Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Firmkatechese in Wien Eine Etappe in der Entfaltung des Auftrages an die Laien zur Mitarbeit in Kirche und Pfarre Von Christoph Gstaltmeyr Wer sind die Laien? Welche Stellung hatten die Laien bei der Firmvorbereitung in Wien im Laufe der letzten Jahre? Was bedeutet heute Mitarbeit in Kirche und Pfarre? Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt: „Unter der Bezeichnung Laien sind hier alle Christgläubigen verstan den mit Ausnahme der Glieder des Weihestandes und des in der Kirche anerkannten Ordensstandes, das heißt, die Christgläubigen, die durch die Taufe Christus einverleibt, zum Volk Gottes gemacht und des priesterli chen, prophetischen und königlichen Amtes Christi auf ihre Weise teilhaf tig, zu ihrem Teil die Sendung des ganzen christlichen Volkes in der Kir che und in der Welt ausüben'". In „Christifideles laici" führt Papst Jo hannes Paul II. dazu weiter aus: „Die Taufe erschafft uns neu zu einem Le ben als Kinder Gottes, sie eint uns mit Christus und mit der Kirche, seinem Leib, sie salbt uns im Heiligen Geist und macht uns zu geistigen Tempeln"\ „Durch die mit der Taufe und der Firmung gegebene Aus gießung des Geistes nimmt der Ge taufte teil an der Sendung Jesu, des Christus, des Messias und Heilandes selbst"^. Schließlich heißt es: „Die Teilhabe der Laien am dreifachen Amt Christi des Priesters, Propheten und Königs, hat ihre erste Wurzel in der Taufsalbung, und sie erfährt in der Firmung ihre Ausfaltung. In der Eu charistie wird sie ständig genährt und vollendet"\ Die zitierten Stellen beweisen nach drücklich die Bedeutung des Sakra mentes der Firmung für die Sendung und das Apostolat der Laien. Unter diesem Gesichtspunkt soll im folgen den ein kurzer Überblick über die Ge schichte der Firmkatechese in Wien in den letzten sechzig Jahren geboten werden\ Schon 1933 betonte die Österreichi sche Bischofskonferenz: „Nach der klaren Lehre unserer heiligen Kirche ist die heilige Firmung die Vollendung der Taufe. Sie wurde deshalb auch in den ersten zwölf Jahrhunderten ent weder alsbald nach der Taufe oder wenigstens noch vor der ersten heili gen Kommunion gespendet und emp fangen Die Bischöfe empfahlen daher, „die Kinder, nachdem sie ge beichtet und das erste Mal kommuni ziert haben, wenn möglich noch im gleichen Jahre zur Firmung zu führen, also im 8, oder wenigstens im 9. Le bensjahre"'. Die Vorbereitung auf die se Sakramente war weithin dem Pfarrseelsorger und dem Religionsleh rer anheim gestellt. So verordnete die Wiener Diözesansynode 1937: „Dem Empfang der heiligen Firmung soll ein entsprechender Unterricht vorausge hen ... Alljährlich soll über die Bedeu tung des Sakramentes der Firmung gepredigt we^den"^ Die Firmkarten für Schulkinder durften in der Regel nur vom zuständigen Religionslehrer ausgestellt werden®. Von den Laien ist nur im Zusammenhang mit der Ge staltung des Firmungstages, der Wahl der Paten und der Auswahl der Firm geschenke die Rede: „die Gläubigen" sollten „ermahnt werden, den Fir mungstag würdig zu begehen und jeg lichen Luxus zu vermeiden'"". „Die Eltern sind zu ermahnen, sich bei der Patenwahl mehr von religiösen als von zeitlichen Rücksichten leiten zu las sen"". Ein Hirtenwort von Kardinal Innitzer von Ostern 1937 illustriert an schaulich die Diskrepanz zwischen kirchlicher Lehre und tatsächlicher Praxis bezüglich der Firmung: „Kaum ein Sakrament der Kirche ist in den letzten Jahren so veräußerlicht und verweltlicht worden und hat darum auch viel von seiner segnenden Kraft verloren als das heilige Sakrament der Firmung. Und doch brauchte viel leicht keine Zeit mehr die großen Gnadenkräfte, die gerade dieses Sa krament den Getauften mittelt, als eben unsere Zeit. Vollendung der Gnadenausstattung des Getauften zur vollen Reife und Mündigkeit im Reich Gottes, Ritterschlag zum Kämpfer in der großen Armee der Streiter Christi, Weihe zum allgemein priesterlichen Apostolat für das Weltamt