Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

strikten Verbot." Wohl die einschneidendste Maßnahme enthielt ein Handschreiben Josephs II. vom 30. Oktober 1782, das die Aufhe bung aller Klöster verfugte, die „zum Besten der bürgerlichen Gesellschaft nichts Sichtbares leisten". Die Formulie rung muß als bezeichnend für die dahin terstehende Geisteshaltung angesehen werden. Die Auslegung öffnete der Will kür Tür und Tor." Entsprechende Durchführungsbestimmungen erließ man noch im selben Jahr. Ebenfalls im Jahre 1782 kam es zur Aufhebung aller „Bruderschaften", de ren Vermögen dem „Religionsfonds" zugeschlagen wurden. Beim Badener Konvent betraf diese Maßnahme die dortige blühende Gürtelbruderschaft „Maria Trost".' Noch im Herbst 1782 folgte durch Hofdekret die Aufhebung der Exemtion der Orden und Klöster sowie die Einlei tung von Maßnahmen zur „Regulierung der Pfarren und Klöster".® Im März 1783 kam es zur Schließung aller Ordenslehranstalten und zur Ein führung der „Generalseminarien" in den Universitätsstädten, vor deren Absolvie rung kein Ordenskandidat zu den Wei hen zugelassen werden durfte.® Das Badener Augustinerkloster fiel der Aufhebungswelle nicht zum Opfer, doch wurde festgelegt, daß die derzeitige Zahl der Konventualen durch Aufnahme von Novizen nicht vermehrt werden dürfe. Damit wurde es auf die „Ausster beliste" gesetzt.'® Nachdem schon früher immer wieder Patres aus dem hiesigen Kloster Aus hilfsdienste an der Pfarre geleistet hat ten, bestimmte man jetzt drei Priester aus dem Konvent zu Kooperatoren an der Stadtpfarre St.Stephan in Baden.'' Die Frage der Verköstigung und Un terbringung dieser Priester aus dem Konvent beschäftigte Jahre hindurch die Behörden, wie der erhaltene umfangrei che Schriftverkehr bezeugt. Für die Betroffenen wurde der Zwiespalt akut: Pfarrseelsorger oder Mitglied einer ge schlossenen Kommunität - Zugehörig keit zur Pfarre oder zum Konvent?"^ 1784 erfolgten Weisungen des erzb. Konsistoriums, die den Gottesdienst an der Klosterkirche beträchtlich ein schränkten und vor allem diesen in der „Frauenkirche beim Bad" im Eigentum der Badener Augustiner auf ein Mini mum reduzierten.'" Während Teile der Badener Bevölke rung scheinbar mit diesen Maßnahmen einverstanden waren, strebten andere die Errichtung einer zweiten Pfarre an der hiesigen Klosterkirche an. Ansuchen in diese Richtung erhielten schließlich eine abschlägige Beantwortung von der NÖ Regierung." Einen einschneidenden Eingriff in die Verfassung des Ordens brachte ein kai serliches Dekret vom 30. November 1784. Die Wahl der Prioren der einzelnen Klöster durch das Provinzkapitel schaffte man ab; jeder Konvent hatte nun seinen Oberen selber zu wählen. Alle Profeßpriester besaßen nun das aktive und passive Wahlrecht, Was da mit den Anschein demokratischen Fort schrittes erweckte, bedeutete aber eine Schwächung der Autorität der Ordens oberen, die nun kaum mehr ein Mittel in der Hand hatten, um die nötige Ordens disziplin aufrechtzuerhalten."" Anzeigen gegen Obere bei kirchlichen und weltlichen Behörden rissen ein, oft Kleinigkeiten betreffend, die man am besten innerhalb der Gemeinschaft hätte bereinigen können. Ein solcher Fall an onymen Naderertums fand 1785 unter Einschaltung weltlicher Behörden seine Bereinigung. Bei der Untersuchung durch eine Kommission zogen dann alle ihre Anschuldigungen zurück. Die im Namen des Konventes eingebrachte An zeige stellte sich als Verleumdung her aus, und kein Mitglied des Konvents hätte von einer solchen gewußt. 1786 versuchte ein Hofdekret einer solchen eingerissenen Entwicklung Einhalt zu gebieten.'" Im Jahre 1785 zählte der Badener Konvent noch zwölf Priester imd sechs Laienbrüder.'' Durch Hofdekret schaffte man in die sem Jahre alle bisherigen Sonderrechte innerhalb der klösterlichen Kommunität ab. Lediglich Alten und Kranken räumte man solche ein. Die Rangordnung unter den Regularen erfolgte nun nach dem Profeßalter.'® Unter dem Vorwand der Sorge um die Gesundheit der Geistlichen kam es 1786 zur Abschaffung des Chorgesanges in den Klöstern.'