hungzu St. Michael. Sofort nach Bekanntwerden des Vor habens, Mozarts Kirchenmusik in St. Michael aufzuführen, wurden von allen Seiten des In- und besonders des Aus landes Bitten um Reservierungen von Plätzen für bestimmte Gruppen von Interessenten an uns herangetragen, die aber nur zum Teil erfüllt werden konn ten, weil der Allgemeinheit freier Zutritt zu den Messen zu gewähren war. Es geschah auch,daß nach Abhaltung eines Hochamtes um 10 Uhr eine Viertel stunde nach Ende des Gottesdienstes dieselbe Mozart-Messe auf Verlangen einer Gruppe von über 200 Personen, die sich auf einer Mozart-Reise nach Salzburg und Wien befand und die bei der Feier der ersten Messe keinen Platz mehr fand,liturgisch wiederholt werden mußte. Der Andrang der Gläubigen zu den Mozart-Messen war überwältigend. Die Kirche bietet die Möglichkeit von über 450 Sitzplätzen. Gleich nach der Frühmesse um 8 Uhr kamen schon die ersten Menschen, um einen Sitzplatz zu erhalten. Es war fiir sie auch interes sant, bei der um diese Zeit beginnenden Probe anwesend zu sein. Ein Programm, das die Pfarre kostenaufwendig herstel len ließ, half mit einem Geleitwort,einer allgemeinen Einführung in die Kirchen musik Mozarts und einer besonderen Interpretation der gerade zur Auffüh rung gelangenden Musik zu derem tiefe ren Verständnis. Es waren darin auch kurze Artikel über die Ausführenden, die Kirche von St. Michael und ein Programmplan für das ganze Jahr zu finden. Das vollständige Programm war in deutscher und englischer Sprache erhältlich, eine gekürzte Ausgabe auch in französisch und italienisch. Der An drang um Sitzplätze war nicht nur bei den schriftlichen Vorbestellungen groß, sondern auch bei den jeweiligen sonn täglichen Gottesdiensten. Die Leute sa ßen aufden Altarstufen,aufdem Boden, standen dichtgedrängt in den Seiten schiffen und beim Eingang hinter den Sitzreihen. Auch die Bänke in der Sei tenkapelle,ohne Sicht zum Altar, waren voll gefüllt. Der zelebrierende Priester hatte Mühe, mit seiner Assistenz durch die Reihen zum Altar zu gelangen. Am Beginn des Gottesdienstes zum Einzug und Inzens des Altares wurde meistens ein großes Orgelwerk gespielt. Nach der Begrüßung in vier Sprachen und einer Überleitung begann das Kyrie und Gloria. Nach der Lesung wurde meistens eine Epistelsonate gespielt. Nach dem Evangelium, der Predigt, dem Credo und den Fürbitten spielte die Orgel ein Stück zur Besinnung,zur Meditation. Es war bewundernswert, wie sich die Men schen,die nicht gerade bequem fünfvier tel oder eineinhalb Stunden stehen muß ten, diszipliniert benommen haben. Auch die Antworten des Volkes zeigten eine wahre Anteilnahme an der Feier der heiligen Messe. Ein besonderes Er lebnis war jedesmal der Empfang der heiligen Kommunion, die von drei bis vier Personen, Priester und Laien, in beiderlei Gestalt-durch Eintauchen der Hostie in Wein -gespendet wurde. Nach dem Schlußgebet und der Entlassung setzte sich die Gemeinde wieder einmü tig nieder und hörte betrachtend ein großes Orgelwerk oder die Wiederho lung der Kirchensonate. Nach einer kur zen Stille brach oft spontaner Applaus aus. Vielleicht hielten manche fromme Menschen diese Gefühls- und Dankesäu ßerungen für unpassend und meinten, die Anwesenden wären nur wegen der Musik in die Kirche gekommen.Die Art der Mitfeier und die überaus hohe An zahl der Kommunikanten widerlegt aber diese Gedanken.Wenn auch eine Anzahl von Besuchern, und darunter auch sol che, die anderen Religionsgemeinschaf ten angehören, vorerst der Musik wegen zu diesen Gottesdiensten kamen, zeugte ihre Haltung während der ganzen Feier am Altar und auf der Orgelempore von einem erhebenden Erlebnis, das sie be eindruckte und in ihnen vielleicht eine nachhaltige Wirkung hinterließ. Von St. Michael aus geschah alles, um solche Erlebnisse den Gläubigen wie auch der Kirche und dem Glauben gegenüber indifferenten oder sogar kritischen Men schen zu vermitteln,so daß die Idee,das kirchenmusikalische Werk Mozarts an einem Ort sowohl für die Bürger wie auch für die Gäste der