wendet. „Laös" wurde gewisser maßen zu einem religiösen Begriff. Im Neuen Testament wird „laös" ver hältnismäßig häufig verwendet und er hielt neben der meistgebrauchten Be deutung;„Volksmenge" und in der Fol ge: „Volk Israel" noch eine weitere, zunächst eher selten verwendete Be deutimg, nämlich; „christliche Gemein de". Der Gegensatz von „laös" und „ethne" war damit überwunden: Wer glaubte,gehörte dazu;das Volk war ge kennzeichnet durch den gemeinsamen, verbindenden Glauben an Jesus Chri stus. So erzählt es die Apostelgeschich te (15,14); Gott selbst hat eingegriffen, „um aus den Heiden ein Volk für seinen Namen zu gewinnen". Und Gott hat mit diesem seinem Volk einen Bund ge schlossen. Paulus berichtet es in seinem zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth; Gott hat gesprochen; Ich will unter ihnen wohnen und mit ihnen ge hen. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein"(2, Kor 6,16). Dieses Volk war ein Ganzes, ohne Unterschied. Alle, die zum „laös" gehörten, waren „Laien", die Priester und die Bischöfe, die Diakone und die Regierenden und auch die ohne jedes Amt. Denn die einzige Unterscheidung, die „laös" deutlich machte, war nicht eine von Ständen innerhalb der Ge meinschaft, sondern jene zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden. Ge rade in der Zeit der Verfolgung war das Bewußtsein „von der eschatologischen Verwiesenheit des christlichen Lebens und damit nicht nur von der Schei dung,sondern vom Gegensatz zwischen Kirche und Welt" überdeutlich.^) Zwi schen Kirche und Welt bestand eine deutliche Spannung. Unser heutiger Begriff „Laie" leitet sich aber vom dazugehörigen Adjektiv „laikös", das heißt; „zum Volk gehörig", ab. Zunächst nur auf Dinge, die nicht Gott geweiht waren, ange wandt, bedeutete dieser Ausdruck so viel wie: „profan".Im neuen Testament kommt er nicht vor, denn; Durch Jesus Christus war die ganze Schöpfung ge heiligt und nichts konnte daher mehr „laikös" sein. Zum ersten Mal taucht der Begriff „laikös" für den einfachen Gläubigen im Gegensatz zum Amtsträger,- nun von Dingen auf Personen bezogen, - im ersten Klemensbrief,^) um das Jahr 96 entstanden,auf; In einer Darlegung der jüdischen Gemeindeordnung wer den die Aufgaben der verschiedenen Stände in der Synagoge unterschieden und es heißt hier wörtlich; „Es sind dem Hohenpriester eigene Verrichtun gen übertragen, den Priestern ist ihr eigener Platz verordnet und auch den Leviten obliegen eigene Dienstleistun gen; der Laie ist an die Anordnungen für Laien gebunden". Rund 100 Jahre später wird die Übertragung des Be griffes „Laie" in den christlichen Be reich vollzogen; Clemens von Alex andrien (t vor 216) spricht von „Prie stern, Diakonen und Laien".') Die la teinische Übersetzung „plebeius" für „Laie" bürgerte sich ein. TertuUian (t nach 220)') unterschei det bereits den „ordo sacerdotalis" vom „ordo ecclesiae", den die Laien bilden. Die Übertragung des Begriffes „ordo", welcher im römischen Imperi um die Bedeutung von gesellschaftli chen Klassen oder Ständen hatte, auf die Kirche,zeigt deutlich, daß zu die ser Zeit die Trennung in Amtsträger und Nicht-Amtsträger vollzogen war. Innerhalb dieses heiligen Volkes der frühen Zeit kannte die Kirche bereits gewisse Differenzierungen, nach Cha rismen und auch nach Vollmacht und Autorität eines hierarchischen Priestertums als Spiegelbild göttlicher Ordnung. In der Auseinandersetzung mit den Irrlehren, vor allem mit der Gnosis, entwickelte sich bald ein kla res Amtsverständnis; In den Briefen des Ignatius von Antiochien,') der um das Jahr 110 in Rom das Martyrium erlitt, wird die Person des Bischofs als Zeichen der Einheit der Gemeinde be reits vorausgesetzt, verdichtet in dem oft zitierten Satz; „Ubi episcopus, ibi ecclesia". Aus einer ähnlichen Situa tion heraus folgert Irenäus von Lyon; Nur dort, wo eine ununterbrochene Kette von Amtsnachfolgern im bischöflichen Amt besteht, die bis auf einen Apostel zurückverfolgt werden kann, dort ist die rechte Tradition.') Für die besonderen Aufgaben und Ämter in den frühchristlichen Ge meinden gab es eigene Bezeichnungen, wie: Glaubende, Geheiligte, Brüder, Schwestern. Die Basis