der, Friedrich Gottlieb Klopstock drän gen sich da auf). Die Klassik hingegen war zwar auf dem Gebiet der bildenden Kunst aufdie Antike einseitig ausgerich tet, brachte aber auf dem Gebiet der Musik und der Dichtung eine beispiel lose Fülle an Erscheinungen und Schöp fungen hervor (müßig, an Immanuel Kant, Johann Wolfgang Goethe, Fried rich Schiller und an die Wiener Klassi ker zu erinnern). Auch die Romantik ist als Reaktion auf Aufklärung und Pietismus anzuse hen. Sie entstand aus der Auseinander setzung der beiden genannten Richtun gen ebenso wie mit der Klassik und ergriff alle Gebiete des geistig-kulturel len Lebens(die Brüder Schlegel entwikkelten dazu die theoretischen Grundla gen, auf Wackenroder und Tieck sei nicht vergessen). Joseph Haydn-ein Kind seiner Zeit Im Leben Joseph Haydns spiegeln sich die Zeitereignisse und ihre konsequente Entwicklung wie bei keinem anderen Musiker eklatant wider: Geboren wurde Joseph Haydn 1732 in die Blütezeit des Rokoko, das Wirtschaftswunder im Ge folge des Wiederaufbaus nach den Ver heerungen der Türkenkriege. Beim Tod Prinz Eugens 1736 war er vier Jahre alt. Es mag vielleicht den Anschein haben, als wäre Haydn während der Arbeit in Eisenstadt den Weltereignissen ferner gerückt. Selbstverständlich standen die privaten Ereignisse in der Fürstenfami lie im Vordergrund: Paul Anton Esterhäzy starb, es folgte der Amtsantritt Nikolaus des I. - ein „Fürst Esterhäzy" stand aber damals natürlich mitten im Geschehen, und es gab eigentlich stän dig Krieg gegen irgendwen. Da sind zu nennen vor allem die Kriege zur Durch setzung der Pragmatischen Sanktion, die Erbfolgekriege, die Maria Theresias Nachfolge und Stellung sichern sollten, die neuerlichen Kriege gegen die Osmanen. Und daran änderte sich auch nicht viel, als 1745 der Gemahl Maria There sias, Franz Stephan, zum deutschen König und römischen Kaiser gewählt und gekrönt wurde. 1762 starb die Zarin Elisabeth von Rußland als letzte aus dem Hause der Romanows.Peter der III. und Katharina II. bestiegen in kurzer Aufeinanderfolge den Thron. 1764 wurde der Sohn Maria Theresias, Erzherzog Joseph, zum deutschen König gewählt und gekrönt. Nach dem Tod Kaiser Franz' I. folgte 1765 der Sohn Maria Theresias, Joseph, als deutscher Kaiser. Sie ernannte Joseph hierauf auch zum Mitregenten in den österreichisch-habsburgischen Ländern, betreffend Außen politik und Heerwesen. Die Periode ,,Maria Theresia-Joseph II." war getra gen von allgemeinen Reformen; Verän derungen, die alle Belange des menschli chen Lebens und des Zusammenlebens im Staat betrafen -sie resultierten letzt lich aus dem Gedankengut der Zeit. Der Tod Maria Theresias im Jahre 1780 kündigte den Höhepunkt der wirt schaftlichen, kulturellen und religiösen Umwälzungen an. War 1773/74 bereits der Jesuitenorden aufgelöst worden, so verfuhr der nunmehrige Alleinherrscher Joseph n.auch mit den meisten übrigen Orden nicht anders: Er löste sie auf und zog die Güter ein. Er ließ nur solche Ordensgemeinschaften weiterbestehen, die eine Tätigkeit für die Gemeinschaft nachweisen konnten (Unterricht, Wis senschaft, Krankenpflege, Jugendfür sorge und ähnliches). Die Maßnahmen führten im Jahre 1782 zum vierwöchigen, vergeblichen Besuch des Papstes in Wien. Im Gegensatzzu früheren Anschauun gen beginnt man heute zu verstehen, daß Joseph II. durch seine Maßnahmen eine Revolution wie in Frankreich ver hindert hat. Die Französische Revolution des Jah res 1789 setzte letztlich nur den äußeren Schlußstein unter einen jahrzehntelan gen Gärungsprozeß -einen Gärungspro zeß gegen den Absolutismus ebenso wie gegen den immer noch barocken Über schwang klerikaler Kreise. Und wenn Joseph II. mit seinem Reformprogramm Kirchen und Klöster aufhob, Güter ein zog und auch gegen die Kirchenmusik restriktive Maßnahmen setzte, verhin derte er Auswüchse, die zu ähnlichen Erscheinungen hätten führen können wie in Frankreich. Oft erscheinen gerade die musikali schen Reformen Josephs II. unverständ lich, um so mehr, als der Herrscher selbst ein guter Musiker war und regel mäßig Hausmusik betrieb. Es ging aber darum,jeden Prunk zu unterbinden und alles barock pompös Aufgeblähte als möglichen Stein des Anstoßes zu ver meiden. Eine in modernem Sinn