die Einführung der Trivial.schulen sollte zwar auch die Sprache der innerhalb der Monarchie lebenden Nationalitäten ge fordert werden", doch scheint dies für sprachliche Minderheiten wie die Kroaten im Marchfcld nicht gegolten zu haben. Mit Hilfe der Schulen wurden sie zur Verwen dung der deutschen Sprache gezwungen^. Pfaacr Dinarich ersuchte 1787 wegen seines Alters(67 Jahre) um die Bezahlung eines Koopcrators und schlug einen vor, der sowohl deutsch als auch kroatisch konnte. Er versprach bei Bewilligung die ses Kooperators,daß er "keine Mühesparen [würde], gemäß der allerhöchsten Verord nung meinen kroatisch Pfarrkinder die deutsche Sprache baldmöglichst beizubrin gen"'®. Das fürsterzbischöflichc Ordinariat empfahl die Pcnsionicmng, doch gab die nicderöstcrreichischc Rcgicmng dem Pfar rer den gewünschten Kaplan,Jakob Glaser, zur Seite und finanzierte ihn auch aus dem Rcligionsfonds'®. Auch das Ordinariat unterstützte in der Folge den Zwang zur deutschen Sprache. Als Glaser am 17. März 1792 nach der Re signation Dinarichs mit der Pfarre betraut wurde, wurde auf Vorschlag des fürsterzbischöflichcn Ordinariats angeordnet, daß die Predigten und die Christenlehre nur mehr in deutscher Sprache gehalten werden sollten. Nur die Deichte sollte weiterhin auf kroatisch gehört werden dürfen". Das Ordinariat hatte die.scn Vorschlag gemacht, obwohl der Dechant in seiner Stellungnahme erklärt hatte, daß nur we nige Erwachsene genug deutsch konnten, um dem Gottesdienst auf deutsch folgen oder deutsch beichten zu können, daß die Kinder nach wie vor nur in den wenigen Schulstunden,und das erst seit Einrichtung der Trivialschulcn, deutsch sprechen würden und daß der letzte Pfarrer Dinarich, der des Deutschen selbst kaum mächtig gewesen war,die pfarrlichen Geschäfte nur l^oatisch geführt hatte. Darüber hinaus sei Engelhartstetten die Gemeinde, die am stärksten an ihrer kroatischen Sprache hing^®. Die Gemeinden Engelhartstetten und Leimersdorf stellten den Antrag, daß Got tesdienst und Predigt wieder in kroatischer Sprache abgehalten werden sollten, da nur 50 der 900 Pfarrkinder etwas Deutsch könnten. Die Bauern würden auch nicht einschen,daß sie den Priesterzwar erhalten, das Wort Gottes aber nicht verstehen soll ten. Wohl zur Beteuerung des guten Wil lens fügte man noch an, daß das Kreisamt schon um einen deutsch- und kroatisch sprachigen Lehrer gebeten worden wäre". Das fürsterzbischöflichc Ordinariat mußte seine Haltung ändern und den Wünschen der Gemeinde entgegenkommen.Es schlug der Statthallerei vor, die Predigten für 3 Jahre abwechselnd In Kroatisch und Deutsch zu genehmigen. Im Gegenzug sollten Kreisamt, Ortsobrigkeil und Pfarrer darauf achten, daß der Unterricht nur in Deutsch abgehalten und die Kinder re gelmäßig die Schule bc.suchcn würden. Weiters sollte der deut.schsprachige Lehrer vor gegen ihn eingenommenen Kroaten geschützt werden'*®. Nach Ablaufder3Jahre predigte Pfarrer Glaser nur mehr in dcut.sch.Die kroatischen Einwohner boykottierten ihn, indem sie weiterhin kroatisch sangen und beteten. Glaser resignierte daraufhin und am 7. Juli 1796 wird ein neuer Pfarrer präsentierf", der des Kroatischen kaum mächtig war.Der neue Pfarre beschwerte sich über den "Unfug" der Kroaten beim Kreisamt, da.s über die Anzeige hinweggehen wollte, da der Unmut der Bevölkerung nur auf die abgestellten kroatischen Gottesdienste zurückzuführen wäre'". Die Pfairgemcinde ihrerseits suchte bei der Landesrcgiemng um neuerliche Genehmigung des wcchselwcisen Gottesdienstes an*" und das fürsterzbischöflichc Ordinariat erhielt beides zur Stellungnahme. Es bestand darauf, den Pfarrer gegen die Kroaten in Schutz zu nehmen, da sie durch ihren Unfug nicht nur das hochwürdigste Gut mißachtet, sondern auch Ungehorsam gegen die landesfürstliche Verordnung, die deutsches Singen und Beten anordnete, gezeigt hätten.Es lehnte den Vorschlag des Kreisamles nach Verlängerung des wcch selwcisen Gottesdienstes für 6 Jahre ab, schlug aber eine Verlängerung für 3 Jahre bei einem Wechsel von 2 Mal deutsch und 1 Mal kroatisch vor, da noch immer ein Drittel der Erwachsenen nur kroatisch konnte. Jede andere Regelung wollte das Ordinariat als