Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Jahresgehalt von 800 Gulden. Die wur den 1791 halbiert, als der zwischenzeit lich auch bei Hof in Ungnade Gefallene in einem Gerichtsurteil auf die Herab setzung seiner Bezüge um die Hälfte verurteilt wurde; und am 5. Dezember 1791 starb Wolfgang Amadeus Mozart... Der Orgelbau der Epoche Es ist interessant,ja faszinierend, fest zustellen, wie sehr sich die geistig-kultu rellen Strömungen, in welch großem Maß sich die Zeitereignisse auf den Orgelbau dieser Periode auswirkten und daran nachempfunden werden können. Orgelmarkt Als eklatantester Einschnitt mußten sich natürlich die Maßnahmen Kaiser Josephs II. auswirken. Die Aufhebung von Kirchen und Klöstern bewirkte zwar zunächst eine Stagnation bei Neubauten, anderseits erbrachte die Pe riode für die Orgelbauer eine schwung hafte Serie von Aufträgen durch den notwendigen Transfer von Orgeln aus aufgehobenen Klöstern in andere Kir chen. Schließlich aber konnten auch in den durch die kaiserlichen Reformen neuerbauten Kirchen Orgel-Neubauten errichtet werden. Einige der bekanntesten Beispiele sol cher Transfers: 1783 Ankaufund Übertragung der Orgel des aufgehobenen Nikolaiklosters in der Singerstraße in die Lutheri sche Stadtkirche AB in Wien. 1785 Übertragung der 1728 von Gottfried Sonnholz für St. Augustin errichte ten Orgel nach Trautmannsdorf durch Johann Wimola; Übertra gung und Neugestaltung der Orgel Johann Henckhes (um 1730) aus der Wiener Schwarzspanierkirche für St. Augustin. 1787 Übertragung der 1744 von Johann Henckhe für das Wiener Dorotheerstift erbaute Orgel nach Ba den bei Wien (NÖ), an Stelle des 1785 nicht vollendeten Werkes von Franz Xaver Christoph. 1806 Übertragung der (1783) aus dem Nikolaikloster erworbenen Orgel der Lutherischen Stadtkirche AB nach Purkersdorf(NÖ). Neubau Stilistisch ist zu den neu gebauten Orgeln, insbesondere zu den Orgelpro spekten anzumerken, daß sie ein Abbild der geschilderten geistig-kulturellen Richtung bieten, die künstlerische Ge staltung folgt dem Stil der Zeit. Um die Jahrhundertwende können wir daher das Nebeneinander der wetteifernden Strömungen an den Orgelprospekten studieren. Rokoko Bis etwa 1780 ist an den Orgeln im Einflußgebiet der Wiener Landschaft immer noch der Rokoko-Prospekt üblich, geschweifte Bögen, Ecktürme, Konvexbogen beherrschen das Bild. Fälschlicherweise werden derartige Or geln noch als „Barockorgeln" bezeich net. Hundert Jahre zu spät. Die meisten Orgelbauer der Wiener Landschaft ver wenden die eigentlich bereits epigonalen Formen: Stephan Helwig (GutensteinMariahilfberg 1777, Maria Langegg 1782), Anton Pfliegler (Hafnerberg 1767, Stift Altenburg 1775). Mathäus Jesswagners Prospektgestaltung hat darüber hinaus etwas Elegantes an sich, das an Stilele mente des französischen Orgelbaus erin nert(Pulkau-St. Michael 1762). Sachlichkeit Gegenüber den überschäumend roko kohaften Formen von Orgeln wie der Johann-Ignaz-Egedacher-Orgel in Zwettl (1731) oder der Johann-Henckhe-Orgel im Stift Herzogenburg(1752) merkt man allerdings allen Orgeln der achtziger Jahre den Hang zur Vereinfachung, zu klareren Linien an. Das kann man vor allem bei Johann Gottfried Mallecks Werken erkennen, die während der Tätigkeit Joseph Haydns im Esterhäzyschen Territorium entstanden (Eisenstadt - St.-MartinsDom,1778;Pöttsching, 1792; EisenstadtOberberg, 1797). Klassizität Nach 1780 macht sich das klassische Gedankengut mit graezisierenden Ten denzen bemerkbar: Bauelemente grie chischer Tempel werden einbezogen, Säulen, Giebel, Kapitelle, Triglyphen, Architraven. Das Gehäuse wird gewis sermaßen objektiviert bis zur reinen Zweckmäßigkeit ohne grandiosen Schmuck. Wenn wir die Werke des Brünner Orgelbauers Johann David Sieber(Wien - St. Michael, 1714) betrachten, fallt die stilistische Wandlung in den Jahren um 1722 auf, die reinen Barockformen wer den von der freizügigen Anwendung der gestalterischen Mittel abgelöst (Zdar, Olmütz-Kopecek). Ähnliches ist im Schaffen eines der bedeutendsten unter den Wiener Orgel bauern feststellbar, bei Anton Pfliegler. Als