Durch gemeinsame Sprache und Glauben verbunden ZurGeschichte der "europäischen" katholischen Gemeinden in Wien VonJohann Wcißcnstcincr In Wien finden sich schon seit dem 16. Jahrhundert Ansätze zur Bildung von fremdsprachigen katholischen GoUesdienstgemeinden, Bmderschaften und Landsmannschaften. Aus diesen Anfängen entstanden seit dem Ende des 18. Jahrhun derts verschiedene "Nationalkirchen". Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges gab es diese praktisch nur für Nationen, die zur österreichisch-ungarischen Monarchie ge hörten oder gehört hatten. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Zahl dieser fremdsprachigen katholischen Ge meinden, bedingt durch die zunehmende Intemationalisicmng der Welt - in diesem Zusammenhang ist auch die Errichtung der UNO-Cily in Wienzu erwähnen- vergrö ßert. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich auch das Spektmm der Herkunftsländer der Gläubigen dieser verscliiedencn Gemein den,die gemeinhin nach einer europäischen Hauptsprache bezeichnet werden, wesent lich erweitert So sind es heule vor allem die gemeinsame Sprache und der gemein same Glaube, der diese Menschen unter schiedlichster nationaler und sozialer Her kunft verbindet. Bis 1986 wurden diese Gemeinden organisatorisch vom Pastoralamt der Erzdi özese Wien betreut. Seil 1987 besteht ein eigenes Diözesanreferat für fremdsprachige Gemeinden, das seil 1988 von Dr. Paul Varga, Pfarrer von Wien-Lichlcnthal, geleitet wirdL Der folgende, aus Platzgründcn leider recht knappe Überblick^ ist aus praktischen Gründen alphabetisch nach den einzelnen Gemeinden gegliedert Die tschechische Mission wird in einem eigenen Artikel behandelt. Englischsprachige Gemeinde Die Anfänge der englischsprachigcn Gemeinde in Wien sind untrennbar mit dem Namen von Prälat Leopold Ungar verbunden^: bald nach seiner Rückkehr aus dem englischen Exil (1947)wurde er von Kardinal Innitzer mit der Abhaltung von Gottesdiensten für die britischen Be satzungstruppen in Wien beauftragt. Diese wurden in der Votivkirche gehalten. Daraus entwickelte sich später die englische Ge meinde. Ihre Gotte^ienste fanden zunächst in der Alserkirche statt; schließlich erhielt die Gemeinde die Möglichkeit, ihre Gottesdienste in der Kirche des Wiener Priesterseminars in der Boltzmanngasse zu feiem. Durch das Wachsen der Gemeinde erweist sich aber diese Seminarkirche nun mehr als zu klein (durchschnittlich 150 Gottesdienstteiinchmerim Sommer,250im Winter), scdaß die Gemeinde derzeit eine größere Kirche sucht. Vorabendmes.sen und Wochentagsgottesdienste finden derzeit in der Deutschordenskirche statt. Kanzlei und Gemeindezentrum befinden sich im Vienna International Religious Centre (VIRC), Rooscveltplatz8. Seit dem Tod von Prälat Leopold Ungar (30. April 1992), der bis zuletzt der eng lischen Gemeinde verbunden blieb, wird die Gemeinde von P. Michael Conway OSST,der schon ab 1982 und dann wieder ab 1991 in der Gemeinde tätig war,gclcitcL Seit 1975 hat die Gemeinde mit Diakon Gregory Felling einen Pastoralassitcnten. Als Katechclin arbeitet Sr.Beatrice Chaves. Gerade der Religionsunterricht ist ein besonderes Anliegen der englischen Ge meinde.Dieser wird einmal wöchentlich an den internationalen Schulen Wiens erteilt. Zusätzlich gibt es die "Sunday School", in der den Kindem eine Stunde vor der Messe Religionsunterricht erteilt wird. Er ist gegliedert in eine Gruppe für die Erstkommunionvori^ereitung und in eine für achtbis zwölfiährigc Kinder unter dem Titel "Opening the Word",Außerdem gibt esje weils auch eine Firmgruppe. Am Religi onsunterricht nehmen rund 120 Kinder teil. Auch Religionsunterricht für Erwachsene findet statt. Jugendarbeit geschieht in der Form eines"Teen Club". Die Gemeinden setzt sich aus englischsprachigen Gläubigen aus allen Erdteilen zusammen. Viele davon sind Diplomaten, Studenten oder Geschäftsleute, sodaß die Gemeinde, wie die meisten fremdsprachi gen Gemeinden,in ihrer Zusammensetzung stark fluktuiert. Französischsprachige Gemeinde: Nach der Übcrliefemng der französi schen Gemeinde reicht die Abhaltung fran