negatives Beispiel für Orte wie Hof a. d. Lcilha und Breitstetten ablehnen, die vergeblich versucht hatten, eine Erlaubnis für wcchselwcisen Gottc.sdienstzu erhalten^. Die Statthallerei schloß sich dem Vor schlag des Ordinariats an und genehmigte am 8.Juli 1797 den wechselweisen Gottes dienst im Verhältnis 2 Mal deutsch und 1 Mal kroatisch für3Jahre^®. Pfarrer Tegral suchte deshalb um seine Versetzung an und auch Herrschaft und Gemeinde baten im Oktober 1797 um ei nen anderen Seelsorger, der der kroatischen Sprache mächtig sei'*®. Das fürsleizbischöfliche Ordinariat unterstützte beide Ansuchen und bat die Landesregierung um bevorzugte Behandlung des Verset zungsansuchens von Tegral, der aus diesen Gründen-leider vergeblich-schon für die Nachbesctzungen von Deutsch Wagram und von Gcrasdorf an erste Stelle gereiht worden war*'. Es dauerte noch bis zum 28. Februar 1799 bis der bisherige Kaplan von Som merein Jagschütz als neuer Pfarrer präsen tiert werden konnte*®. Im ncuangelcgten Pfarrgedcnkbuch stellte Pfarrer Jagschütz den Wechsel später so dar, als ob Tegral "für sein intolerantes Betragen" strafversetzt worden wäre*'. Mit diesem Wechsel endeten die "kirchlichen Sprachproblemc" in der Pfarre Engelhait.slelten. Als die Pfarre nach dem Tode von Jagschütz ausgeschrieben wurde, war die Sprache zwar ein Entscheidungskriterium, es war aber nicht Kroa tisch, sondern die Kenntnis des Böhmi schen, die den Kandidaten für die Pfarrgemeindc, "welche meistens aus Kroaten besteht",am gceignct.stcn erscheinen ließ®®. Bei der Volk.szählung 1869 schienen in Engelhartstetten zwar noch 57% Kroaten auf®*, sie verwendeten ihre vSprache aber nur mehrzu Hause oder unter Freunden.Im kirchlichen Bereich gab es kroatisch um die Mitte des 19. Jahrhunderts nur ein Mal jährlich am 15. August,wo es bei der Maricnwallfahit in Deutsch Altcnburg tradi tionellerweise eine kroatische Predigt gab®'. Anfang unseres Jahrhunderts dürfte auch dieser Brauch, der Ende des 19. Jahrhun derts noch aktuell war®',abgekommen sein. Anmerkungen: *) Topographie von Niederösterreich, Bd.2,Wien 1885,570. ')W.Hummelberger,Wiens erste Bela gerung durch die Türken 1529(= Militärhistorische Schriftenreihe 33), Wien 1978, 161. ') Östlich der March wurden die Orte Thebenneudorf und Blumenau bereits um 1550 wieder besiedelt; vgl. J. Breu, Die Kroatensiedlung im Burgenland, Wien 1970,26. "*) Niedcrösterreichisches Landesarchiv (= NÖLA), Alte Gülteinlagen VUMB 33: Eckartsau. ®)NÖLA,Alte Gülteinlagen VUMB 38; Bockfließ. Da es 1567 und 1568 mehrere große Hochwä-sser gab und Freijahre bei Neubesliftungen meist zwischen 3 und 10 Jahren lagen [vgl. F. Ehcim, Zur Kroatcnsiedlung in Niederösleireich, in: UH 42 (1971)192],nehmeich an,daß die Besied lung nach der Auswandererwelle von 1556 (Breu,16)erfolgte. ®)Topographie,572. ')Breu,59. ®) I. Keiblinger, Geschichte des Benediklinerstiftes Melk in Niederösterreich II/2, Wien 1869,366. ')Topographie,572. *®) Diözcsanarchiv Wien (= DAW), Passauer Consistorial-Protokolle (= PCP) 1643-1649,13.Juli 1646,fol.455. *')Kam 1663 zu Marchegg; vgl.DAW, PCP 1663,13.Juli 1663,fol. 110. *')Wurde 1850selbständig; vgl. Wiener DIözesanblait 1907,115. *') Wurde 1784 selbständig; vgl. J. Schinagl, Kurze Geschichte von Stopfen reuth,Hainburg 1922,8. **) Wurde 1755 selbständig; vgl. DAW, Landpfarren (= LPf) Witzclsdorf, Promemoria vom 24.Dezember 1755. *®) DAW,LPf Engelhartstctten K 681, Präsentation vom 26. März 1663. *®) DAW, PCP 1666, 24. September 1666,fol. 167. ")DAW,LPf Engelhartstetten K 681, Schreiben vom 23.August 1690. *®)Haus- Hof- und Staatsarchiv, Herr schaft Schloßhof, Bd. 2 Gedancksbuech von 1717bis 1764,fol.48. ")Zu dieser Zeit hatte Engelhartstetten etwa 350 Einwohner. Bei der Bcvölkcmngszählung Anfang 1696 waren 334 Personen in der Herrechafi Engelhartstctten gezählt worden: NÖLA, Ständische Akten G-15-16, Seelenbcschreibung vom Jahr 16952®)DAW,PCP,6.Juni 1720,fol. 370. '*) Ebd., 5. Juni 1720, fol. 365. In den Nachbarorten Markthof und Groißcnbrunn hatte es bereits 1697 ähnliche Schwierig keiten gegeben. Auch damals führte der betroffene Pfarrer die Klagen auf
RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=