auch ein hohes Ausmaß an Anpas sungsfähigkeit und Flexibilität bewie sen. Im Sinne der Katholischen Sozi allehre ist der Geist dieser Kooperati on entscheidend, die Grundtatsache der Zusammenarbeit der arbeitenden Menschen bei der Erfüllung der ge meinwohlorientierten Aufgaben. So besteht eines der erstrangigen Ziele dieser Sozialpartnerschaft in der Er haltung des sozialen Friedens,eine für die funktionsfähige Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung überaus wichti ge Zielsetzung. Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen der ver schiedensten Art sind zur Zusammen arbeit nicht nur in Fragen der Tarif autonomie, sondern auch zu Mitwir kung in paritätischen Ausschüssen an der Gestaltung der Wirtschafls- und Wettbewerbsordnung berufen. So hat sich in Österreich ^ese Kooperation in der für die Lohn-, Einkommens und Preispolitik wichtigen Paritäti schen Kommission und ihrem Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen be währt. Diese Zusammenarbeit von Re gierung und Sozialpartneni hat auch die Entwicklung der Sozialgesetzge bung positiv beeinflußt. Die Katholi sche Kirche hat immer wieder zu den grundsätzlichen Fragen der Sozialpo litik Stellung genommen, so im Rah men des Wiener Katholikentages 1958: Unter der Devise „Ihr alle seid Brü der" wurde die soziale Verantwortung des Christen besonders hervorgeho ben. Im Sozialhirtenbrief von 1956 wurde die Kooperation der Sozial partner als zukunftsweisend gekenn zeichnet. Der führende katholische Sozialethiker unserer Zeit, Johannes Mes sner,zeichnete auf der Grundlage der christlichen Sozialprinzipien, vor al lem des Solidaritäts-, des Subsidiaritäts- und des Freiheitsprinzips die Konzeption eines Wirtschaftssy stems der geordneten Freiheit. Es gehe dabei um so viel Fi'eiheit als möglich, so viel Regelung als notwendig, dies im Interesse des Gemeinwohls. Mes sner sagt auch, daß der Markt zu den Stärksten gesellschaftsbildenden Klüf ten gehöre.-' In Österreich konnten im Rahmen des Raab-Kamitz-Kurses schon in den frühen Fünfzigerjahren gezielte marktwirtschaftliche Impulse von der Wirtschaftspolitik gesetzt werden, dies zugleich mit dem allmählichen Abbau dirigistischer und planwirt schaftlicher Ordnungsvorstellungen der unmittelbaren Nachkriegszeit. Die Katholische Kirche hat ihre Po sition der Eigenständigkeit vor allem durch die Katholikentage 1952 und 1962 und die Anerkennung des Kon kordates von 1933 im Jahr 1957 und die folgende Regelung der Schul- und Vermögensfragen gesichert. Das Zweite Vatikanische Konzil hat für die Gesamtkirche,vor allem in der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes" diese Grundhaltung noch stär ker verankert, zugleich die Aufgaben der Kirche zur Mitwirkung an der Ge sellschaftspolitik hervorgehoben. Aus diesem Geist hat die Katholische Kir che in Österreich bei klarer Kompe tenzabgrenzung von Kirche und Staat ihren Grundauftrag darin gesehen, In wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen,die das Sittengesetz betreffen, ihre Standpunkte zur Geltung zu bringen. So hat die Kirche gerade in jenen Fragen, die den Schutz des menschlichen Lebens in allen seinen Formen,ebenso den der Personenwür de(besonders auch gegenüber Asylbewerbem,Flüchtlingen und Gastarbei tern) betreffen, immer wieder ihre Stimme erhoben. Besonders haben sich die Kirche und die katholischen Organisationen aber immer wieder und dies ganz im Sinne des Zweiten Vatikanums mit den Fragen der Eheund Familiengesetzgebung auseinan dergesetzt; der Katholische Familien verband und die Katholische Aktion haben dabei nicht nur im Familienlastenausgleich, sondern in der Schaf fung einer familienfreundlichen Ge sellschaftsordnung ein entscheidendes Grundanliegen gesehen. Zukunftsperspektiven Heute geht es aus der Sicht der Ka tholischen Soziallehre um eine „Kul tur der Demokratie",wie sie vor allem die Enzyklika „Centesimus annus" herausstellt. Eine wahre Demokratie ist demnach nur in einem Rechtsstaat und auf der Grundlage einer richtigen Auffassung vom Menschen möglich, führt das Rundschreiben von 1991 aus. Um diesen Menschen, um jeden einzelnen