® Mit 8. März 1787 erhielt der Dechant und Pfarrer von Baden vom erzb. Konsi storium in Wien den Auftrag, unter Hinzuziehung des Kreisamtes die alte, dem hiesigen Augustinerkloster ge hörige Frauenkirche beim Bad zu ent weihen und gänzlich zu sperren. Der schöne Hochaltar dieser Marienkirche kam 1790 nach Kirchberg am Wechsel. Was mit der übrigen Einrichtung ge schah, ist unbekannt. Nachdem später das bereits exsekrierte, schöne gotische Gotteshaus an die Stadtgemeinde ver kauft worden war und in den Franzosen kriegen als Fouragedepot gedient hatte, wurde es 1811 demoliert."" 1788 nahm nach neuerlich eingegange nen Anzeigen eine Kommission der NÖ Regierung und ein Kommissar des erzb. Konsistoriums in Wien eine Untersu chung im Badener Kloster vor. Wieder waren teilweise ernste, teilweise aber auch lächerliche Vorwürfe gegen den Konventerhoben worden."' Nach dem Tod Josephs II. erfolgte eine teilweise Rücknahme der Maßnahmen des Staatskirchentums, so die Aufhe bung der Generalseminare. Der Ordens nachwuchs blieb aber weiterhin einge schränkt. Vor allem zog man nun in zunehmendem Maße Ordensgeistliche zur Auffüllung vakanter Seelsorgepo sten in den Pfarren heran. Ebenso blieb die Überwachung der Klöster aufrecht."" Der Augustinerorden mußte 1792 durch Patres aus dem Badener Kloster für ein halbes Jahr die Administration der 1783 geschaffenen selbständigen Lokalie St. Helena bei Baden besorgen."" 1793 wurde der Augustinerpater Quodvultdeus Rollett, ein gebürtiger Badener. Kooperator an der Stadtpfarre Baden, dessen Versetzung für diesen Zweck ziemliche Schwierigkeiten venirsacht hatte. Zu einer Freigabe aus dem Kloster Fürstenfeld war ja eine andere Landesregierung zuständig."' Der Mangel an für die Pfarrseelsorge einsatzfähigen Ordenspriestern er scheint 1796 bereits deutlich spürbar. Durch Versetzung an andere vakante Seelsorgeposten und durch Ableben konnte jetzt nur noch ein Konventuale aus dem hiesigen Kloster an die Pfarre abgetreten werden."® Die Wahl eines neuen Priors im Jahre 1796 - noch in der von Joseph n. aufge zwungenen Form - erfolgte unter gro ßen Schwierigkeiten. Der im ersten Wahlgang Bestimmte nahm das Amt nicht an. Der in einem zweiten Wahl gang Nominierte fand keine Bestätigung durch den Ordensprovinzial. So kam schließlich ein auswärtiger dritter Kan didat zum Zug. Die Josephinische Wah lordnung zeigte sich so als Farce."® 1797 fand mit Bewilligung der NÖ Regierung eine Versteigerung von Grundstücken aus dem Eigentum des Badener Klosters statt. Dies läßt neben anderen zeitgenössischen Nachrichten daraufschließen,daß es auch wirtschaft lich um den Konvent nicht zum besten stand."® Erstmalig scheint 1799 in einer „Regu lierung der bestehenden Klöster nach territorialen Gesichtspunkten" die Nie derlassung der Augustiner-Eremiten in Baden unter den ,,entbehrlichen Klö stern" auf, den Konventen, die zur Ver stärkung anderer Klöster dienen soll ten."® Ein Bericht des erzb. Konsistoriums in Wien an die NÖ Regierung vom 8. August 1800 bezeichnet den Zustand der Seelsorge in Baden als äußerst kritisch. Der einzige für die Pfarrseelsorge brauchbare Priester P. Quodvultdeus Rollett muß allein als Provisor die Pfarre mit 6000 Seelen betreuen. Der Prior des hiesigen Klosters muß in einer Person die Ämter eines Sakristans, Pro kurators, Kellermeisters und Organisten versehen. Der frühere Prior hat zum Predigen keine Stimme, und die beiden anderen Priester-Konventualen werden folgendermaßen beschrieben: Der eine „kränkelt und muß die längste Zeit im Bett verbringen", der andere ist „ein alter, erschöpfter Mann, den das Ge dächtnis so ziemlich verlassen hat". In diesem Schreiben wurde auch darauf verwiesen, daß sich im Sommer in Ba den ein „ansehnliches Publikum, hohe Standespersonen, ja sogar die kaiserli che Familie" einfinde."" Daraufhin erfolgte durch den Augusti nerorden die Entsendung eines Paters als Kooperator an die Pfarre Baden und eines Sonntagspredigers aus dem Wie ner Konvent." Mit einem Hofdekret des Kaisers Franz II. (I.) vom 2. April 1802 begann - viel zu spät - eine neue Ära für die österreichischen Klöster. Wesentliche Bestimmungen der Josephinischen Kir chenmaßnahmen wurden wieder aufge hoben. Das konnte aber die bereits entstandenen Schäden nicht mehr gut machen."" Sich daraus ergebende Be53

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