Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Zur Geschichte der Priesterbruderschaft zu Ehren der hl. Apostelfürsten Petrus und Paulus im Dekanat an der Leitha(1735-1761) Von Johann Weißensteiner Ähnlich wie in Krems und Falken stein, wo 1689 bzw. 1686 Priesterbruder schaften (wieder)errichtet wurden', wurde eine Vereinigung von Seelsorge priestern 1735 auch für das Dekanat an der Leitha, das seit 1729 zur Erzdiözese Wien gehörte, unter dem Schutz der hl. Apostelfürsten Petrus und Paulus ge gründet'*'. Diese Priesterbruderschaften sind einerseits Zeugnis für die Bemü hungen, Zusammenhalt und Solidarität unter den Seelsorgepriestern zu stärken, anderseits sollten sie auch das Ansehen des Weltklerus erhöhen. Am 16. April 1735 genehmigte Kardi nal Sigismund von Kollonitz, Erzbischof von Wien (1716-1751), auf Ansuchen von Ignaz Joseph Brügler von Herculsberg, Pfarrer von Himberg und Dechant des Dekanates an der Leitha,die Errichtung der Priesterbruderschaft für das Deka nat an der Leitha und approbierte ihre Statuten. Diese lauten in deutscher Übersetzung^: I. Da in jedem Staat der gute Fürst die lebendige Richtschnur genannt wird, nach der sich die Sitten der Untergebe nen ausrichten, nach dem Ausspruch: „Nach dem Beispiel des Königs richtet sich der ganze Erdkreis aus", so seien die hl. Apostelfürsten Petrus und Paulus die erste Richtschnur unserer Priester bruderschaft, daß wir die Tugendbei spiele derer nachahmen, die getreu den Spuren des höchsten Hirten Jesus Chri stus nachfolgten. n. Unsere Priesterbruderschaft unter steht erstens der Autorität seiner Emi nenz, des hochedlen Herrn Ordinarius und des ehrwürdigen Wiener Erzbi schöflichen Konsistoriums, zweitens aber der Leitung des Herrn Dechants, der zugleich immer auch Praeses der Bruderschaft ist; ihm gehören das Bru derschaftsbuch und das Siegel und die Befugnis, Bruderschaftsmiglieder aufzu nehmen, und die Sorge und Aufsicht bezüglich aller Angelegenheiten,die das Wachstum und den Bestand der Bruder schaft betreffen. ni. Da es leicht glaubhaft ist, daß der Dekanatssitz nicht immer in Himberg sein wird, so sollen, wenn dieses Amt woandershin verlegt wird, auch Bruder schaftsbuch, Siegel und alle vorher ge nannten Befugnisse dorthin übertragen werden, wo sich der Herr Dechant zu diesem Zeitpunkt befindet. IV. Mitglied der Bruderschaft können nur Priester, die im Dekanat die Seel sorge ausüben und fest angestellte Benefiziaten des Dekanates und auch andere Priester aus der Diözese Wien sein. Dabei müssen aber die Auswärtigen, d. h. jene, die nicht zum Dekanat ge hören, mit Zustimmung der ganzen ho hen Bruderschaft aufgenommen werden. Ihre Zahl darf aber 50 nicht überschrei ten. Sie sind zur Beachtung der Regeln der Bruderschaft und aller Bestimmun gen, die von den Bruderschaftsmitgliedem übereinstimmend festgelegt wer den,verpflichtet. V. Die zwei Kämmerer, der Sekretär und der Prediger (Orator) sollen durch Los oder durch geheime Wahl gewählt werden. Aufgabe der Kämmerer ist es, das Wohl der Bruderschaft zu besorgen und das Amt des Herrn Präses zu er leichtern. Wenn die Stelle des Präses vakant ist, vertreten ihn die Kämmerer, bis ein anderer Dechant und damit auch Präses ernannt wird. Der Prediger ver kündet bei den öffentlichen Zusammen künften der Herren Bruderschaflsmitgüeder von der Kanzel aus,der Sekretär zeichnet die Akten und Beschlüsse der hohen Bruderschaft auf. VI. Wichtigste Pflicht der Herren Bru derschaftsmitglieder ist es, für jedes verstorbene Bruderschaftsmitglied drei Messen aufzuopfern. Wem also der Tod eines Mitgliedes der Bruderschaft be kannt wird, soll dies sofort dem Herrn Praeses melden, der es durch den Kur sor oder auf eine andere Gelegenheit den übrigen Herren Mitgliedern be kanntgibt, damit jeder umso rascher seiner Verpflichtung nachkommen kann. VIT. Die gegenseitige Freimdschaft und Liebe sollen alle gleichsam als Band der Vollendung pflegen. Zeichen dieser Liebe ist es, bei allen Meßopfern sowohl der lebenden, als auch der verstorbenen