Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

nenstiftung auf 76 (von 88) Diözesen der österreichisch-ungarischen Mon archie aus". Ab 1835 lag die Leitung der Leopoldinenstiftung beim jeweili gen Erzbischof von Wien". Die Blüte zeit der Leopoldinen-Stiftung lag si cher in den Jahi'en von 1830 bis 1848; in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun derts sank ihre Bedeutung herab. Kriegsbedingt mußte die Leopoldinen stiftung 1914 ihre Tätigkeit einstellen; nach dem Ersten Weltkrieg wurde die ser älteste Missionsverein Österreichs nicht mehr reaktiviert'". Von 1830 bis 1913 wandte die Leopoldinenstiftung für die nord amerikanischen Missionen insgesamt 3,324.067,14 Kronen auf; von diesen brachten 490.342,76 Kronen (knapp 15 Prozent) Mitglieder der Leopoldinen stiftung in der Erzdiözese Wien auf. Neben den Geldspenden sandte die Leopoldinenstiftung, angeregt durch eine Bitte Friedrich Baragas, auch Sachspenden wie Kelche, Monstran zen, Rosenkränze, Kruzifixe und Bil der nach Amerika". Außerdem war die Leopoldinen-Stiftung stets bemüht, Missionare für Nordamerika zu ge winnen oder diese durch Gewähning von Reisegeldern zu unterstützen. Marien-Verein für Afrika Nach der Beendigung des josephinischen Staatskirchentums bot das Vereinsgesetz vom 26. November 1852 auch für die Kirche die Möglichkeit, neue Vereine zu en-ichten'=. Auch für die Förderung der Mission entstanden in dieser Zeit neue Vereine. So wurde schon 1851 der „Marien verein zur Beförderung der katholi schen Mission in Centraiafrika"" ge gründet. 1846 hatte Papst Gregor XVI. auf Anregung des aus Polen stammen den Missionars P. Max Ryllo SJ das Apostolische Vikariat „Central-Afrika" errichtet. Es umfaßte das Gebiet von Oberägypten bis zum Äquator und vom Roten Meer bis zum Niger. 1894 wurden die Grenzen verkleinert, das Vikariat umfaßte aber noch immer die siebenfache Größe des Gebietes von Österreich-Ungarn. 1913 wurde im Süden eine eigene Apostolische Präfektur Bahr el Ghazal errichtet. Seit 1913 wurde das Vikariat nach Khartum benannt. Zu diesem Zeit punkt hatte es eine Größe von ca. 4 Millionen km". 1848 wurde in Khartum (Sudan) die erste Missionsstation enichtet. Als P. Ryllo schon am 17. Juni 1849 starb und die Missionen in ihrer Existenz bedroht waren, bemühte sich der aus der Diözese Laibach stammende Welt priester Ignaz Knoblecher, ein Ge fährte von P. Ryllo, durch Reisen nach Europa die für den Fortbestand der Missionen nötigen Mittel aufzutrei ben. So kam er auch nach Wien. Sein Vorhaben war erfolgreich: Kaiser Franz Joseph übernahm 1850 das Pro tektorat über die Missionen in Zen tralafrika und gestattete 1851, für die se Missionen jahrliche Sammlungen am Fest der Geburt Märiens (8. Sep tember) abzuhalten. Die enge Verbin dung mit dem Kaiserhaus erhellt auch daraus, daß später in den Missionskir chen jeweils am Geburtstag des Kai sers (18. August) ein feierlicher Got tesdienst mit einem Te Deum abgehal ten wurde. Um den Missionen in Zentralafrika auf Dauer Unterstützungen zu si chern, wurde schließlich am 8. Sep tember 1851 nach dem Vorbild der Leopoldinenstiftung der „Marienver ein zur Beförderung der katholischen Mission in Centraiafrika" gegründet. In den Statuten werden die Aufgaben des Vereines folgendermaßen um schrieben: „Der Zweck dieses Vereines ist die Förderung der katholischen Missionen in Centrai-Afrika und die Theilnahme der Gläubigen an der Verbx'eitung der Religion Jesu Christi in diesen Weltgegenden, so wie die Los kaufung von Sklaven und ihre christ liche Erziehung". Der Verein stellte sich xmter den Schutz der heiligsten Jungfrau Maria und feierte sein Grün dungsfest jährlich am 8. September, dem Fest Maria Geburt. Für die Wahl dieses Patroziniums war folgendes Er eignis ausschlaggebend: 1848 bereitete Ignaz Knoblecher die ersten afrikani schen Kinder auf den Empfang der hl. Taufe vor; am Vorabend des Tauftages fand er die Katechumenen andächtig versammelt: auf seine Frage, was sie machten, antworteten sie: „Wir beten zur Mutter Gottes, daß sie für uns bit te, damit wir den morgigen Tag erle ben, der uns zu Christen machen soll"". Entsprechend beteten die Ver einsmitglieder täglich ein Vater Unser und den Englischen Gruß mit dem Zu satz: „Bitte Himmelskönigin Maria für die unglücklichen Neger, damit sie mit uns theilhaftig werden der Verheißun gen Christi". Später wurde auch dar auf verwiesen, daß Maria und Joseph auf ihrer Flucht vor Herodes nach Ägypten, also nach Afrika, gekommen seien. 