Schwiegersohn Johann Henckhes verwendete er zunächst die rokokohaf ten Formen weiter, die Prospekte der Werkstatt wiesen unter beiden Orgel bauern gleiche charakteristische Eigen tümlichkeiten auf, die offenbar auf den Bildhauer Christoph Helffer zurückge hen. Genau im Jahr 1780 trat die Wende ein. Für die Chororgel von Kloster neuburg verwendete Pfliegler noch die übliche Rokokoform, im gleichen Jahr aber erhielt die Orgel von Maria Drei eichen ein Gehäuse klassizistischer Prä gung. Pfliegler kehrte von da an nicht mehr zum Rokokoprospekt zurück,im Gegen teil, seine Gehäuse werden immer „ob jektiver", ab 1801 baute er einfache Orgelgehäuse, deren Hauptkasten aus Unter- und Oberteil besteht und im Prospekt lediglich drei Pfeifenfelder auf weisen (Kalksburg, 1801; Horn - St. Georg, 1803-1805). Der zweiteilige Pro spekt von Weitersfeld (1802) erinnert in seiner schlichten Sachlichkeit in keiner Weise an die prachtvollen Vorgänger. Historismus Unter dem Eindruck der Besinnung auf die griechische Klassik entstand in den Jahren um 1780 und 1790 der Hi storismus,der aber nicht aufgriechische Formen beschränkt blieb, sondern be reits zu diesem frühen Zeitpunkt die Gotik mit einbezog. Bereits um diese Zeit(und nicht erst im 19. Jahrhundert) begann man gotische Formen nach zuempfinden. An einer der prachtvollsten Orgeln eines Wiener Orgelbauers, an der Orgel der Wallfahrtskirche Sonntagberg (Franz Xaver Christoph, 1775) erinnert der Prospekt in seinen klaren Linien anfranzösisches Empire. In Rottenmann erbaute Franz Xaver Christoph seine letzte Orgel (fertigge stellt 1795). Neben graezisierenden Ele menten ist im Gehäuse der Stil des späten 17. Jahrhunderts nachgeahmt. Als besonders wichtig im Zusammen hang mit dem Historismus sind zwei Wiener Orgeln anzusehen: 1785 wurde die Augustinerkirche durch den Architekten Ferdinand von Hohenberg regotisiert. Dazu wurde die Johann-Henckhe-Orgel aus der Schwarzspanierkirche in die Kirche der Augustiner übertragen und der Rokoko prospekt (wie heute sichtbar) mit goti schen Elementen durchsetzt (die Vor gängerorgel wurde ja nach Trautmanns dorftransferiert;s.o.) 1786 folgte die Regotisierung der Minoritenkirche. Wieder war Architekt Ferdinand von Hohenberg federführend. Das alte Orgelgehäuse auf der Westem pore wurde veräußert. Franz Xaver Christoph erhielt den Auftrag, die Orgel umzugestalten und vor allem ein neues, offensichtlich von Hohenberg entworfe nes Gehäuse zu errichten. Last, not least sei aber auch aufdie 1796 errichtete Orgel des Znaimer Orgel bauers Joseph SUberbauer in Schratten thal verwiesen, deren Gehäuse in seiner äußerst einfachen gotisierenden Gestalt eher 100 Jahre später datiert werden könnte. Romantik Romantische Ideen begannen sich im Orgelbau des Wiener Territoriums im weitesten Sinne ab der Mitte der siebzi ger Jahre auszuwirken. Sie nahmen die Zukunft vorweg. Franz Xaver Chrismann setzte da erste neue klangliche Maßstäbe in dieser Richtung, als er 1774 in seinem großen Werk in St. Florian (Oberösterreich) mehrfach besetzte Register einbaute. Leider wissen wir nichts über den Ursprungszustand seiner 1788 in Wien-St. Laurenz auf dem Schottenfeld errichte ten Orgel. Eine kürzlich erfolgte Unter suchung der originalen Windlade be wies, daß er auch bei diesem Instrument mit technischen und klanglichen Neu heiten aufwarten konnte; sie wurden 1835 beim Umbau durch Jakob Deutsch mann verständnislos entfernt. Jedenfalls wurde sie von Johann Georg Albrechtsberger in Gegenwart Wolfgang Amadeus Mozarts erstmals gespielt, und es er klangen Musikstücke, die für diesen An laß im Druck erschienen waren. Auf das große Instrument Franz Xa ver Christophs aufdem Sonntagberg bei Waidhofen an der Ybbs wurde bereits hingewiesen; die Prospektgestaltung einerseits, die Disposition anderseits wiesen einen neuen, einen progressiven Weg.Und man wundert sich nicht, wenn sein ehemaliger Mitarbeiter Ignaz Kober in der Stiftskirche von Heiligenkreuz eine Orgel baute, die 52 Register auf nur zwei Manuale und Pedal verteilt. Ge35

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