Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Konzils werden daher nicht neue Dog men stehen oder feierliche Verurteilun gen. Das seelsorgliche Anliegen wird dem Wunsch des Papstes entsprechend besonders betont werden. Das Konzil wird auch keine Sensationen bringen. Es wird sich daher empfehlen, allzu sensationelle Nachrichten vom Konzil mitZurückhaltung aufzunehmen. Das Konzil wird weder den Zölibat in der lateinischen Kirche abschaffen,noch das christliche Sittengesetz billiger und das Christ-sein leichter machen. Es wird sich auch nicht mit örtlichen Problemen beschäftigen, wohl aber manche Glau benswahrheiten schärfer fassen durch eine Konfrontierung mit dem wissen schaftlichen Weltbild der Gegenwart und eine Verankerung in demselben.Es wird den gesellschaftlichen und sozialen Problemen zwischen den Völkern grö ßere Aufmerksamkeit zuwenden und sich dadurch für den Frieden in der Welt einsetzen. Vergeßt vor allem eines nicht, die Entscheidungen des Konzils werden nur dann einen neuen Aufbruch für die Kirche bedeuten, wenn in euren Herzen auch die entsprechenden Entscheidun gen fallen. Wenn es als Appell verstan den wird, das Antlitz Christi im Alltags leben mehr als bisher zum Leuchten zu bringen. Und noch eines. Das Konzil wird kein Konzil der Kopfnicker sein,es wird klar, offen und vielleicht manchmal auch hart gesprochen werden. Es wird aber auch nicht zum Fenster hinaus geredet wer den. Auch Besorgnisse, das Konzil wird zu sehr vom Apparat, das heißt von den Bilanz des Konzils Beamten der Kurie, der kirchlichen Zentralverwaltung beherrscht und das Wollen der Bischöfe würde gegenüber der Routine des Apparates nicht durch dringen, sind, wie die Erfahrung der Konzilsvorbereitungen zeigen, unbe gründet.Die Bischöfe werden reden, wie es ihrer Verantwortung vor Gott und der Kirche entspricht. Die Bischöfe sind ja nicht, wie vielleicht manche meinen, sine Art vom Papst eingesetzte Kirchen beamte, sie sind nach göttlichem und kirchlichem Recht, so wie der Papst, Nachfolger der Apostel und sind Gott unmittelbar für die Gläubigen ihres Kir chengebietes verantwortlich. Sie stehen zusammen in Treue zum Papst, den sie als Nachfolger des hl. Petrus anerken nen. Die im Papst verkörperte Einheit der Kirche, deren dogmatische Fixie rung durch das letzte Konzil vor 100 Jahren für viele Katholiken noch eine Gewissensnot bedeutete, ist heute auch von der Geschichte bestätigt. Einer Welt, die in jeder Beziehung zur Einheit drängt, hat die Kirche das Beispiel der Einheit schon lange gegeben. Wichtiger noch als die unmittelbaren Ergebnisse des Konzils werden die Aus wirkungen für die Zukunft sein, für die hier die Weichen gestellt werden. Wenn heute die Weltreligionen, so wie alle Völker, die Religion hochhalten, ange sichts des kämpferischen Atheismus nä her zusammenrücken,so wird das Kon zil solche Tendenzen stärken... Anmerkung: Aus:Kathpress 1962, Nr.325(10. Okto ber 1962), Beilage 1-3. Vortrag im Rahmen des Katholischen Bildungswerkesim Auditorium Maximum der Universität Wien,17.Jänner 1966 Wenn ich jetzt im Begriffe stehe, Ih nen einen Bericht über die Ergebnisse des II. Vatikanischen Konzils zu geben, so bin ich mir wohl bewußt,daß es nicht leicht ist, über Vorgänge zu sprechen,zu denen man noch keine Distanz hat, die man selber unmittelbar und mit innig ster Anteilnahme miterlebt hat. Ich bin mir auch bewußt, daß das eben been dete Konzil in seinen Auswirkungen noch nicht endgültig bestimmbar ist, weil die Fülle der Ereignisse noch nicht ganz überschaubar,die davon ausgehen den geschichtlichen Kräfte noch nicht ganz erkennbar und in der postkonzüiaren Phase weitere Formung erfahren werden. Ich glaube aber, daß eine vor läufige Rohbilanz zu ermitteln ist und daß das Ergebnis des Konzils in großen Umrissen heute bereits feststeht... ...Damit sind wir bei einem der we sentlichsten Konzilsergebnisse ange langt. Ich meine eine dreifache Isolie rung, die daher in dreifacher Form durchbrochen wurde. Das ist 1. die Isolierung vom Volk. Sie wurde durch brochen durch die neue Liturgiereform. Gerade im Gottesdienst soll das Volk Gottes nicht in