schlichte Zweckmäßigkeit sollte erzielt werden. Man darf nicht vergessen, daß es in Wien damals Plätze gab,aufdenen drei Kirchen nebeneinander bestanden, anderseits große Gebiete seelsorglich unterbesetzt blieben. Wie bei allen diktierten Maßnahmen wurde aber das Konzept verwässert, zum Teil durch Übergriffe ins Gegenteil verkehrt, und so bedauern wir heute die Vernichtung von Kulturgütern, von Kunstgegenständen und von Archiven. Die kirchenmusikalischen Reformen sind am ehesten aus den Auswirkungen am Hof des Salzburger Erzbischofs zu verstehen. Salzburg wurde zum Zen trum einer zeitgemäßen kirchenmusika lischen Erneuerung: Sie wurde im übri gen vom Bruder Joseph Haydns, Michael, getragen. Für Joseph Haydn ergaben die Neuerungen,daß er immer hin 14 Jahre lang keine Messe schuf. Und seine Orgelkonzerte, die innerhalb des Gottesdienstes beim Graduale oder Offertorium an den Orgeln der Zeit aufgeführt werden konnten, waren plötzlich unverkäuflich geworden bezie hungsweise wurden sie vom cleveren Verleger als „Cembalokonzerte" ange boten. Insbesondere in den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende kann man die Zeitereignisse im Schaffen Haydns mit verfolgen. Am 8. Oktober 1789 eroberte Feldmarschall Gideon Graf Laudon neuerlich wie einst Prinz Eugen die Stadt Belgrad. Dieser Sieg der Österrei chischen Truppen beendete endgültig die Türkenkriege. Und Haydn bewies Geschäftstüchtigkeit. Seinem Verleger Artaria legte er nahe,die eben im Druck befindliche Symphonie, die an sich kei nen weiteren Zusammenhang mit dem Ereignis aufwies, mit der Bezeichnung „Laudon"zu versehen und meinte wört lich; „Das wort Laudon wird zur Beför derung des Verkaufes mehr als zehen Finale beytragen." Und zwei Tage vor Laudons Sieg wurden Ludwig XVI., seine österreichische Gattin Marie Antoinette und die gesamte Familie ge zwungen,ihr königliches Schloß in Ver sailles zu verlassen. 1790 starb Joseph,sein Bruder bestieg als Leopold II. den Thron. Leopold ver suchte, seiner Schwester in Paris mit politischen Schritten zu Hilfe zu kom men. Er verband die verschwägerten Geschlechter Habsburg und BourbonNeapel durch eine dreifache Wechselhei rat, um eine Allianz gegen die Gefahr dung durch die Französische Revolution aufzubauen. Seine Kinder Franz, Ferdi nand und Marie Klementine wurden mit drei Kindern seiner Schwester, der Kö nigin Maria Karolina von Neapel-Sizilien vermählt. Die Dreifachhochzeit fand am 19. September 1790 in der Wiener Augu stinerkirche statt, und zu diesem Anlaß reiste die gesamte Familie König Ferdi nands IV. von Neapel nach Wien. Unter Leopolds Nachfolger, Franz II., und nicht zuletzt durch die Hinrichtung Ludwigs XVI. und seiner Familie brach neuerlich Krieg aus, 1796 begann der Großangriff der französischen Truppen unter Napoleon auf Österreich, in der Wiener Piaristenkirche wurde Haydns Messe „In tempore belli" (in Kriegszei ten), die sogenannte Paukenmesse, auf geführt, 1798 folgte die „Missa in angustiis" die sogenannte Nelsonmesse, die unbewiesenermaßen mit dem Sieg der britischen Flotte vor Abukir unter Admiral Nelson in Zusammenhang ge bracht wird. Als Kaiser Franz II. im Jahre 1800 ein französisches Friedensangebot ablehnte, begann Napoleon seinen Angriff und Vormarsch. Trotz des Sieges der Östereichischen Truppen am 21. Mai 1809 in Aspern mußte ein Waffenstillstand ge schlossen werden, der die Existenz als Staat von Napoleons Gnaden abhängig machte. Als Joseph Haydn 1809 in sei nem Haus in Wien-Gumpendorf starb, entsandten die Franzosen, die zu diesem Zeitpunkt Wien besetzt hielten, eine Ehrengarde! Wolfgang Amadeus Mozartein Klassiker in Wien Wolfgang Amadeus Mozart kehrte 1781,im Jahr nach Maria Theresias Tod, Salzburg den Rücken, die Wiener Jahre sollten zunächst Erfolg, aber schließlich auch das Ende bringen. Eine reiche Ertragslage, interessante Aufträge führ ten zum Höhepunkt in Mozarts freiem Künstlerdasein - aber bereits 1789 machte sich materielle Not bemerkbar, trotz ungeheurer Einnahmen häuften sich die Schulden bei Freunden und Wucherern. Kaiser Joseph II. hatte ihn am 7. Dezember 1787 an Stelle des verstorbenen Gluck zum „kaiserlichen Kammermusikus" ernannt: mit einem 34
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