der Glauben den ohne besonderes Amt aber erhielt keine zusammenfassende Bezeich nung, die sie ausgegrenzt hätte. So lebte die Gemeinde von den unter schiedlichen besonderen Fähigkeiten und Gnadengaben ihrer Mitglieder und alle trugen zu ihrem Aufbau bei. Paulus bringt im ersten Korintherbrief (1 Kor 12-31a) das schöne und eindringliche Bild vom einen Leib und den vielen Gliedern. Seit dem 4. Jahrhundert, als die Kirche nach der Konstantinischen Wende(313)ihre Freiheit erlangt hat te und in der Folge unter Kaiser Theodosius (380) sogar zur Staatsreligion erhoben wurde, verringerte sich die ursprüngliche Spannung der Kirche gegenüber der Welt, die ja zusehends christlich wurde und verlagerte sich allmählich in den innerkirchlichen Raum. Dafür gab es mehrere Gründe: Infolge der Symbiose; Kirche-Staatli che Obrigkeit erhielten Bischöfe und Priester ihren Platz innerhalb der staatlichen Rangordnung, empfingen Könige und Kaiser kirchliche Weihen; die Christen betrieben zunehmend die Politik des Imperiums, die beiden Be reiche ließen sich immer weniger tren nen. Die Einheit des Glaubens hatte grundlegende Bedeutung für die Ein heit des Reiches gewonnen. Daher war es nur folgerichtig, daß seit der Kon stantinischen Wende bis in die Zeit der Reformation die Einheit der Kir che eines der wichtigsten Anliegen der Herrscher war. Das gläubige Volk wurde in dieser Entwicklung nicht mitberücksichtigt. Ein anderes Charakteristikiun dieser Zeit war aber andererseits auch eine noch bestehende Gemeinsamkeit zwi schen Klerus und Laien,die sich in der Mitwirkung der Gemeinden bei der Wahl ihrer Amtsträger, in der Lehre vom allgemeinen Priestertum aller Gläubigen, welche in der Väterzeit von hoher Bedeutung war, sowie in der Bindung des Amtsträgers an seine je weilige Gemeinde verdeutlichte.") In diesem geistigen Zusammenhang ist auch der Ausspruch des hl. Augu stinus zu sehen, welcher die Harmonie und Eingebundenheit des Bischofs in seine Gemeinde bezeugt;„Wo mich er schreckt, was ich für euch bin, da trö stet mich, was ich mit euch bin. Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ. Jenes bezeichnet das Amt,die ses die Gnade.Jenes die Gefahr,dieses das Heil."") Da in dem durch die Stürme der Völkerwanderung zutiefst erschütter ten Abendland die Kirche mit ihren Strukturen praktisch als einzige Insti tution ohne Unterbrechung überdau ert hatte, nahmen die Mitglieder ihrer Hierarchie bald auf dem Gebiet der allgemeinen Bildung, der Kunst und Kultur eine Art Monopolstellung ein. In diesem Zusammenhang gewann das Wort „Laie" zusehends eine negative und abgrenzende Bedeutung. Der Laie wurde immer mehrzum Ungebildeten, zum Nicht-Fachmann,zum Unein-Geweihten,der auch die Bildungssprache des Latein nicht mehr versteht und deshalb etwa seit dem 8. Jahrhundert auch der Liturgie nicht mehr folgen kann und damit in die Rolle des schweigenden Zuhörers gedrängt wird.'^) Und schließlich geschah auch ein Wandel auf der spirituellen Ebene: in der Mitte des 3. Jahrhunderts zog sich der hl. Antonius in die ägyptische Wü ste zurück, um dort als Einsiedler zu leben. Ihm folgten andere. Sie führten kein liturgisches Leben,sie waren kei ne Kleriker, sie waren Laien. Sie fan den ihre Identität durch ihre neue Le bensform,die darin bestand, „in höch stem Maße für Gott zu leben ...und das Leben des Reiches, das nicht von dieser Welt ist" zu führen.") Ihnen schien sich im mönchischen Leben ein Weg vollkommeneren Christseins auf zutun. Der Unterschied zwischen ihnen und den Klerikern war zunächst ein deutig: während der Name „Klerus" eine Funktion bezeichnete, meinte „Mönch" eine Lebensform. Beides stand jedoch nicht ohne Beziehung zu einander. Und obwohl das Mönchtum aus den Reihen der Nicht-Amtsträger entstand,hat es sich in seiner weiteren Entwicklung bald mit dem Amt ver bunden. Diese Entstehung des Mönchtums als Stand und Lebensform und sein Auszug aus den Gemeinden hatte aber für diese weitreichende Folgen. Denn der Aufbruch gewissermaßen "der Be sten" von den Laien in die Wüste hatte seine Auswirkungen. Die geistliche Qualität der zurückgebliebenen Laien
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