitDatum vom 27. 10. 1490®® durch Maximilian I., ohne Wissen des Kaisers,dem dortigen Bi schof Johann Vitez übergeben.Vom Kaiser eist 1492 anerkannt, wurde er erst mit 8. 2. 1493 vom Papst als Wiener Administrator bestätigt. Als solcher nahm Vitez dann am 6./7. Dezember 1493 an den Wiener Be gräbnisfeierlichkeiten für Kaiser Friedrich III. teil und zelebrierte in St. Stephan das Frauenamt®®. Eine in einem Wiener Protokoll der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aufge zeichnete Bischofsliste bestätigt diese Bischofsreihe®^. Ergänzungen zur Quellenlage Die Errichtung eines Bistums in Wien hat, soweit es die schriftlichen Quellen im Bereich des Diözesanarchives betrifft, - abgesehen von der Errichtungsurkunde selbst,- nicht viele Spuren, oder vielleicht besser gesagt; soweit bis jetzt erkennbar, nicht die erwarteten Spuren hinterlassen. Vor allem nicht,-was auf den ersten Blick fast ein wenig verwundern möchte,- bei jener Institution, die zu dieser Zeit bereits existierte und die wohl am unmittelbarsten von den Vorgängen betroffen war: dem KoUegiatkapitel zu Allerheiligen bei SL Stephan. Die sogenannten "Acta Capituli"®® schweigen in den entscheidenen Jahren. - Vielleicht waren sie auch ganzeinfach nicht der Ort für derartige grundsätzliche Erörte rungen zu einer neuen, unklaren Lage: ihre Lektüre macht bald deutlich, worum es in der Hauptsache ging, nämlich um die Si cherung der irdischen Güter. Den in Frage kommenden Zeitraum von etwa 1460 bis 1480 decken zwei Bände der sogenannten "Acta Capiiuli" ab, die zum Teil parallel geführt wurden. Beide Bände weisen in den entscheidenden Jahren zwi schen 1468-73, bzw. 1465-80 keine Ein tragungen aus, obwohl die Foliierung kei nerlei Rückschlüsse auf fehlende Blätter zuläßt. Darüber weiter nachzudenken ist hier leider nicht genug Raum. Als zweite Hauptquelle im Bereich des Domkapitels sind drei Kopialbücher®*^ an zusehen;für das vorliegende Thema kommt zunächst nur das erste, der Lib. Cop. Cap.I, saec. XIV.-XVI.,in Frage. Wie oben bereits erwähnt, wurde das Bistum am 17. September 1480 feierlich promulgiert, seine Errichtung sozusagen öffentlich vollzogen. Über dieses Ereignis 31

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