heiliger Scheu einer vielfach unverstandenen Handlung ge genüberstehen, getrennt durch die Mauer einer Kultsprache, die dem Volke unverständlich bleiben mußte. Die Ge meinsamkeit der Verkündigung,des Op fers und des Mahles bedarf einer ge meinsamen, einer allgemein verständli chen Sprache. Gewiß gehört das Ge heimnis zum Bereich des Religiösen, und das Geheimnis der Eucharistie z.B. wird durch keine Liturgiereform, durch keine Volkssprache sich auflösen lassen. Aber das Geheimnis der Eucharistie werden wir in seiner menschlichen Unbegreiflichkeit um so klarer sehen,wenn wir das Begreifliche und Verständliche im Gottesdienst auch begreiflich und verständlich machen. Hier geht es zuert um das Wort Gottes. Soweit der Wort gottesdienst Verkündigung ist, soweit muß das, was verkündet wird, in der Sprache gesprochen werden, die von jenen verstanden wird, denen die Bot schaft, die Verkündigung übermittelt werden soll. Die Barriere der Sprache und die Form der Anteilnahme sollte daher durchbrochen werden. Ein solcher Durchbruch ist nicht Sache eines Au genblicks und er geschieht auch nicht ohne Widerstand. Die Liturgiereform ist noch nicht zu Ende, aber das Ziel ist klar. Es geht nicht um eine Übernahme protestantischer Formen, sondern das katholische, das allumfassende Ziel soll nicht durch eine allen mehr oder weni ger verständliche Kultsprache erreicht werden,sondern dadurch, daß das Volk Gottes in seiner sprachlichen und kultu rellen Ausprägung eine alle umfassende Einheit,eine katholische Einheit um den Altar bildet. Die zweite Form des Durchbruches einer katholischen Isolierung ist der Durchstoß der isolierenden Mauer von den getrennten Christen. Auch hier spielen viele Faktoren mit. Einerseits ist es der gemeinsame Feind,der als religiö ser Indifferentismus oder in den ver schiedenen Aspekten des Atheismus das Christentum insgesamt bedroht. Ande rerseits waren die sich befehdenden christlichen Kirchen in den Missionslän dern zu einem Hindernis und Ärgernis für alle geworden. Die immer mehr einswerdende Welt, in der die Christen heit immer mehr zu einer Minderheit wird, ließ das Anachronistische der Trennung deutlich werden. Die Kirche hat auf dem Konzil versucht, die Isolie rung von den getrennten Christen durch die Schaffung und die Arbeit des ,,Se kretariates zur Förderung der Einheit der Christen", durch das sogenannte Sekretariat des Kardinal Bea, zu über winden. Im Schema über den Ökume nismus wurden die theologischen Grundlagen für die Annäherung der Christen geschaffen. Auch der Durch bruch durch diese Isolierung ist nicht eine bloße Angelegenheit des guten Wil lens oder der augenblicklichen Einge bung. Auch hier gibt es Schwierigkeiten, die nicht auf bösem Willen beruhen und die man daher auch nicht bloß mit gutem Willen zu überwinden vermag.Es geht auch darum, vermeidbare Mißver ständnisse aufzuklären, unnötige Mauern abzubrechen, überflüssige Grä ben zuzuschütten. Im Konzilsdekret über die katholi schen Ostkirchen, verabschiedet im No vember 1964, ist durch die Anerkennung der alten Rechte und Privilegien der Patriarchen, durch die Betonung, daß die Vielfalt der Einheit der Kirche nicht schadet, die Annäherung zur orthodo xen Kirche im Bereiche der Sakramente -eine Voraussetzung geschaffen worden für eine weitere Annäherung der ortho doxen und katholischen Kirche. Was am 7. Dezember in St. Peter geschah, war auch damit vorbereitet worden. Das Trennende wird so gegenüber dem Ge meinsamen kleiner, viel kleiner werden. Aber es wird immer noch da sein. Wann und wie die letzte Trennung überwun den werden kann,steht allein bei Gott. Drittens galt es, die Isolierung der Kirche von der Welt zu durchbrechen. Die Pastoralkonstitution über die „Kir che in der modernen Welt" gibt davon Zeugnis. Dieses war vielleicht das schwierigste, aber auch das wichtigste Unterfangen. Einer Welt, die immer in Bewegung war, stand eine Kirche ge genüber, die sich selbst als Fels in der Brandung der Zeit empfand. Sie be trachtete sich als unüberwindliche Fest ung, als Haus auf dem Felsen gebaut. 39

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