Erblanden, aus Görz und Krain, doch lagen die Schwierigkeiten für Priester aus Wien und Niederösterreich auf glei cher Ebene. Sie gehörten ja derselben Zeit und demselben Raum an. Für einen Priesterkandidaten aus einer vermögenden Familie war es leicht, unterzukommen und sogar Kar riere zu machen. Oktavian von Terzi2 zum Beispiel, dessen Vater Diplomat war, beschritt eine gradlinige Laufbahn. Mit 15 Jahren empfing er die Niederen Weihen, mit 17 Jahren war er bereits Domherr in Laibach, wo er später Kanz ler des Kapitels wurde. 1636 zog er nach Rom, um dort seine Studien abzuschlie ßen. Nach Verzicht auf seine Tätigkeit in Laibach wurde er 1646 Kanonikus bei St. Stephan in Wien, 1657 Dechant von Pillichsdorf, dessen Pfarre mit der Pfarre Ulrichskirchen verbunden war, und Konsistorialrat von Passau bei Ma ria am Gestade. Nach dem Rücktritt des Offizials Jodok Brendt-Höpfner im Jahr 1671 erhielt er dessen Amt, resignierte jedoch bereits 1674. Ein Passauer Offizial bezog ein Jahresgehalt von 1000 Gulden. In seinem Testament^ bedachte Terzi vor allem die Pfarre Ulrichskirchen, wo er am 24. Februar 1687 starb. Er hatte dort auf eigene Kosten einen neuen Pfarrhof errichten und ein ödes Haus ausbauen lassen, den Pfarrgarten ver größert und Äcker und Weingärten er worben. All das sollte seinem Nachfolger in der Pfarre gehören, doch nur, wenn er im Pfarrort verblieb und nie länger als zwei bis drei Monate im Jahr abwe send sein sollte. Als Offizial hatte Terzi viel Erfahrung gewonnen. Der Vizeoffizial von Passau dagegen, Karl Ferdinand Penechin', war der Sohn eines durch Kriegsgeschehen verarmten Gemüse händlers aus dem Festland von Venedig. Er war juristisch gebildet und 1645, wohl noch vor seiner Priesterweihe, als Rechtsanwalt in Wien tätig. Als Priester wurde er zehn Jahre später zum Hofka plan ernannt, was ihm jährlich 264 Gul den einbrachte. Im gleichen Jahr 1655 erhielt er einen kaiserlichen Tischtitel von 300 Gulden jährlich aus der Grazer Hofkammer. Einmal im Sattel, erhielt er die kaiserliche Patronatspfarre Ernst brunn, für die er allerdings einen Vikar bezahlen mußte, da er bald zum Konsi storialrat des Passauer Offizialates in Wien ernannt wurde. 1657 resignierte er auf seine Pfarre. Auch das Benefizium des hl. Leonhard in der Kirche Maria am Gestade und noch einige andere kleinere Pfründen hatte er inne. Im Jahr 1659 wurde er Vizeoffizial von Passau. Als Penechin am 15. Juni 1663 starb, hinterließ er 3521 Gulden 45 Kreuzer an Bargeld. Die Passiva - Schulden und einige Legate - betrugen jedoch 3407 Gulden 35 Kreu zer, sodaß für seinen Universalerben außer einem Legat von 600 Gulden nur noch 114 Gulden 10 Kreuzer übrigblie ben. Reich ist dieser doch höhergestellte Mann im kirchlichen Dienst nicht ge worden, aber er hatte wenigstens sein Auskommen. Unter den wirklich bedürftigen und erfolglosen Priestern sei hier nur das Schicksal von Martinus Spagniol" her ausgegriffen. Über seine Jugend ist nichts bekannt. Wir wissen nur, daß auch er aus dem Süden stammte, viel leicht aus Görz oder Krain. 1646 imma trikulierte er an der Wiener Universität, und am 8. April 1651 wurde er durch Bischof Philipp Friedrich Breuner von Wien zum Priester geweiht. Am Tag bevor er die Diakonatsweihe empfing, erhielt er von Kaiser Ferdinand III. einen Tischtitel, allerdings nur, bis er eine andere und ausreichende Einnahme beziehen konnte. Erst ein Jahr später, am 4. Juni 1652, erhielt der Hofzahlmei ster den Auftrag zur Auszahlung von 30 Gulden für diesen Tischtitel, der 3 Gul den wöchentlich betrug. Das waren 156 Gulden im Jahr. Davon konnte Spagniol nicht leben. Zwar wurde der Betrag 1655 auf 5 Gulden wöchentlich oder 260 Gul den im Jahr erhöht, aber die Auszahlun gen erfolgten unregelmäßig und nie in der versprochenen Höhe. Auch eine abermalige Erhöhung auf 416 Gulden jährlich blieb praktisch nur eine Zusage auf dem Papier. Aus dem Schriftverkehr geht hervor, daß Spagniol, der gewiß einen schwierigen Charakter hatte, we gen einiger Benefizialgüter mit dem Hofkammerpräsidenten Georg Ludwig von Sinzendorf in Streit geraten war. 1652 bewarb Spagniol sich vergeblich um die Stelle eines Hofkaplans. Seine Bemühungen um das ehemals ertragrei che Antoniusbenefizium in der Kirche Maria am Gestade führten zu jahrelan gen