Macht gebrochen werden muß. Wer die natürliche und echte Autorität der El tern untergräbt, der züchtet jene Ex zesse der Gewalt, die wir heute allerorts erleben. Man will heute den Menschen einreden, daß nur die schrankenlose Freiheit des Menschen würdig sei und daß jede innere Bindung eine Beein trächtigung der Freiheit sei. Aber solche Parolen wirken zersetzend und zer störend. Eine Gemeinschaft ohne die innere Bindungen der Liebe zerfallt. Schrankenlose Freiheit ohne Verant wortung wirkt in der Gesellschaft wie wuchernder Krebs. Echte Familie bedeutet ferner, daß die Eltern die volle Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder übernehmen dürfen und können.Das gilt auch für die Schulerziehung der Kinder. Kinder sind nicht Eigentum des Staates, nicht Eigen tum der Gesellschaft. Die Elternver bände und Elternvereine müssen wieder das Recht haben, in der schulischen Erziehung ihrer Kinder ein wesentliches Wort mitzusprechen. Die Familie ist das entscheidende Fun dament der Gesellschaft, aber man bringt heute der Familie wenig Achtung entgegen. Wir spüren diese Geringschät zung der Familie in der Steuerpolitik,in der Sozialpolitik, in der Büdungspolitik, in der Familienrechtsreform. Die Fami lie ist wieder Stiefkind der Gesellschaft. Doch es ist unsere Aufgabe als Chri sten, uns in dieser Auseinandersetzung um die Familie zu engagieren. Am Beginn der Fastenzeit sollten wir uns Gedanken machen über die Stär kung der Familie. Denn eine gute Fami lie gelingt nicht von selbst. Wir müssen etwas dazu beitragen. In jeder Ehe gibt es Krisen. Aber solange der eine ehrlich zum anderen steht, läßt sich jede Krise überwinden. Nehmen Sie sich Zeit für ein ehrliches Gespräch, für die echte Aussprache. Aber dieses Gespräch unter den Ehepartnern wird nur gelingen, wenn Sie Ihr eigenes Unrecht einsehen. Haben Sie den Mut zur Vergebung, zur Geduld, zur Wahrheit. Glauben Sie daran, daß der Wiederaufbau Ihrer Fa milie möglich ist, denn Gott will Sie nicht verlassen,sondern Ihnen die Kraft der reinen Liebe schenken. Vielleicht ist aber eine grundsätzliche Änderung in Ihrer Familie notwendig. Vielleicht müssen Sie sich entschließen zu einem einfacheren Leben, vielleicht auf den Nebenverdienst verzichten, da mit Sie wieder Zeit für Ihre Kinder haben. Vielleicht müssen Sie auf ein kleineres Auto umsteigen, damit Sie die berufliche Hetze nicht zermürbt und kraftlos macht in der Familie. Vielleicht müssen Sie sich zu Ferien in der Nähe entschließen, damit Sie nicht beide ver dienen gehen müssen und Ihre Kinder darunter leiden.Ihre berufliche Karriere hat nur dann Segen und Sinn, wenn sie auch Ihrer Familie zugute kommt. Die Abende vor dem Fernsehapparat haben nur dann Segen und Sinn, wenn sie dem Gespräch in der Familie dienen. Für die Familie darf Ihnen kein Opfer zu groß sein. Familie sein heißt: füreinander Zeit haben und das bedeutetkonkret: gemeinsam mit den Kindern spielen, gemeinsam Feste feiern, gemeinsam reden, gemeinsam essen, gemeinsam beten. Das sind die Schwerpunkte, von de nen eine Familie lebt. Sie müssen mit Ihren Kindern spielen, denn für die Kinder ist das Spiel dasselbe, was die Arbeit für die Erwachsenen ist. Nur im Spiel mit Ihnen kann sich das Kind entfalten, von Ihnen lernen und Sie kennenlernen. - Dasselbe gilt vom Festefeiem in der Famüie. Sie müssen sich Zeit nehmen für ein paar festliche Stunden, wenn einer von Ihnen Namenstag oder Geburtstag oder einen besonderen Freudentag hat. Dann müssen Sie sich zusammensetzen, er zählen und zuhören, lachen und dank bar sein, daß Sie einander haben und miteinander reden können. Wenn die Ehepartner nicht mehr mit einander reden, wenn die Kinder mit ihren Eltern kaum noch reden können, dann kommt der Frost über die Familie. Wer mit seinen Kindern nicht redet, solange sie Kinder sind, mit dem werden die Kinder auch nicht reden, wenn sie erwachsen sind. Miteinander reden heißt: Horchen auf den anderen, was er für Sorgen hat, was ihn heute freut und wovor er Angst hat. Auch der gemeinsame Tisch soll ein Fixpunkt in Ihrer Famüie werden. Nicht umsonst hat unser Herr Jesus Christus das „große Gastmahl" zum Zeichen der ewigen Freude und der ewigen Gemein schaft gemacht. Am gemeinsamen