1892 wurde der Verein reorgani siert und der Leitung des österreichi schen Gesamtepiskopates unterstellt. Der neue Vereinsname war nunmehr „Marienverein für Afrika". Durch den Mahdi-Aufstand im Su dan wurden die Missionsstationen 1883 bis 1885 zerstört. Erst unter dem Apostolischen Vikar Bischof Franz Xaver Geyer (1903-1923) erlebte die katholische Mission in diesem Gebiet einen neuen Aufschwung. Bei seinem Amtsantritt (1903) zählte das Vikariat 9 Priester In 4 Missionsstationen. 1914 gab es 6 Missionsstationen, 17 Wanderseelsorgsposten, 3 Katechismuspo sten, 11 Kirchen und Kapellen, 22 Priester, 13 Brüder, 45 Schwestern. Von den 7 Millionen Einwohnern wa ren 3000 Katholiken. Der Verlauf der Missionierung sei an einem Beispiel, das Bischof Geyer 1914 dem Wiener Erzbischof Piffl mitteilte, illustriert; „Als vor 12 Jahren die ersten Glau bensboten bei den Schilluk landeten, um sich dauernd anzusiedeln, legten sie sich diese Neuheil dahin aus, dass ihr Land die weissen Flüchtlinge aus armer Fremde angezogen, und sie spielten ihnen gegenüber die überlege nen Hausherren. Das entsagungsvolle, gottesfürchtige Leben der Fremden, ihr unverdrossener Arbeitseifer, die Hingebung, mit der sie allen leibliche und geistige Werke der Barmherzig keit angedeihen Hessen und die augen fällige Xibereinstimmung ihres Lebens und ihrer Lehren, brachten die schlichten Wilden zum Nachdenken. Jene, welche jahrelang mit den Frem den verkehrten, erkannten zuerst mit dem natürlichen Verstand, dass über irdische Beweggründe und Tiäebkräfte am Werke sein mussten. Doch das Volk war stolz. Die Erkenntnis musste von der Demut befruchtet werden. Da griff Gott ein und schlug einen Jüng ling mit peinvoller Krebskrankheit. Jahrelang bemühte sich die Nächsten liebe der Missionäre um ihn, bis er, von Leiden und Hingebung besiegt, xmd von der Gnade bezwungen, in den Schoss der Kirche sank. „Ein Unheil barer dem Fremden vei-fallen!" so dachte die hochmeinende Schillukjugend und sah mit Mitleid auf ihn her ab. Doch wie der Sturmwind zuerst den morschen Zweig bricht, und dann sausend in die ächzende Äste fährt, so sprang Gottes Gnade vom leidenden Neophyten auf die stärksten Vertreter der kriegerischen Jugend über und ei ner nach dem anderen wankten sie und beugten das geschorene Haupt unter Christi Joch. Sie, die sich einst gesetzlos inmitten ihres Volkes beweg ten, und das ganze Land in die Schranken forderten, wandeln heute demütig zur Kirche, legen Speer und Schild nieder und beugen das Knie in den Staub zur Bekennung ihrer Schuld! Und wenn der Friedensfürst unter weisser Gestalt bei den kohl schwarzen Recken in frommer Hal tung Einkehr hält, so fühlt man wie ein Wehen von Pfingstwonne. Nir gends zeigt sich die ewig junge Kraft des Christentums in ungebrochenerem Lichte als in dem wunderbaren Wan del, den es in Sinn und Herz unge schminkter Naturvölker schafft""' . Nach dem Ersten Weltkrieg über trug der Marienverein für Afrika seine Agenden dem Franziskus-XaveriusVerein (Werk der Glaubensverbrei tung) der Erzdiözese Wien und stellte seine Tätikeit ein'\ Kindheit Jesu-Verein Noch 1852 wurde in Wien das Werk der heiligen Kindheit Jesu, das in Frankreich vom Bischof von Nancy Charles de Forbin-Janson (1785-1844), um möglichst vielen Heidenkindern den Empfang der Taufgnade zu er möglichen, gegi'ündet worden war, eingeführt". Die Einführung wurde besonders vom damaligen Pfairer von Wien-St. Leopold, Matthias Poppenberger (1807-1883) betrieben. Er gehörte dann auch dem Verelnsvox*- stand an. Das Werk der heiligen Kind heit Jesu war ein ausgesprochener Kindei'missionsverein. Mitglieder konnten Kinder von der Taufe an sein. 31

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