Rechtsstreitigkeiten mit dem Bi schof von Wien. Der Patronatsherr, Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein, hatte Spagniol beim Passauer Offizial für die Pfründe vorgeschlagen, und die ser hatte ihn installiert. Aber die Kirche Maria am Gestade und ihre Pfründen unterstanden rechtlich dem Bischof von Wien. Die anfänglich ergiebigen Güter der Pfründe waren in den Wirren der Reformationszeit zu einem großen Teil verschleudert worden. Als die Liechten steiner der Nikolsburger Linie, die einige Zeit zum Protestantismus überge gangen waren, zur katholischen Kirche zurückkehrten, schenkte Fürst Karl I. dem Bischof Klesl von Wien dieses Be nefizium mit dem Recht, es weiterzuverleihen. Erst nach dem Tod von Bischof Breuner (1669) erhielt Spagniol 600 Gul den vom Wiener Bistum. Aber ebenso wenig wie der Patronatsherr Karl Euse bius von Liechtenstein kannte er nach Rechtsstreitigkeiten, die 14 Jahre ge dauert hatten, den Restbestand seiner Pfründe. Die durch ihn ermittelten Gü ter warfen so wenig ab, daß er bei seinem Tod beim Passauer Offizialat Schulden hatte. Nach dem Tod des Passauer VizeofBzials Karl Ferdinand Penechin (1663) erhielt Martinus Spagniol dessen Pfründe in der damaligen Untersteier mark. Es war ein gekoppeltes Benefi zium: Altspital in Tüffer, St. Johann am Karner der Pfarrkirche in Tüffer, die Stiftung „Am Berg" bei der Kirche Maria Svettina und das Benefizium bei der Hl. Geistkirche vor der Stadt CUli. Die Inhaber dieser Pfründen hatten sich in den vorhergehenden Jahrzehnten nicht um sie gekümmert. Auch Pene chin hatte sich ihrer nicht annehmen können. Mit Steuerrückständen von 2173 Gulden kamen sie unter den Ham mer und die innerösterreichische Regie rung beglich mit ihnen die Forderungen des Kaufmannes Matthias Scheffer von Schefferberg, der dem Land Stoffe - wohl zur Bekleidung der Grenzsoldaten - geliefert hatte. Wiederum stürzte sich Martinus Spagniol in jahrelange Strei tigkeiten, die zu nichts führten, da er dem Scheffer die angehäufte Schulden last nicht bezahlen konnte und die Re gierung nicht geneigt war, ihre Schul den an Scheffer wieder zu übernehmen. Nur das kleine St. Fioriansbenefizium erhielt Spagniol (1662). Aber auch diese Güter waren größtenteils verpfändet oder mit Schulden belastet. Am Ende seines Lebens stellte Spa gniol eine Liste der Pfarren zusammen, um die er sich bemüht hatte. In Friaul waren das die Pfarren Kamnje, Lucinico, Prvacina und Idria, in Krain die Pfarren Gurkfeld, Kamnik, Reifniz, Ober-Göriach und Moräutsch, in der Untersteiermark die Pfarren Gonobiz, Tüffer und Schwanberg. Auch um meh rere Benefizien in diesem Gebiet hatte er sich vergebens beworben. Martinus Spagniol starb am 5. August 1678 in Wien. Sein Nachlaß an barem Geld betrug 117 Gulden 35 Kreuzer. Dazu kamen einige alte und schadhafte Kleidungsstücke. Seine Schulden betru gen 247 Gulden. An Büchern besaß er 70 Werke, eine hohe Zahl für einen mittel losen Privatmann dieser Zeit. Es waren meist theologische Handbücher, Erbauungs- und Betrachtungsbücher sowie Predigtsammlungen. In Anbetracht dessen, daß hunderte, wenn nicht tausende Priester in Öster reich das gleiche Schicksal erlitten und in bitterster Armut lebten, weil die geradezu beschämende Verwahrlosung vieler Kirchengüter ihnen den Lebens unterhalt vorenthielt, wäre man geneigt, die josephinischen Reformen als eine vernünftige Lösung zu bewerten. Das Pfarrnetz wurde nämlich erheb lich verdichtet und der Weltklerus, der keine anderen Einkünfte bezog, aus dem Religionsfonds (1782), der aus den Gü tern der aufgehobenen Klöster schöpfen konnte, annehmbar bezahlt. Aber um welchen Preis geschah das! Die dabei einbegriffene ,,Verstaatlichung" der Kir che kann hier als bekannt vorausgesetzt werden. Welcher praktizierende Katho lik wird da nicht den seinem Einkom men angeglichenen Kirchenbeitrag beja hen, der der Kirche und ihren Priestern einfache, aber gesicherte Lebensbedin gungen bieten kann. Anmerkungen: ' Henriette Peters, Passau, Wien und Aquileja. Ein Beitrag zur Kirchenge schichte von Wien und Niederösterreich im 17. Jahrhundert (= Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich. Bd. 22), Wien 1976. 2 Ebd. S. 32 ff. ■' Ebd. S. 143 ff. ' Ebd. S. 27 ff. •' Ebd. S. 61 ff. 19
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