Herren Mitbrüderzu gedenken. VIT. Prüfstein unserer Bruderschaft sei der Beistand für die Mitbrüder in geistlichen und materiellen Nöten, be sonders die geistliche Sorge vor allem für die benachbarten Kranken,daß man von ihrer Lebensgefahr den Herrn Prae ses und die benachbarten Mitbrüder benachrichtigt, damit man so durch Ge bet und andere Werke der Liebe dem Kranken zeitgerecht zuhilfe kommen kann. IX. So wie Petrus und Paulus, unsere heiligen Patrone, sich im Leben liebten und auch im Tod nicht getrennt wurden, so sind auch die lebenden Mitglieder der Bruderschaft dazu verpflichtet, nach Umständen und Möglichkeit bei den Begräbnissen der Mitglieder das Meßop fer darzubringen und für ihre Seele zu beten,ohnejede Hofthung aufEntgelt. X. Alljährlich sollen in Himberg,oder wohin der Dekanatssitz verlegt wurde, an einem vorher von den Mitgliedern der Bruderschaft auszuwählenden Tag der heilige Bund erneuert werden, wo bei auch die Regeln und Konstitutionen erneuert werden sollen. Dabei soll auch in einmütiger Beratung geordnet wer den, was dem Vorteil und dem Wachs tum der Bruderschaft dient. Ebenso sollen, wenn nötig, neue Kämmerer, Sekretär und Prediger gewählt werden. Schließlich sollen dabei auch jene,die in die Bruderschaft aufgenommen werden möchten, zugelassen und die Neuzuge lassenen den übrigen Bruderschafts mitgliedern vorgestellt werden. XI. Am Tag der Erneuerung soll zu nächst in der Pfarrkirche, wo der De chant sich aufhält, ein Amt für die verstorbenen Herren Mitglieder gesun gen werden; nach der anschließenden, vom Prediger gehaltenen Predigt soll eine Prozession mit dem Ehrwürdigen Sakrament mit möglichst großer Beglei tung abgehalten werden. Dabei soll das Allerheiligste vom Herrn Praeses oder einem dazu eingeladenen Gast, der aber der Bruderschaft angehören muß,getra gen werden. Diesem sollen soviele Prie ster in Kasein, als Altäre in der Kirche zum Zelebrieren vorhanden sind, voran gehen. Die übrigen sollen, mit Chorrock und Stola bekleidet, brennende Kerzen in den Händen tragen. Den Dienst bei der Prozession und beim feierlichen Amt sollen die jüngeren Mitglieder der Bru derschaft versehen. Xn.Nach der Prozession soll ein feier liches Amt zu Ehren der hl. Aposteln Petrus und Paulus für den Bestand und das Wachstum der Bruderschaft gesun gen werden; die übrigen Priester sollen aufdieselbe Meinung die Messe zelebrie ren. Jene, die durch die Messe nicht daran gehindert sind, sollen zum Opfer gehen. Die Feier soll mit einer Austei lung an die Armen beendet werden. Xni.Damit alle und jeder einzelne die einzigartige Frucht dieses heiligen Bun des erkennen, soll jeder Herr, der der Bruderschaft angehört,in der Oktav von Allereeelen eine Messe für alle verstor benen Herren Mitglieder lesen, damit er umso sicherer selbst einen ebensolchen Beweis der Liebe erhoffen kann. XIV. Die Herren Mitglieder sollen bei der ordentlichen Zusammenkunft gezie mend gekleidet, wenn möglich im Chor rock,erscheinen. Zuvor sollen sie bezüg lich allfälliger kranker Pfarrangehöriger eine entsprechende Vorsorge treffen. Die Abwesenden und Verhinderten sol len sich schriftlich entschuldigen und gleichzeitig übersenden, was kraft der Konstitutionen die anwesenden Mit glieder leisten müssen. XV.Wenn einer der Herren Mitglieder in ein anderes Dekanat oder auch außer halb der Diözese geht,soll er wenigstens einmalim Jahr den Herrn Präses schrift lich über seinen Aufenthaltsort infor mieren, damit er vom Todesfall eines Mitgliedes oder anderen Angelegenhei ten, die die Bruderschaft betreffen, be nachrichtigt werden kann. Ebenso soll er das schicken, was einer, der sich im Dekanat befindet, leisten muß. Wenn er gefährlich krank ist, soll er einen gewis senhaften Mann beauftragen,seinen Tod dem Herrn Präses zu schreiben, damit der Entfernte, der die Last spürt, auch in den Genuß des Vorteils kommt. XVI. Damit die Herren Mitglieder nach der Erneuerung des Bundes und dem Gottesdienst nicht ohne Stärkung 21

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