Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

el, Mödling, veröffentlichen und sach kundige Vertreter des Islam,Buddhis mus,Hinduismus und der christlichen Konfessionen zu Wort kommen lassen im Sinn eines interreligiösen und so mit interkuiturellen Dialogs^. Auf der amtskirchlichen Ebene ha ben sich die Vollversammlungen kon tinentaler Bischofskonferenzen große Prominenz erworben:CELAM(Consejo Episcopal Latinoamericana)für La teinamerika, SECAM (Symposium of Episcopal Conferences of Africa and Madagascar) und AMECEA (Association of Member Episcopal Conferences of East Africa) für Afrika,FABC(Federation of Asien Bishop's Conferen ces) für Asien. Die Versammlungen sind jeweils durch Fachtheologen und Vertreter der Bischöfe bestens vorbe reitet und führen zu richtungsweisen den Beschlüssen, die unmittelbar in das Leben der Ortskirchen des Konti nents eingreifen: Inkulturation kon kret. Es ist verständlich, daß die vati kanischen Zentralinstanzen ein prü fendes Auge auf diese Vorgänge wer fen,doch handelt es sich dabei um die Durchführung von Inkulturationsvor gängen, die in den päpstlichen Doku menten so dringend empfohlen wer den, freilich innerhalb der lebendigen Gemeinschaft der Gesamtkirche. 8.Der Vorgang der Inkulturation Warnende Stimmen sind immer wieder zu hören, die die Besorgnis äußern, Inkulturation könnte wieder um zur Aufsplitterung in Nationalkir chen führen, wie es sich in der Ver gangenheit als eine echte Gefahr er wiesen hat. Die Gefahr der Abspaltungen scheint dann sehr gering, wenn die notwendigen Schritte im Vorgang der Inkulturation gewissenhaft vollzogen und keine überhasteten oder einseiti gen Beschlüsse durchgeboxt werden. Zugleich müssen die Ortskirchen aber auch die Erfahrung machen, daß sie sich in ihren eigenen Kulturen aus drücken dürfen und nicht wiederum dem Diktat der europäischen Kultur unterwerfen müssen. Einheit ist nur mehr in der Vielfalt möglich. Inkulturation vollzieht sich, nach der in der Missionswissenschaft erho benen Erfahrung,in zwei Richtungen: a)Adaptation(Anpassung)der allen Kirchen gemeinsamen Glaubensschät ze (Bibel, Sakramente, Grundwahr heiten des Glaubens und der Kirchen struktur) an die Kulturen und Spra chen der Völker in einer konkreten Vielfalt von Bibelübersetzungen,kate chetischen und liturgischen Texten, aber auch in einer lokalen Ausprä gung der Formen christlicher Ehe und Familie in nichteuropäischen Kultu ren. b) Assimilation (Aufnahme) von Elementen religiöser Erfahrung aus den Traditionen nichteuropäischer Völker,die den Menschen kostbar sind und mit dem Evangelium vereinbar und somit die Identität dieser kirchli chen Gemeinschaft prägen; Initiati onsriten, religiöse Tänze,Ahnenvereh rung, Heilungen durch Gebet und Handauflegung usw. In beiden Richtungen sind Resultate der Inkulturation keineswegs von ei ner Kultur in eine andere übeifragbar. Auch der von Johannes Paul II. 1983 approbierte neue „Codex Juris Canonici" nimmt wiederholt auf die Not wendigkeit einer Kontextualisienang kirchlicher Vorschriften Bezug und biete eine Fülle konkreter Beispiele dafür an®. Aus derPraxis der Pastoralinstitute, der Institutionen der Bischofskonfe renzen und der wissenschaftlichen Re flexion läßt sich der folgende Prozeß der Inkulturationsvorgänge als ziel führend vorschlagen: a) Anthropologische Forschung zur Feststellung der lebendigen Werte ei ner bestimmten Kultur; die Ortskir chen dürfen keine Museen werden für Kulturelemente der Vergangenheit, die den Menschen nichts mehr bedeu ten. b)Theologische Bewertung der Kul turelemente, die als wertvoll und übemehmenswert erkannt sind (etwa religiöser Tanz oder Heilungsgebet). Die Theologen werden sich in der Ge schichte der christlichen Kirchen um schauen, aus den Erfahrungen anderer Ortskirchen lernen, sich an den ge samtkirchlichen Weisungen orientie ren. Oberstes Kriterium ist das Evan gelium. c) Diskussion konkreter Vorschläge imter