Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

31. Jänner 1464 wurde dieser zusammen mit seinem Vater und seinen drei Brüdern vom Kaiser in den Freiherrenstand erho ben; möglicherweise war diese Erhebung ein Zeichen der Dankbarkeit Friedrichs III. für geleistete Dienste im Zusammenhang mit der Belagerung der kaiserlichen Familie in der Wiener Burg im Jahre 1462. Spaur, 1463 Dr. decretomm,kandidierte zunächst, zwar vom Kaiser unterstützt, aber dennoch erfolglos, im Jahre 1465 für den nach dem Tode des Bischofs von Brixen, Kardinal Nikolaus Cusanus dort neu zu besetzenden bischöflichen Stuhl. Am 9. Mai 1466 wird er erstmalig als Pfarrer von Perchtoldsdorf, wohl als Nachfolger des am 8.Jänner 1464 verstorbenen Thomas Ebendorfer, genannt. Im Jahre 1467 erhielt Spaur die Priesterweihe.- Nach Rom mitgenommen hatte der Kaiser ihn wohl, um ihm doch noch das Hochstifl Brixen zu verschaffen. Als sein Kandidat wurde er auch am 9. August 1469 zum Bischof von Brixen providiert, nach emsthaften Widerständen und nicht endenwollenden Querelen aber am 20. August 1471 vom Kaiser für Wien nominiert und am 23.Dezember 1471 kraft der Bulle"Quam sit onusta" Sixtus IV. von seinen Brixener Verpflichtungen entbunden und nach Wien versetzt. So hatte das Wiener Bistum sein junges Leben mit einer zweijährigen Vakanz begonnen.Und dieser Zustand sollte sich auch in der nächsten Zeit nicht wesentlich verbessern, denn Spaur war nicht geneigt, zugunsten des kleinen Bistums Wien auf das reiche Hochstift Brixen zu verzichten. Da er aber in Brixen, wo er mit dem rechtmäßigen Bischof Georg Golser einen peinlichen Streit um finanzielle Entschädigung begonnen hatte, nicht mehr bleiben konnte, lebte er in dieser Zwischenzeit wohl in sei ner Pfarre Perchtoldsdorf. Noch vor dem 8. April 1473 muß Spaur aber die Taxen für Wien bezahlt haben, denn mit diesem Da tum erhielt er als Bischof von Wien vom Papst den Auftrag, als Exekutor des Präsentationsrechtes Friedrichs III. für 300 Pfründen zu fungieren. Doch am 23. April 1473 resignierte Leo von Spaur offenbar vorübergehend auf sein neues Bistum, er trat die Diözesanregierung gar nicht an: dies beweist die Tatsache, daß er am 12. Dezember 1473 an der vom päpstlichen Legaten MarcusBarbo mit großem Gefolge vorgenommenen Weihe der Augusti nerchorherrenstiftskirche St. Dorothea nur teilnahm; als regierender Bischof hätte er wohl selbst diese Weihe vorgenommen. Seine einzige bekannte Handlung als Bi schof von Wien war die am 6. September 1476 getätigte Vormerkung des Andreas Swerczer für ein Kanonikat zu St. Stephan, welciies dieser auch im folgenden Jahr er hielt. Doch nur einige Wochen später, am 29. September 1476 schreibt Marcus Barbo nach Rom, daß Bischof Spaur so schwer erkrankt sei, daß keine Arznei ihm helfen könne. Papst Sixtus IV. bestellt in der Folge, über Verwendung Kaiser Friedrichs III., den aus Gran geflüchteten Erzbischof Johann Pfluger, genannt Beckensloer zum Koadiutor und Administrator des Bistums. In der Emennungsbulle vom 27. März 1477" heißt es, daß Spaurs Krankheit und Geistesschwachheit schon durch fiinf Jahre andauere und ihn an der Ausübung seines Amtes "in spiritualibus et temporalibus" hindere. Demzufolge muß Leo von Spaur schon seit 1472krank gewesen sein. Das wahrlich Bizarre an dieser Situation aber war der Umstand, daß, da Leo von Spaur sein Amt niemals kanonisch angetreten hatte, ihm eigentlich auch kein Koadiutor beigegeben werden konnte. Und Spaur hätte-genaugenommen,auch wenn er wirklich gewollt hätte,-von seinem Bi stum gar nicht Besitz ergreifen können, da dieses, wie aus einem feierlichen Protestschreiben^® des (angeblich ahnungslosen) Passauer Bischofs Ulrich II. von Passau hervorgeht, welches dieser mit Datum vom 27. Juni 1477 an den Papst richtete, noch gar nicht kanonisch errichtet worden sein könne: zum Beweis dieser Behauptung führte der Passauer Bischof an,daß er noch in allerjüngster Zeit zu den üblichen Ter minen in der Stadt Wien Kleriker geweiht und andere Jurisdiktionsakte vollzogen ha be. In der letzten Fastenzeit - also vor Ostern 1477 - habe der Wiener Klerus noch die vom Weihbischof in Passau ge weihten Öle in Empfang genommen und bediene sich ihrer bei der Ausübung der Seelsorge, auch habe der Wiener Werus und das Volk bei der Weihe der Osterkerze fiir den Passauer Bischof gebetet... Der Passauer Bischof beklagte sich wei ters gmndsätzlich über die ohne sein Wis sen erfolgte Gründung und Errichtung des Bistums in Wien. Die