zösischer Messen und Andachten in Wien bis in das 19. Jahrhundert zurück^. Damals waren es vor allem aus Frankreich stam mende Mädchen, die als Erzieherinnen in Adelshäuscra tätig waren und hier Gottes dienste in ihrer Sprache besuchen konnten. Zu erwähnen sind auch die vci^chiedcncn Frauenkongregationen, die im vorigen Jahrhundert aus Frankreich nach Wien ge kommen sind. In den sechziger Jahren des 20.Jh.fanden dann regelmäßig in der Kir che St.Anna der Oblaten des hl. Franz von Sales - diese Kongregation ist durch ihre Geschichte eng mit Frankreich vcrliundenfranzösische Gottesdienste statt; hier gab es auch französischsprachige Beichtväter. Eine eigentliche Gemcindebildung erfolgte aber erst mit der Übersiedlung der französischsprachigen Seelsorge an die Ruprechtskirche in Wien 1. im Jahr 1983. In diesem Jahr wurde auf Vorschlag der Französischen Bischofskonferenz, den Be stimmungen der Konstitution Papst Pauls VI."De pastorali inigraionim cura" über die Seelsorge an Ausländern ent.sprcchend, Raymond Olivier Jovcncz als hauptamtlicher Seelsorger der fi^kophoncn Gemeinde bcstclll. Seit 1992 wird die Gemeinde von Michel Escriva geleitet. Der Seelsorger der französischsprachigcn Gemeinde wird, was eine Be.sonderhcit der französischen Gemeinde ist, von der Ge meinde selbst besoldet. Dafür sind alle französischen Staatsbürger, die ihren ordentlichen Wohnsilz in der Erzdiözese Wien haben und Beiträge an die französi sche Gemeinde In Wien leisten, von der Zahlung des Kirchenbeitrages in Wien be freit Diese Regelung hat sich nach Anga ben der Gemeinde gut bewährt und ver stärkt die Mitsorge und Mitverantwortung der Gläubigen für ihre Gemeinde. Von den geschätzten rund 4000 französischsprachi gen lütholiken in Wien besuchen rund SO bis 100 den Gottesdienst an Sonntagen. Das monatliche Informationsblatt der Ge meinde erreicht rund 400 Familien. Italicoisdie Gemeinde: Schon 1535 suchten italienische KaufIcute in Wien um Überlassung der Peieiskirche als italienische Nationalkirchc an; dafür wollten sie auch die baufällige Kirche restaurieren lassen. Ihr Ansuchen wurdeje doch abgelehnt^.So gehen die Anlange der italienischen Nationalkirche in Wien auf zwei italienische Bruderschaften, die in der Barock2Äit in Wien errichlcl wurden, zurück®: 1625 gründete der Jesuitenpalcr Wilhelm Lamormaini die Bruderschaft von Maria Opfcmng und dem hl. Rochus.Diese wurde von den Jesuiten geleitet und halle zunächst iliren Sitz in einem Oratorium des Jesuitcnklostcrs. Später erhielt sie eine eigene Kapelle (Titel zunächst Maria Opferung,ab 1755 "Maria Sclmce")in der Bogncrga.sse. Die Mitglieder dieser Bruderschaß waren überwiegend Italiener. Stammten diese meist aus dem Adel- dar unter auch Mitglieder der kaiserlichen Familie - und dem reichen Bürgertum, so bestand für die kleinen Beamten,Kaufleuie, Bürger und Handwerker italienischer Her kunft seit 1690 eine eigene Vereinigung: 1690 gründeten die Brüder Paul und Franz Bradi, italienische Seidenweber, in ihrer Wohnung in der Vorstadt Leopoklsiadl eine Bruderschaft zur Ehre der Un befleckten Empfängnis Mariens. Bei dieser Bruderschaft stand das sozial-caritative Element im Vordergrund: ihre Mitglieder verpflichteten sich auch, den armen Mitbrüdcm in Krankheitsfällen mit Arzt und Medikamenten beizustehen. Die Bruderschaft hatte ihren Sitz zunächst in der Kirche der Barmherzigen Brüder. 1696 ließ die Bmderschaft in derPfarrkirche zum hl. Leopold einen neuen Altarzu Ehren der Unbefleckten Empfängnis als Brudcrschaflsallar errichten. Im Jahr 1701 wurde die Bruderschaft an die Kirchezur hl. Drei faltigkeit der Oratorianer in der Stadt ver legt. 1741 wurde die Kirche zur hl. Maria Magdalena auf dem Stepliansfreithof als Bruderschaftskircbe gewählt. Als diese am 12. September 1781 völlig abbrannte, übersiedelte die Bmderschaft an die Minorilcnkirche.In der neben dieser Kirche gelegenen ehemaligen Katharuicnkapclle (seil 1775"Maria Schnee")hatte sich In der Zwischenzeit auch die ältere italienische Bmderschaft nach der Aufhebung der
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