Tisch sollen Sie sich Ihrer Gemeinschaft und Liebe täglich neu bewußt werden. Die Liebe in der Familie gelingt nicht von selbst. Wir müssen etwas dazu tun. Wir sollten diese Fastenzeit dazu benüt zen, an der Erneuerung unserer Familie in der Liebe mutig und gläubig zu arbei ten. Die Liebe stammt von Gott.Deswegen hängen Glaube und Liebe eng zusam men. Glaube und Familie tragen einan der gegenseitig. Weü die Familie so eng mit dem Glauben verbunden ist, ist die Erneuerung der Famüie oft nur vom Glauben her möglich. Wir müssen wie der lernen zu fragen: wozu lebe ich eigentlich, was will Gott von mir? Wenn Sie ehrlich nach dem Willen Gottes fragen,w erden Sie den Glauben neu entdecken und damit die gewaltigsten Energien Ihres Lebens. Wer sein Leben dem Willen Gottes ehrlich unterwirft, der erlebt einen neuen Anfang, eine neue innere Kraft. Denn Gott allein vermag die Menschenherzen zu lenken. Wer Gott als den letzten Sinn seines Lebens entdeckt, der ist der Gier nicht mehr hilflos ausgeliefert. Der religiöse Mensch vermag sein Herz zu zähmen, seine Sehnsüchte zu ordnen, seine Triebe zu bändigen. Deswegen sollten Sie einen neuen Anfang setzen und sich wieder Zeit nehmen zur Besinnung und zum Gebet. Machen Sie einen neuen Anfang durch eine gute Beichte und seien Sie dann treu im persönlichen Gebet. Lassen Sie Gott wieder in der Mitte Ihrer Familie wohnen. Besonders das Tischgebet hat sich als Anfang des gemeinsamen Betens in der Familie sehr bewährt. Suchen Sie sich ein Tischgebet aus, das Ihnen gemeinsam gefallt. Sie werden den Segen merken, wenn Gott Tag für Tag in Ihre Mitte gerufen wird. Von besonderer Bedeutung für die Familie ist das gemeinsame Beten mit den Kindern. Die religiösen Eindrücke der Kindertage graben sich unauslösch lich in die Herzen der Kinder ein. El tern, die mit ihren Kindern gemeinsam beten, gewinnen einen ganz neuen Zu gang zum Herzen ihres Kindes. Ihre Kinder werden es Ihnen für immer danken. Nehmen Sie sich wenigstens gelegent lich Zeit, um gemeinsam aus der Heili gen Schrift zu lesen. Beten Sie für die Verstorbenen, für die Anliegen der Fa milie, beten und glauben Sie vor allem, daß Gott in Ihrer Mitte ist. Ich kenne viele Familien, die im Glauben stark geworden sind und oft gemeinsam den Rosenkranz beten.Das sind Familien,in denen Gott stärker ist als alle Ver suchungen und Bedrängnisse dieser Zeit. Nehmen Sie sich auch Sonntag für Sonntag Zeit für die gemeinsame Messe und machen Sie diese zu einem Schwer punkt Ihrer Woche. Die Familien in unserer Zeit erleben heute Erschrecken des. Gerade deswegen keimt in vielen Familien der Glaube daran auf, daß nur die Rückkehr zum Geist des Evange liums wieder menschenwürdige Zu stände auf Erden herzustellen vermag. Dieses Evangelium leitet uns an, uns von Haß und Habsucht zu befreien, dem Kerker der Selbstsucht zu entfliehen und das Tödliche jeder Süchtigkeit zu durchschauen. In vielen Pfarren haben sich die reli giös strebsamen Familien schon zusam mengeschlossen etwa in Familiennmden. Denn die Familie ist heute so sehr bedrängt, daß sie die Stärkung durch das Beispiel des anderen gut brauchen kann. Die Familie braucht heute die Bestätigung durch den anderen und die Anregungen, den Austausch der Erfah rung und die Stärke durch andere gläu bige Familien. Als Bischof möchte ich heute in beson derer Weise all denen danken, die den Familien helfen. So viele haben sich schon bereit gefunden, bei den Taufge sprächen mitzuwirken,bei der Vorberei tung der Erstkommunion mitzuhelfen oder als Firmhelfer sich für unsere Ju gend einzusetzen. Als Bischof möchte ich auch all denen danken, die sich um die Famüien der Nachbarn kümmern, um die Kinder der Gastarbeiter, um alte oder vereinsamte Menschen.Eine Liebe, die über die Familie hinaus wirksam ist, kommt auch der eigenen Familie wieder zugute. Denn es ist nicht gut, wenn sich eine Familie isoliert und nur für sich selber da sein will. Die Gefahr ist dann so groß, daß diese Familie in Wirklich keit egoistisch verkümmert und an ihrer Isolierung krank wird. Eine Familie, die sich zum tatkräftigen Bruderdienst ent schlossen hat, wird auch selbst in der Liebe erstarken. 37
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