Fachleuten, Seelsorgern und Laienführem, etwa über die Möglich keit der Gründung kirchlicher Basis gememden für priesterlose Gottes dienste und kontextuelle Pastoral. d) Erprobung empfehlenswerter Versuche in Pilotpfarreien, da sich viele gute Ideen nur von der Praxis her als durchführbar oder undurch führbar erweisen. e)Approbation der Ideen und Vor schläge durch den Bischof und seinen Pastoralrat und Weiterleitung an. die Bischofskonferenz zur Bewahrung ei ner grundsätzlichen Einheit unter den Diözesen des Landes. Die Weiterlei tung zur Approbation durch den Vati kan ist dann sinnvoll, wenn dort Fachleute ein kompetentes Urteil über das konkrete Projekt abgeben können, sonst kann man es der Verantwortung der Bischofskonferenz überlassen, ei ne Entscheidung zu fallen. Die Appro bation liturgischer Bücher m Lokal sprachen, die im Vatikan nicht ver standen werden, durch diese zentrale Autorität ist nicht sinnvoll. f) Gründliche Unterweisung der Gläubigen über die Sinnhaftigkeit der neuen Idee und Gewinnung der Zu stimmung einer möglichst großen Mehrheit dafür. Kommt diese Mehr heit nicht zustande, ist die Durch führung des Vorgangs zurückzustel len. Inkulturation kann nicht gegen den Willen der Gläubigen erfolgreich werden. Inkultui*ationsprozesse brau chen Zeit Ist die Mehrheit der Gläu bigen dafür gewonnen, kann die Be geisterung umso größer sein. Die Mes se im „zairesischen Ritus" etwa löst bei allen zairesischen Katholiken star ke Zustimmung aus und regt sie zu ei nem intensiveren Mittun an als die aus Europa hergebrachten Meßformen. Die vom Vatikan herausgegebenen li turgischen Texte müssen nicht nur übersetzt, sondern umgestaltet wer den, wobei die wesentlichen Elemente der Eucharistiefeier selbstverständlich unverfälscht erhalten bleiben. 9.Grenzen derInkulturation Schlechte Erfahrungen mit Inkultu ration treten dort auf, wo die Grenzen der Inkulturation nicht beachtet wer den. Dann kommt es zu Aufsplitte rungimd Verwirrung. a) Die Neuheit und prophetische Andersartigkeit der Botschaft Jesu darf nicht verwischt werden. Das Evangelium befreit den Menschen, weil es anders ist als das bereits Be kannte und weil es den Menschen imd die menschliche Gemeinschaft ständig neu zur Umkehr aufruft. Die christli che Verkündigung muß die Spannung durchstehen zwischen dem Bestreben, Jesu Wort den Menschen nahezubrin gen, und der Versuchung, es billiger zu geben, damit es besser ankommt. Die Botschaft Christi bleibt kritisch und prophetisch gegenüber den Fehl formen aller Kulturen. b)Die Gefahr des Synkretismus:In kulturation kann in dem Bestreben, die Hochschätzungen der Kulturen zu verwirklichen, eine vom Evangelium nicht gestattete Verschmelzung christ licher und nichtchristlicher Elemente bewirken. Das kann z.B. eine magi sche Interpretation der Sakramente bedeuten oder ein Hinnehmen der Diskriminierung der Frauen oder be stimmter Rassen, weil das eben in die ser Kultur bishei- so üblich war. Wenn es den Ortskirchen meist auch nur langsam gelingen wird, die Kulturen nach der Botschaft des Evangeliums umzuwandeln, muß di« aber zweifel los das Ziel der Verkündigung sein. c)Der weltweite Prozeß des Kultur wandels verändert die tradition^en Kulturen und ihre WerteSysteme. In kulturation ist aber nur srnnvoD in bleibende Werte. In der nachkolonia len Zeit und im Prozeß weltweiter Mo dernisierung ringen die Völker um ih re Identität, und es gehört zu den Auf gaben der Ortskirchen, die Völker auf diesem Wegzu begleiten. Inkulturation ist ein komplexer und schwieriger Vorgang, vor dem sich viele fürchten. Inkulturation ist aber zugleich ein notwendiger,ja vordring licher Vorgang - denn Ortskirchen sind entweder inkulturiert oder sie Weihen, etwas Fremdes. So wird das Anliegen der Inkulturation die katho lische Weltkirche dmch die Jahrhvmderte dei- Zukunft begleiten, wie ess^ durch die Jahrhunderte der Vergan29

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