Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Täglich sollten sie eine Ave Maria mit dem Zusatz „Hl. Jungfrau Maria und hL Joseph, bittet für uns und für die armen Heidenkinder" beten. Alljähr lich vmrde durch Los der vierte Teil der Taufnamen der Vereinsmitglieder ermittelt und an den Generalvorstand des Vereines mitgeteilt; diese Namen wurden dann den zu taufenden Heidenkindem dieses Jahres gegeben'". Maria Empfängnis-Verein (Orientverein) Durch den Krimkrieg (1854-1856) war auch das Schicksal der Katholi ken im Osmanischen Reich in den Blickpunkt einer breiteren Öffentlich keit getreten. Zu ihrer Unterstützung wurde am 8. September 1857 der „Verein von der Unbefleckten Emp fängnis Mariens für die Katholiken im türkischen Reich und im Orient" ge gründet". Das Protektorat des Verei nes übernahm der Wiener Erzbischof Kardinal Joseph Othmar von Rau scher. Für den Verein fand alljährlich am Fest der Erscheinung des Herrn(6. Jänner), ab 1890 am Titularfest des Vereines (8. Dezember)eine Kirchen sammlung statt. Die Aktivität dieses Vereines erstreckte sich auf die Balk anländer, Kleinasien, Syrien, Palästi na. Äg^-pten, Mesopotamien, Persien und Indien-^ Im Ersten Weltkrieg wxirde dieser Verein von den öster reichischen Bischöfen zur Zentralstel le für die Unterstützung der Orient mission erklärt. Mit dem Kriegsein tritt der Türkei auf der Seite der Mit telmächte wimden ab 1915 die meisten französischen tmd italienischen Mis sionare ausgewiesen. Hier versuchte der Orientverein,für die verbliebenen Katholiken Ersatz zu schaffen^'. Der Verein bestand noch bis 1941. Neuordnung des Missonswesens 1919 Die Missionsvereine hatten in der Zeit der Monarchie besondere politi sche Bedeutung. So erklärte Kardinal Rauscher 1871 gegenüber dem Mini ster des Äußeren: „... die Unterstüt zung der Missionen ist nicht nur eine Pflicht der Nächstenliebe,sondern hat auch eine politische Seite, am aller meisten im türkischen Reiche; aber doch auch in den übrigen (jebieten der Missionsthätigkeit. Das weiß man in Frankreich und handelt danach"". Die zum Thema „Mission" auf dem Dritten Österreichischen Katholiken tag(Linz 1892)gefaßte Resolution be weist ebenfalls deutlich die enge Ver flechtung zwischen Politik und Missi on: „Vor allem möge diese Unterstützimg den katholischen Gemeinden imd dem Wirken der Missionäre in Bosnien und Herzegowina in kräftig ster Weise zutheli werden,indem dar in die sicherste Gewähr liegt, dass der katholische Theil der Bevölkerung je ner Länder zu treuen, dankbaren Unterthanen unseres Vaterlands gewon nen werde..."". Auf dem Ersten Allgemeinen Öster reichischen Katholikentag,der 1877 in Wien abgehalten wurde, \vurde im Rahmen der Sektion „Angelegenhei ten des katholischen Lebens" auch das Thema „Mission" behandelt-'. Der Re ferent, Dr. Gustav Müller, Levit bei St.Stephan,zeichnete ein ernüchtern des Bild von der Aktivität der öster reichischen Missionsvereine: vergli chen mit dem Missionsaufkommen Frankreichs waren die österreichi schen Ergebnisse ein wahres „testimonium paupertatis". Die einzelnen Ver eine (Leopoldinenstiftimg, Marienverein, Maria Empfängnis-Verein) waren nach dem anfänglichen Elan der Gründungszeit zur Bedeutungslosig keit herabgesunken. So forderte Mül ler, die Unterstützxmg der Missi onstätigkeil als „patriotische" Aufga be zu propagieren und die bestehen den Missionsvereine in einem Zentral verein zusammenzufassen. Trotz ver schiedener Vorarbeiten kam eine sol che Vereinigung nicht zustande. Zwar wurde 1883 durch den Wiener Erzbi schof Cölestin Gangibauer das Projekt eines zentralen „Missionsvereines mit besonderer Berücksichtigung des Ori ents'"^ unter dem Protektorat des Wie ner Erzbischofs und Sitz in Wien - darin sollten die Leopoldinenstiftung, der Empfängnisverein und der Mari enverein zusammengefaßt werden - ausgearbeitet, doch scheiterte seine Verwirklichung. Auch der im Rahmen des Fünften Österreichischen Katholi kentages (Wien 1905) konstituierte „Missions-Verband aller in Österreich für die Heidemnission bestehenden Unternehmungen" konnte sich nach