Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

zahlfünf-kombiniert mit den Vokalen des Alphabets, wie es im alten Griechenland und im Orient gebräuchlich war- ausein andersetzte? Sein Notizbuch enthält das armenische, griechische, türkische, goti sche, arabische und hebräische Alphabet! Dabei galt die Fünfals ungewöhnliche Zahl und als Ordnungszahl der belebten Natur. Sie war die Basis des gesamten irdischen Lebens^. Friedrich war ein Gartenliebha ber.DerHerzog warzwar weder ein Astro nom noch ein Astrologe, aber bekanntlich interessierte er sich dafür^. Betrachten wir sein Geburtsdatum, den 21. September 1415 zunächst in astronomischer Hinsicht^, wobei zu be rücksichtigen ist, daß der mittelalterliche Kalender für einen großen Teil auf die Er rechnung des Osterfestes aufgebaut war. Die Concurrentes(epacte solis, der Wo chentag des 24. März 1415) war Palmsonntag und trug die Zahl1-der eiste Buchstabe des lateinischen Alphabets;ADer Wochenbuchstabe vom 21. Sep tember 1415, ein Samstag war E - der fünfte Buchstabe des Alphabets;E. Der Sonntagsbuchstabe dieses Jahres war ein F. Der Geburtsmonat war der neunte im Jahr; September. Das Tierkreiszeichen Waage(damals 17.September- 17. Okto ber) war- ab Januar gerechnet- ebenfalls das neunte. Die epacte lunaris (Mondalter des 22. März)des Jahres 1415 bis zum 1. September war neun. Das alles ergibt den neunten Buchstaben des Alphabets:1. Nach dem im Mittelalter gebräuchlichen Cisiojanus war der 21. September der 14. Tag nach Maria Geburt(8. September, Nativitas Mariae). Anfangs- und Enddatum mitgerechnet, wie das üblich war, ergeben 14 Tage, der vierzehnte Buchstabe im Al phabet;0. Seit dem 1. September betrug die epacte lunaris 20. Die Nachtgleiche (equinoctium autumnale)hatte am 20.September stattge funden. Die Zahl 20 oder der zwanzigste Buchstabeim Alphabet;U Fünfeehn Tage nach dem vorhergehen den Neumond vom 7. September, am 21. September,war Vollmond. Bleibt noch die Schlinge um das AEIOV. Mehrere Habsburger haben ein solches Zeichen, eventuell in etwas abge wandelter Form,um ihren Namen gezogen. Friedrichs Bruder, Albrecht VI. tat es^ und später seine Enkelin Margareta, die 1506 bis 1530 Statthalterin in den Niederlanden war^'. Lhotsky^ vermutete eine arabische Herkunft für diese Schlinge. Sie könnte aber eher das f für fecit sein. Ein Beispiel sei hier angeführt: Das Leichengewand der ersten Gattin Ludwigs des Bayern (Kaiser Ludwig IV.), Beatrix, zeigt einen "Eber eingekreist von einem geschlungenen Bande mit den Buchstaben aeiov f."^'. Das f heißt hier zweifellos "fecit". Die Vokale Friedrichs III. mögen hier auf den ersten Blick verwundem, war doch KaLser Lud wig IV. einer der heftigsten Gegner des Hauses Österreich gewesen, doch wird ei niges deutlich durch verwandt.schaftliche Beziehungen: Margareta,die erste Gemah lin Emsts des Eisemen,war mit der Familie Kaiser Ludwigs IV. verwandt gewesen'^. Zwar entstammte Friedrich III. der zweiten Ehe seines Vaters mit Cimburgis von Masowien, doch dürften dynastische Ge fühle bei Friedrich mitgespielt haben. Ver mutlich stiftete er das Leichengewand an läßlich einer Umbettung der Verstorbenen, die bereits 1322 aus dem Leben schied. Leider kennen wir das Jahr der Umbettung nicht. Merkwürdig ist der Punkt in der Schlin ge.Ich glaube nicht,daß man darin eine Art Volbnehungszeichen sehen darf, denn der Punkt wurde auch aufGegenständen ange bracht, die Friedrich nicht eigenhändig kennzeichnete oder er wurde überhaupt weggelassen. Das würde gewissermaßen Urkundenfälschung bedeutet haben. Hier könnten tatsächlich orientalische Einflüsse vorliegen. Die Kabbala^^ kennt für den Samstag - und der21.September 1415 war ein Sams tag - das Zeichen des Saturn 5, wie es nachher im europäischen Mittelalter eben falls gebräuchlich war. Alle Tages- bzw. Nachtstunden standen in Beziehung zu den Tierkreiszeichen^^. Der Krebs stand für die Tages- und Nachtzeit zwischen 3 und 4 Uhr.Für den Samstag trug die vierte Stun de des Tages das Zeichen des Planeten SonneO.Die erste Tagesstunde des Sams tags hatte den Saturn, die neunte Stunde den Jupiter zum Planeten. Dieses Zeichen des Planeten Sorme G sehen wir ebenfalls in der Schlinge des AEIOV. Die Zeitgenossen wußten noch um die Konstellation der Sterne, als Friedrich ge boren wurde. Veith Ampeck, ein Chronist des 15. Jahrhunderts, schrieb, Friedrich sei "in coniunctione(spr. oppositione)Jovis et Satumi in signo Cancri" geboren worden^'. Damit wurde zweifellos seine astrologisch unheilvolle Geburtsstunde gemeint. Die Graphische Sammlung Albertina in Wien (Inv. Nr. 215/1930) besitzt einen Einblattdmck,der eine Allegorie der politi schen Lage unter Kaiser Friedrich III. dar stellt^. Auf der Seite des in aller Erbärm lichkeit dargestellten Kaisera verdeutlichen zwei Spruchbänder die Ansicht des Künst lers über die Persönlichkeit des Herrschers. Friedrich stützt sich mit dem linken Fuß auf einem schreitenden Löwen, dessen Schwanz den Fuß des Kaisers umschlingt. Das war wohl der Löwe Juda nach Gen 49,9; Ein junger Löwe ist Juda. Damit wurde wohl auf die Judenfreundlichkeit Friedrichs hingewiesen. Nicht umsonst schrieen die Österreicher 1441 "kreuczen! kreuczen!" (krewczigt in"!)^. Im oberen Spruchband heißt es; "Sub Satumo in domo infirraitalis", ein Hinweis auf das astrologische Geburtsdatum Friedrichs; Am Samstag, Tag des Unglücksstems Saturn, noch dazu im Krebs, im Haus (Feld) der infirraitas, die hier als Tierkreiszeichen für Schwäche,Geistesschwächezu deuten ist. Im unteren Spmchband steht der Hin weis: "Surculus est illa de qua Libuma Sibilla prophetisavit hoc praesagioque beavit". Darunter ist ein Bäumchen mit der Aufschrift Jerusalem gezeichnet. An einem seiner Äste hängt der französische Schild mit den drei Lilien. In ihren Weissagungen sprach die Tiburtinische Sibylle über einen mächtigen salischen König aus dem Fran kenland: "Er selbst wird groß,sehr fromm, mächtig und barmherzig sein und den Ar men Gerechtigkeit widerfahren lassen. Denn in ihm wird so großer Tugend Anmut sein, daß,wenn er aufdem Wege schreitet, die Gipfel der Bäume sich gegen ihn nei gen"^. Daß dieser Ausspruch hier beißen den Spott bedeutet,geht aus der Zeichnung hervor, denn das Bäumchcn ist klein, hat nur kahle Äste und neigt seinen Wipfel keineswegs zum Kaiser hin, sondern in die von ihm abgewendete Richtung. Friedrich konnte ja nichts zur Befreiung der heiligen Stätten in Jerusalem tun, er ging lediglich als frommer Pilger dorthin. Hingewiesen sei auf manche doch merklich pessimistische Eintragung im No tizbuch. Friedrich wird gewußt haben, daß sein Tagesplanet, der Saturn, seine Geburtsstunde im Zeichen des Krebses ungünstig waren (Saturn; Leitbild für Ein schränkung, Begrenzung, Hemmung Wi derstand, Härte, das Alter, Einsamkeit Krebs; phlegmatisch)^'. Im späteren Mit telalter wurde der Saturn mit einem Stelz bein dargestellt - und Friedrich III. litt am Alterabrand am linken Bein, das amputiert werden mußte! Bemerkenswert ist auch folgendes; Die Kabbalisten kannten für die Schicksalsdeu tung Quadrate, die einem Planeten zuge ordnet waren^®. Bekannt ist das Salumquadrat - der 21. September 1415 war ein Samstag! - Dieses Dreier-Quadrat, das auch andere Zusammenstellungen haben kann,zeigt folgende Zahlen: 4 9 2 3 5 7 8 1 6 Horizontal, vertikal und diagonal zu sammengezählt, aber immer mit der 5 in der Mitte, ergibt jeweils die Zahl 15. Die Gesamtzahl 45 ist der Zahlenwert des arabischen Namens Saturn. Astrologisch ist die Zahl 15 eine Mondzahl; sie stellt den Höhepunkt der Mondmacht (Vollmond) dar. Auch hatte sie ihre arithmetische und mystische Bedeutung; 1 +2+3+4+5 = 15^. 15 ist das Produkt zweier heiliger Zahlen 3und 5(3 x5= 15). Die Frage, welchen Wert Friedrich den einzelnen Buchstaben AEIOV beimaß, wird wohl kaum zu beantworten sein, da wir weder seine diesbezüglichen Gedan kengänge, noch die durch ihn benützten Schriften kennen. Friedrich diskutierte gerne, gewiß auch mit ihm bekannten ge lehrten Rabbinern aus Wiener Neustadt und mit seinem Hofastrologen, Johann Nihil"'®. Aber zweifellos verbargen sich hinter den Buchstaben die Zahlen 1, 5, 9,14 und 20. Im Griechischen und Hebräischen wurden die Buchstaben auch als Zeichen für be stimmte Zahlen verwendet. Was uns hier vornehmlich beschäftigte, waren die Zusammenhänge zwischen dem Geburtsdatum Friedrichs III. und den astronomischen Zahlen, die dem AEIOV zugrunde liegen könnten. Abschließend verweise ich auf die Gründung einer Hof burgkapelle durch Herzog Rudolf IV., der das große Vorbild Friedrichs war^'. In sei nem Geburtszimmer in der Wiener Hofburg errichtete Rudolf eine Kapelle mit dem Patrozinium Allerheiligen, das er später auf 24

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