Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträgezur Wiener Diözesangeschichte BEILAGEZUM NNIENER DIOZESNvl BLMT 33.Jahrgang,Nr.3 Wien,1. Dezember 1992 Am 12. Oktober 1492 landete Chri stoph Kolumbus auf seinem Weg nach Indien auf der Insel Guanahani, im heutigen Santo Domingo. Kolumbus setzte seine Fahrt fort und legte auf La Espanola, heute Haiti, an, wo die erste spanische Siedlung entstand. Damit hatte der aus Genua stammen de Seefahrer vor fünfhundert Jahren das Tor zur „Neuen Welt" geöffnet. Mit diesem Datum wurde eine neue Epoche der Welt- und Kirchenge schichte eingeleitet. Für die Europäer war die Landung von Kolumbus der Beginn großer Entdeckungen, für die indianische Urbevölkerung der An fang einer durch Unterwerfung, Ge walt, Völkermord und Raub gekenn zeichneten leidvollen Geschichte. Schon auf seiner zweiten Reise führte Kolumbus 12 Priester mit sich, um in Erfüllung des Auftrages der ka tholischen Herrscher Spaniens „auf jede ihm mögliche Weise die Bewoh ner dieser Inseln und Festlandsgebiete zum Übertritt zu unserem heiligen katholischen Glauben 201 bewegen". Damit wurde jene große Missionie rung und Evangelisierung eingeleitet, die die Geschichte der katholischen Kirche bis zur Gegenwart entschei dend geprägt hat. Aus diesem Anlaß ist das vorlie gende Heft der „Beiträge" dem The ma „Mission" gewidmet. Der einlei tende Artikel setzt sich mit der sich jeder Zeit neu stellenden Frage des Verhältnisses von Mission und Inkul turation auseinander. Der zweite be handelt die Beteiligung der Erzdiöze se Wien an der Weltmission im 19. Jahrhundert mittels der damals ge gründeten Missionsvereine. Ein drit ter Beitrag skizziert das Aufkommen des Themas „Mission" in barocken Altarbildern. Inhalt: Mission und Inkulturation in Geschichte und Gegenwart Missionsvereine in der Erz diözese Wien im 19. Jahr hundert Die Missionsthematik in ba rocken Altarbildern Nachrufe Buchbesprechungen Vorschau Mission und Inkulturation In Geschichte und Gegenwart Von Kurt Piskaty SVD Der Ausdruck „Inkulturation" ist neueren Datums. Es wird angenom men,daß der Ausdruck 1962 vom bel gischen Missionswissenschaftier Jo seph Massen SJ erstmals in die missi onswissenschaftliche Literatur einge führt wurde. Fest steht, daß die erste Vollversammlung der Vereinigung asiatischer Bischofskonferenzen in Taipei 1974 den Begriff erstmals aus führlich in einem kirchlichen Doku ment verwendete'. Inzwischen ist der Begriff In den christlichen Kirchen voU akzeptiert. Auch Papst Johannes Paul II. legte das Anliegen der Inkul turation in seinem Rundschreiben „Catechesi tradendae"(1979) und be sonders in der Missionsenzyklika „Redemptoris raissio" (1990) ausführlich dar. Die Praxis der Inkulturation ist so alt wie die christlichen Kirchen,die in den verschiedenen Sprachen und Kul turen der Völker heimisch geworden sind und aus ihnen die Ausdrucksfor men des Glaubens, des Betens und des christlichen Lebens schöpften. 1.Der Begriff „Inkulturation" Inkulturation wird umschrieben als „der Vorgang des Eingehens der Kir che auf eine vorgegebene und geform te Kultur"-, oder ausführlicher als „die Integrierung der christlichen Er fahrung der Ortskirche in die Kultur des jeweiligen Volkes, sodaß diese Er fahrung sich nicht nur in Elementen der eigenen Kultur ausdrückt,sondern auch eine Kraft wird, die diese Kultur belegt und umwandelt ... als eine Be reicherung für die Gesamtkirche"^ Das Wort Inkulturation geht auf die völkerkundlichen Begriffe „Enkulturation" und „Akkulturation" zurück, wird in der Theologie aber bewußt mit dem Prinzip der „Inkarnation" in Be ziehung gesehen: In Jesus Christus ist der Sohn Gottes in einer bestimmten Kultur Mensch geworden und hat sei ne Botschaft in einer bestimmten Sprache und Kultur ausgedrückt; Aufgabe der Ortskirchen ist es jetzt, die Botschaft Jesu in jeder anderen Kultur „inkarnieren" zu lassen, daß sie auch dort heimisch wird und das Leben der Menschen von innen her umwandeln kann. Denn wenn sie nicht heimisch wird,bleibt sie fi-emd. Begriffe, die dem Ausdruck „Inkul turation" in der missionswissenschaft lichen Literatur vorausgegangen wa ren und jetzt dem Vorgang der Inkul turation zugeordnet werden, spielen seit Jahrhunderten im Missionsge schehen eine bedeutende Rolle; Adap tation und Akkommodation,Assimila tion und Transformation, Kontextualisierung und Indigenisierung u.a. 25

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