anfänglichen Erfolgen-so wurde all monatlich in einer Kirche Wiens eine spezielle Missionspredigt gehalten - nicht durchsetzen". Die Zeit nach dem Ersten Welt krieg brachte auch für das Missions wesen eine völlige Neuorientierung: 1919 wurde das Missionswesen in der Erzdiözese Wien und anschließend in ganz Österreich auf eine neue Basis gestellt: Zwar war das(Lyoner)„Werk der Glaubensverbreitung" durch be sondere Förderung durch Kardinal Nagl (1911-1913) schon 1913 auch in der Erzdiözese Wien eingeführt wor den", es bestand aber nur neben den vielen anderen Missionsvereinen, ohne leitende oder einigende Funktion. Gleichzeitig hatte sich aber auch das missionarische Bewußtsein des Klerus und einer bi^eiteren Öffentlichkeit geändert. So hatte Joseph Schmidlin auf dem XXIII. Internationalen Eucharistischen Kongreß, der 1912 in Wien abgehalten wurde, gerade die Priester zur Förderung des Missions bewußtseins aufgerufen: „Für den Seelsorger, der täglich das weltum spannende Erlösungsopfer des Erlö sers darbringt, ist es besondere Pflicht, in die Gesinnung des Heilan des einzugehen und seine Gemeinde zur eifrigen Mitwirkung am Missions werke der Kirchezu erziehen."". Auch die akademische Missionsbewogung faßte ab 1912 in Österreich Fuß^^ Vor diesem Hintergrund boten sich für die von Kardinal Piffl ab 1919 durchgeführte Reorganisation des östen-eichischen Missionswesen besse re Erfolgsaussichten''". Im Diözesanblatt vom 26. Juli 1919 faßte Kardinal Pifü unter dem Titel „Der XaveriusMissions-Verein oder das Werk der Glaubensverbreitung" die Neuord nung zusammen"'. Einleitend betont Pifü die innigen Zusammenhänge zwischen Mission und (Heimat)Seelsorge: „Durch die allgemeine Missions bewegung wird die Wertschätzung des hl. Glaubens,der Kirche und des Priestertums wirksam dem Volke einge pflanzt. Durch sie wird es sich des Gutes der katholischen Religion be wußt. Was wir dringend brauchen, ist Glaubensfreude und Glaubensmut. Das Beispiel unserer Glaubensboten vmd der Neuchristen in den Heidenländem wirkt belebend und aufmxmtemd". Das Missionswesen sei daher „eine eminent kirchliche Angelegen heit, die im Mittelpunkt der eigentli chen Seelsorge(cura ordinaria)stehen muß".Rückblickend lobt der Kardinal den in den verschiedenen Missionsver einen des 19. Jahrhunderts aufge wendeten Eifer. Die Gegenwart ver lange aber die Erfassung aller Schich ten der Bevölkerung und den Einsatz des ganzen Seelsorgeklerus. Als Orga nisationsform wird der „von Päpsten und Bischöfen wiederholt empfohlene Franziskus-Xaverius-Verein (Werk der Glaubensverbreitung)" und der Kind heit-Jesu-Verein festgelegt. Gleichzei tig wird die Einrichtung eines eigenen Diözesanausschusses und Verwal tungsrates dieses Werkes bekanntge geben. Das Hirtenwort endet mit der Hoffnung,die Missionsbewegung wer de sich auch auf die seelsorgliche Si tuation der Erzdiözese Wien positiv auswirken: „Wir versprechen uns von der Erneuerung des Weltmissionsver eines nicht nur eine fortschreitende, für Heimat und Heidenland segensrei che Missionsbewegung, nicht nur eine gefestigte xmd gedeihliche Entwick lung aller bestehenden Missionswerke, sondern vor allem eine Erneuerung und Stärkung des religiösen Lebens und Sinnes im ganzen katholischen Volke". Das Sekretariat des Werkes der Glaubensverbreitung wurde im erzbischöflichen Palais selbst einge richtet und am 3. Dezember 1919 fei erlich eröffnet". Um vor allem den Klerus für die Missionsarbelt zu fordern, wurde am 27. Mai 1921 von Kardinal Pifü der Priestermissionsbund für die Erzdiö zese Wien errichtet". Mit diesem schloß sich noch im gleichen Jahr der „Theologen-Missionsverband Öster reichs"zusammen. Am 27. November 1922-am ersten Adventsonntag - wurde in den Kir chen der Erzdiözese Wien der erste allgemeine Missionssonntag began gen^. 1922 wurde auch mit der Abhal tung von Missionsfesten in der Kirche Am Hof am Weißen Sonntag begon nen. Seit 1925 fanden diese in der Domkirche St.Stephan statt. 1922 verlegte Papst Pius XI. das Werk der Glaubensverbreitung von 32

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