Emennungsbulle des vermeintlichen Koadiutors müsse demnach erschlichen sein! Das zu diesem Zeitpunkt ausweglos er scheinende Problem wurde durch die einzi ge noch mögliche,nämlich die höhere Ge walt gelöst; nach dem am 2. September 1479 eingetretenen Tod Bischof Ulrichs von Nußdorf nominierte Kaiser Friedrich III., der sich kurz zuvor - mit Datum vom 1. Juli 1478 ein altes Präsentationsrecht auf verechiedene Bistümer vom Papst neu bestätigen und Passau miteinbeziehen hatte lassen, seinen Kanzler, Kardinal Georg Heßler, welcher am 28.Jänner 1480 vom Papst bestätigt wurde. Dieser konnte sich zwar in Passau nicht durchsetzen, erteilte aber, wie erwartet, offiziell seine Zustimmungzur Wiener Bistumsgründung. Nun war der Weg frei: Am 17. September 1480" kam der päpstliche Nuntius Alexander von Forli nach St. Ste phan, um dort, umgeben von 16 Diakonen und dem gesamten Klerus, vom Hochaltar aus, die "päpstlichen Bullen" verlesen zu lassen. Im Anschluß daran wurde die Er nennung des neuen Propstes Thomas von Cilli vorgenommen, womit das Amt des Propstes nun wieder ordentlich besetzt war. Nach Vollendung dieses Rechtsaktes hielt der Nuntius, gefolgt vom damaligen Ver walter der Stephanskirche,dem Erzbischof von Gran, dem Adel, der Universität und der gesamten Ordensgeistlichkeit der Stadt eine Prozession durch die Stadt ab, wobei die Bullen von den Notaren getragen wur den. Nach der Rückkehr in die Kirche ließ der Nuntius beide Bullen an das Kirchentor unter dem neuen unau.sgebauten Turm hef ten und sang danach am Hochaltar das Lobamt vom Heiligen Geist Mit dieser denkwürdigen Feier am 17. September 1480 war das Bistum Wien nun tatsächlich ins Leben getreten, seine Errichtung war öffentlich verkündet und vollzogen worden.Der neue Kirchenspren gel unterstand mit seinem Klerus dem Wie ner bischöflichen Stuhle. Die Dotation des neuen Bistums Schon anläßlich der Dotierung des Bi stums Laibach^ im Jahr 1461 wurde deut lich, daß Friedrich III. persönlich keine nennenswerten Mittel zur Bestiftung neuer geistlicher Pfründen zur Verfügung stan den,sodaß er zur Umwidmung vorhande ner Kirchengüter greifen mußte. Im Falle Wiens war die Verwendung der bereits von Rudolf IV. reich dotierten und mit zahlreichen Sonderrechten ausgestalte ten Propstei zur Dotation eines künftigen und nun endlich errichteten Bistums schon von langer Hand geplant. Daß die Propstei, die wohl nicht zuletzt aus diesem Grund von 1466 bis 1480 vakant war, und die nun,ihrer Grundlagen entblößt, vollständig neu dotiert werden mußte, aus Anlaß der Bistumsenrichtung nicht ganz im neuen Bi stum aufging, hatte seine Ursache offenbar einerseits in der Respektiemng des Stif terwillens Rudolfs IV.21,ganz sicher aber in dem Wunsch des Papstes, eine schon so lange bestehende geistliche Stiftung, wie jene Rudolfs IV. sie darstellte, nicht aufeuheben. Daß darüber verhandelt worden war, davon zeugt jene Passage der Urkunde von 1469, wo es heißt: "...doch soll aus diesen Gütern (der mensa episcopalis) für den jeweiligen Propst ein entsprechender Teil, von dem er leben kann, ausgeschieden werden, wenn nicht für die Propstei aus anderen Einkünften durch den Kaiser Vorsorge getroffen wird, wie er es uns versprochen hat"^. Der Kaiser löste sein Versprechen ein und sorgte für eine völlige Neudotierung, was kraft der Bulle Sixtus IV. vom 11.Juni 1475^ ("Pastoralis officii") durch die In korporation der Pfarre Perchtoldsdorf in die Dompropstei und der Pfarre Mödling in die Dechantei geschah; automatisch erfolgte damit auch die Herauslösung beider Pfarr sprengel aus dem Bereich der Passauer Di özese und Eingliederung in das neue Wie ner Diözesangebiet. So regeln erst beide Urkunden, die bei der Promulgationsfeier feierlich verlesen wurden, zusammen die Dotation des Bi stums und der Propstei. Erst diese Neudotation war die Voraus setzung zur definitiven Neubesetzung der Propstei zugleich mit der Promulgation des Bistums am 17. September 1480 durch Thomas Prelager von Cilli. Endgültig geregelt wurde die neue Stellung der Propstei dann durch eine am 5. Jänner 1482^ ausgestellte Urkunde Fried richs III.: Der Propst, der auch die Kanz lerwürde der Universität bekleidete, .sollte ein infulierter Prälat und der nächsthöchste Würdenträger nach dem Bischof sein; er sollte dem Hause Österreich "wohl und nützlich dienen". Als Dotation wurde dem Propst die landesfürstliche Pfarre Perch toldsdorf,welchezu dieser Zeit der erwähl30

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