geht es dem Papst seit seiner ersten Enzyklika „Redemptor hominis", wo der einmalige Wert des ein zelnen besonders herausgestellt wird, dies in einer Welt,die Millionen dieser einzelnen an Hunger und Elend zu grunde gehen läßt. Das große Umden ken seit dem Jahr 1989, das mit dem Scheitern der kommunistischen Ideo logie eingesetzt hat, ist auch für das Verhältnis von Kirche und Staat maß gebend: Es geht um den Aufbau einer funktionsfähigen Friedensordnung, die auch wesentlich durch übei-staatliche Kooperation und Integi-ation ge fördert wird. Die christlichen Kirchen haben überall und so auch in Europa die Aufgabe, an zukunftsweisenden Lösungen in diesen Bereichen mitzu wirken.So haben sie auch eine unver tretbare Aufgabe im Bereich der eu ropäischen Integration: Sie müssen, wie Kardinal König erst kürzlich wie der herausgestellt hat, dabei immer wieder auf das ganze Europa hinwei sen, nicht nur auf Westeuropa in sei nen Grenzen der EG- und EFTAStaaten. Osteuropa ist in diesem Sinn eine besondere Herausforderung für die christlichen Kirchen.*' Das zeigt sich besonders auch in Österreich mit seiner Lage zwischen dem hochent wickelten Westeuropa und jenem Ost europa,das noch durch Jahraehnte die Spuren der kommunistischen Miß wirtschaft aufweisen wird. Die Kultur der Demokratie, von der „Centesimus annus" spricht, hat in Österreich in den Pfarrgemeinderäten und anderen pastoralen Gremien eine besondere Ausprägung erhalten, aber auch in den rfelen Laienorganisatio nen. Das Verhältnis von Staat und Kirche kann immer mehr von dieser Kultur der Demokratie bestimmt wer den. Die Katholische Kirche sieht beson ders seit dem n.Vatikanischen Konzil in der Gewissensfreiheit ein entschei dendes Grundrecht des Menschen.Im übrigen geht es um klare Kompetenz abgrenzungen von Kirche und Staat. Die anerkannten Kirchen sind Kör perschaften des öffentlichen Rechts. Sie haben gesellschaftspolitisch gese hen wichtige Aufgaben, die über ihre religiösen Zielsetzungen hinausgehen und insbesondere in der Schul- und Erwachsenenbildung immer bedeu tender werden. Die hohe Einschätzung des Einzel nen und seiner existentiellen Lebens erfüllung führt zur Forderung der Ka tholischen Soziallehre an das politi sche System, eine Basissicherung durch eine umfassende Sozialpolitik zu gewährleisten, durch die allen Per sonen, die aus eigener Kraft dazu nicht in der Lage sind, eine Erfüllung ihrer wesenhaften Lebenszwecke si chergestellt wird. In ihrem Sozialhirtenbrief (1990) haben die katholischen Bischöfe Österreichs zukunftsweisende Forde rungen im Bereich der Sozial- und Gesellschaftspolitik herausgestellt: Die neue soziale Frage, die im Sozial hirtenbrief so sehr betont wurde,kann nur aus dem Geist einer Solidarität bewältigt werden. Privilegierten Gruppen in der Gesellschaft stehen Benachteiligte gegenüber: Kinderrei che Familien, Inhaber kleiner Min destpensionen, kranke alte Menschen, Behinderte, Flüchtlinge und wohl auch Strafentlassene sind nur die größeren Gruppen von Menschen, de nen eine ausreichende Existenzsiche rung vielfach fehlt. Der Sozialhirten brief wendet sich mit allem Nach druck gegen jede Form eines Grup penegoismus. Wir sind uns in unserer Wohlstandsgesellschaft der Tatsache zu wenig bewußt, daß solche Haltun gen letztlich aus einem Materialismus kommen, der immer und überall unchi'istlich und letztlich auch un menschlich ist, weil gegen die Men schenwürde gerichtet. Die Salzburger Politikwissenschafterin Gertraud Putz hat in ihrem Standardwerk „Christentum und Menschenrecht" den hohen Anteil der Katholischen Kirche in unserer Zeit herausgestellt, an der weltweiten Durchsetzung von Grund- und Frei heitsrechten zu wirken.' In ihrer be sonderen Sorge für die Dritte Welt wird die Katholische Kirche nicht nur zur immer wieder hervortretenden In stitution, die auf die damit verbunde nen Probleme deutlich hinweist, son dern die selbst mit ihren vielen natio nalen und internationalen Organisa tionen Entwicklungshilfe umfassender Art leistet. Die Rolle der Kirche als Anwalt der Menschenrechte veiündert 15
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