der Kirche, Erfülltwerden mit der Kraft und Glut des Heiligen Geistes Wenige Mona te vor diesem Hirtenwort hatte Karl Rudolf, der Leiter des Wiener Seelsor geinstitutes, auf eine Beschwerde von Praterbesitzem gegen die geplante Dezentralisierung der Firmspendung darauf hingewiesen, daß die Kirche damit keine Geschäftsschädigung be absichtige, aus Pastoralen Gründen aber eine schrittweise Dezentralisie rung wünsche'". Die Fronten, an denen die Kirche für die wahre Mündigkeit kämpfte, waren also vielfältig: Waren es hier die Praterbesitzer, waren es woanders einzelne Pfarrer, wie ein ander mal die Befürchtung, die Eltern zu überfor dern. In seinem Hirtenwort schlägt Kardinal Innitzer vor, „In dieser Zeit des so erfreulich neu aufwachenden Pfarrgemeindebewußtseins und Pfarr gemeindelebens" auch in Wien „in ei nigen Pfarreien pfarrliche Firmun gen...die dann aber zugleich als Fest der ganzen Pfarrgemeinde als Firmemeuerung für die ganze Gemein schaft der Getauften dieser Pfarrei in schöner und würdiger Weise gefeiert werden sollten"", abzuhalten. Der Kardinal fügt hinzu: „Die pfarrliche Firmemeuerungsfeier wird nur dort mehr sein als ein bloß anbefohlener Akt, wird nur dort das Gemeindeleben als solches stärkende und befruchten de Wirkungen auslösen, wo bereits wirkliches, frisch pulsierendes Ge meindeleben herrscht. Nur dort sollte daher auch diese Feier eingeführt werden"". Es war also offenkundig noch ein weiter Weg, den Laien als Mitarbeiter einsetzen zu können. In einer Hinsicht kommen aber den Laien immer wieder Aufgaben zu: Immer werden die El tern als die ersten Verantwortlichen der Sakramentsvorbereitung gesehen, ein Blickpunkt, der vielen Eltern neu und fremd schien, wie viele Pfarrer, pfarrliche Mitarbeiter und Religions lehrer häufig berichten können. Zunächst zeitbedingt verlagert sich in den Jahren des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Herr schaft die Firmvorbereitung vom Reli gionsunterricht in der Schule stärker auf die Pfarre und die Familie. Die Familie wurde neu als ecclesia domestica, als Hauskirche entdeckt'®. Be züglich ihrer Bedeutung für die reli giöse Erziehung der Kinder schreibt Kardinal Innitzer in seinem Hirten wort „Die religiösen Übungen in der Familie" vom 18. März 1940; „Nach dem Willen Gottes sind Vater und Mutter Stellvertreter Gottes und durch das Sakrament auch Stellver treter Christi und seiner Kirche"". Die sich daraus ergebenden Konsequenzen wurden aber, wie der Kardinal klagt, nicht immer gesehen: „Die religiöse Unterweisung der Schulkinder aber überließen auch fromme Eltern meist dem Katecheten. Sie achteten wohl darauf, daß ihre Kinder zur Kirche und zu den Sakramenten gingen und auch ihre Schulaufgaben für Religion gewissenhaft durchführten; doch trat unwillkürlich der Zustand ein, daß die größeren Kinder mit ihren Fragen nicht mehr zu den Eltern kamen und die Eltern den Kindern gegenüber eine Scheu hatten, von Gott und der Heili gen Schrift zu erzählen. Wir erkennen heute, daß hier - meist unverschuldet - eine nicht unwesentliche Unterlas sung geschehen ist'"". Hinsichtlich der Firmung mahnt der Kardinal die El tern: „Es wird an euch liegen, liebe Eltern, daß die Kinder dieses heilige Sakrament nicht zu äußerlich auffas sen, sondern neben aller Freude, die wir ihnen gerne gönnen, die Stärkung durch den Heiligen Geist und die Ver pflichtung zur Treue in ihrem Glau ben als das Wesentliche der Firmung verstehen"'", 1942 findet sich im Diözesanblatt ei ne genaue Weisung zur Firmvorberei tung-". Insgesamt waren für diese zwölf Stunden vorgesehen. Der regelmäßige Besuch der Vorbereitungsstunden und der eifrige Besuch der Sonntagsmesse waren Voraussetzungen für die Aus stellung der Firmzeugnisse. Nach dem Ende des Zweiten Welt krieges und der nationalsozialisti schen Herrschaft verlagerte sich die Firmvorbereitung wieder stärker auf den schulischen Religionsunterricht.

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