Stadt aufzufüh ren, als sehr richtig und erfolgreich angesehen werden muß.Es nimmt auch nicht wunder, daß immer wieder von den ausländischen Gästen und auch von den Reiseagenturen gefragt wurde, ob auch nächstes Jahr solche Aufführungen stattfinden werden. Wien hat das Jahr hindurch und besonders an den FesttaMozart und St. Stephan Von Johann Weißensteiner Kirche und Pfarre St. Stephan haben im Leben von Wolfgang Amadeus Mo zart, gerade an „Lebenswenden'*, eine nicht unwesentliche Rolle gespielt: 1782 wurde Mozart in der Domkirche getraut, 1791, ein halbes Jahr vor seinem Tod, wurde er zum Adjunkten des Domka pellmeisters von St. Stephan ernannt, im gleichen Jahr starb er in dieser Pfarre. Am 4. August 1782 wurde Wolfgang Amadeus Mozart in der Eligiuskapelle' der Stephanskirche mit Constanze We ber getraut. Aus dem entsprechenden Eintrag im Trauungsprotokoll der Pfarre St.Stephan^ geht hervor,daß die Braut leute gegen Ablegung des sogenannten Manifestationseides'* von der vorge schriebenen dreimaligen Verkündigung dispensiert worden waren. Um diese Dispens hatten die Brautleute erst am 2. August, zwei Tage vor der Hochzeit, beim Wiener Erzbischöflichen Konsistorium angesucht: „Mozart Wolfgang,Kapellmeister,und Weberin Konstantia bitten um Nachsicht der drey Verkündungen, wegen Abreise des Bräutigam"'. AufGrund des Berich tes des Our- und Chormeisters von St. Stephan, Patritius Fast, wurde die erbe tene Dispens gewährt'*. Freilich scheint die als Grund für die Gewährung der gen immer eine große Anzahl von kirchenmusikalischen Aufführungen an zubieten. In den Sommerferien aber, wo es im Burgtheater, in der Staatsoper, in der Burgkapelle, in der Augustinerkir che u.a. m. keine derartigen Angebote gibt, wäre der Einsatz von Kirchenmu sik besonders notwendig. Abschließend muß noch eines gesagt werden: kirchen musikalische Kompositionen sind für den sakralen Raum geschaffen worden, oft sogar für eine bestimmte Kirche. Wenn man große Kirchenmusik vom ökonomischen Standpunkt aus betrach tet, d. h. große und teure Künstler dazu einsetzen will, muß man in Konzertsäle gehen. Dadurch aber nimmt man einen nicht unbedeutenden Effekt der religiö sen Intimität und Weihe weg, was auch durch erhöhte künstlerische Leistung nicht ersetzt werden kann. Literatur: Biba, Otto: Die Kirchenmusik,in: Aus stellungskatalog „St. Michael - Stadt pfarrkirche und Künstlerpfarre von Wien 1288-1988" / hrsg. vom Histori schen Museum der Stadt Wien, Wien 1988,S.55ff. Brauneis Walther: Mozarts Begräbnis, in; Ausstellungskatalog „Zaubertöne - Mozart in Wien 1781-1791", Wien 1991, S.542 ff. ders., Franz Graf Wallsegg. Mozarts Auftraggeber für das „Requiem", in: Wiener Geschichtsblätter 46 (1991) (in Druck). Kretschmer, Helmut: Mozarts Spuren in Wien,Wien 1990. Dispens angeführte Abreise des Bräuti gams wenig glaubhaft zu sein: am 8. Augustspeiste Mozart mit seiner Frau in Wien bei Gluck. Eher sollte durch eine rasche Eheschließung der langanhal tende Widerstand des Vaters - seine Zustimmung zur Verehelichung seines Sohnes traf tatsächlich erst einen Tag nach der Hochzeit ein - und der künfti gen Schwiegermutter vor vollendete Tatsachen gestellt werden'*. Wenige Monate vor seinem Tod wurde Wolfgang Amadeus Mozart zum Adjunk ten des Domkapellmeisters von St. Ste phan, Leopold Hofmann, bestellt'. Mo zart gehörte damit, wenn auch ohne Gehalt, einem Musikbetrieb an, der im Durchschnitt ein Jahresbudget von rund 8500 Gulden benötigte und einen Mit gliederstand von mehr als 40 Musikern aufwies". Unter der Leitung des Dom kapellmeisters waren, abgesehen von den Sängerknaben, für deren Verkösti gung jährlich 1500 Gulden ausgegeben wurden, ein Normallehrer, ein Geigen meister, ein Klaviermeister, ein Sing meister, ein Organist, vier Bassisten, drei Tenoristen, drei Altisten, vier Choralisten,ein Fagottist,zwei Kornetti sten, zwei Violonisten, zwei Violoncelli sten, elf Violinisten und ein Trompeter tätig. Wie begehrt und angesehen die 28
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