Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

bezeugt'", daneben tritt 1329 ein OfTizial im Land unter der Enns auf". Sein Residenzort ist nicht bekannt; sicher war es noch nicht bei Maria Stiegen, da erst 1357 der künftige „Passauer Hof als Amtssitz für den Offizial angekauft wurde'^". Neben dieser Übernahme kirchen rechtlicher Neuerungen in die Verwal tungspraxis, die seiner juristischen Aus bildung entsprach, zeichnete sich Albert als Förderer der Klöster aus. Eine Reihe neuer Niederlassungen von jüngeren Orden wurden errichtet, etwa die der Karthäuser und der Augustiner-Eremi ten. Gravierendes Problem der Seelsorge in der Zeit Bischof Alberts waren die Auseinandersetzungen mit den Häreti kern und die Judenverfolgungen. 1338 wurden im Niederösterreichischen wie der die Anhänger häretischer An schauungen aktiv, sie töteten sogar mehrere Geistliche, so daß die Inquisi tion erneut tätig wurde^'. Das Auftreten der Häretiker erfolgte zur gleichen Zeit wie die vom niederösterreichischen Pulkau ausgehende Verfolgung der Ju den (1338). Das Pogrom durchbrandete die österreichischen Lande und machte auch vor Bayern nicht halt. Papst Bene dikt XII. beauftragte Bischof Albert mit der Untersuchung der Vorwürfe, und auf dessen Eingreifen hin kam die Ver folgungswelle zu einem Ende. Der Passauer Dom St.Stephan Bischof Bernhard von Prambach nahm den Wiederaufbau des 1181 durch Brand schwer geschädigten und lange vernachlässigten Passauer Doms ener gisch in Angriff; bereits 1291 konnte er die Reliquien der Diözesanpatrone, des hl. Valentin und des hl. Maximilian, feierlich im neugeschaffenen Mausoleum beisetzen--. Anfang des 14.Jahrhunderts wurden wohl der Chor und die vom Einsturz bedrohte sowie verwahrloste Krypta erneuert^'. 1333 stiftete Bischof Albert den Bartholomäus-Altar; er war einer der 15 Altäre im Dom, die 1365 belegt sind'^'. In der Nähe des Altares fand der Stifter sein Grab^'*. Um den Kreuzgang herum wurde der Kapellen kranz erweitert; 1323 schlössen sich die sog. Herrenkapelle St. Andreas und die Allerheiligenkapelle den bereits vorhan denen Sixtus-(1288)und Elisabethkapel len (1315) an, 1343 stiftete der Passauer Mautner Ludwig auf dem Stein die Annakapelle, und 1350 wurde die Herrenbruderschaftskapelie errichtet-". Die Bedeutung des Albertlnischen Chores des Stephansdomes zu Wien für die Geschichte des Bistums Passau und des Landes Österreich Infolge seines machtpolitischen Schei terns in der Schlacht von Mühldorf (1322) wurde dem Haus Habsburg der Weg des inneren Ausbaus seiner Terri torien und einer klugen Politik gewie sen. In diesem Zusammenhang ist der Bau des Albertinischen Chores ein zuordnen. Mit ihm dokumentierte sich der kirchliche Anspruch des Landesher ren. Der prachtvolle Kirchenbau legte die Grundlage für den Ausbau der Pfarre St. Stephan zu einem Stift, aus dem schließlich eine Bischofskirche her auswachsen konnte. Die Erhebung des Bistums Prag(1344) zum Erzbistum zeigt die zeitgenössische Möglichkeit: Auf Bestreben König Karls IV., der in der Auseinandersetzung mit Kaiser Ludwig von Bayern stand und sein Land zum führenden Territorium des Reiches ausbaute, erstand hier eine völlig unabhängige Landeskirche mit eigener Metropolitangewalt. Diese kirchenpolitische Zielrichtung des Albertinischen Chorbaus konnten die Habsburger aber damals noch nicht verwirklichen.Zu sehr hing nämlich der Ausbau der habsburgischen Landesherr schaft von der Zusammenarbeit mit den beiden großen Diözesen Salzburg und Passau ab. Die Anbindung des Passauer Bischofs an seine habsburgische Ver wandtschaft zeigt sich unter anderem daran, daß er im Jahre der Weihe des Albertinischen Chores, 1340, nur in Wien, St. Pölten und mehrfach in KIosterneuburg urkundlich nachzuweisen ist, nicht aber in seiner Bischofsstadt. Damit war Wien faktisch eine Residenz stadt des Diözesanbischofs, die gotisierte St.-Stephans-Kirche wohl die immer wieder vom Bischof genutzte Kirche. Somit schwenkte das Bistum Passau in dieser Zeit zu den Habsburgern um und förderte der Bischof die Verselbständi gung der Wiener Kirche, wie sie sich in dem anspruchsvollen Bau des Albertini schen Chores repräsentativ ausdrückt. All dies war aber wohl Voraussetzung dafür,daß die habsburgischen Landesbi stumsbestrebungen über die Jahrhun derte ohne echtes Ergebnis blieben und das Bistum Passau bis zum Ende des Alten Reiches das „Donaubistum" war. Anmerkungen: ' Othmar Hageneder, Die geistliche Ge richtsbarkeit in Ober- und Niederöster reich. Von den Anfängen bis zum Be ginn des 15. Jahrhunderts, Graz-WienKöln 1967 (=Forschungen zur Ge schichte Oberösterreichs 10)259. Viktor Flieder, Stephansdom und Wie ner Bistumsgründung. Eine diözesanund rechtsgeschichtliche Untersuchung, Wien 1968 (=Veröffentlichungen des Kirchenhistorischen Instituts der Katho lisch-Theologischen Fakultät der Uni versität Wien 6)65. ' Alfred Strnad, Das Bistum Passau in der Kirchenpolitik König Friedrichs des Schönen (1313-1320), in: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 8(1964)188-233, hier 192. ' Strnad, ebd. 192 Anm. 15; Ludwig H. Krick, Das ehemalige Domstift Passau und die ehemaligen Kollegiat-Stifte des Bistums Passau,Passau 1922,30. Strnad(wie Anm.3)204. " Strnad, ebd. 210f.; Josef Oswald, Die Bischöfe von Passau. Untersuchungen zum Passauer Bischofskatalog, in; Ostbairische Grenzmarken 5 (1961) 7-29, hier 11. " Oswald,ebd.25. " Strnad(wie Anm.3)226. "Strnad,ebd.219. Strnad,ebd.227-229. "Heinz Dopsch-Hans Spatzenegger (Hrsg.), Geschichte Salzburgs. Stadt und Land. I: Vorgeschichte. Altertum. Mitte lalter, 3 Bde., Salzburg 1981-1984, hier Bd.I/l, 462. Strnad (wie Anm. 3) 218f.; Flieder (wie Anm.2)65. ''Strnad,ebd. 225. "Monumenta Boica 30/2, 111-114. ' Strnad(wie Anm.3)221. '" Alexander Erhard, Geschichte der Stadt Passau, 2 Bde., Passau 1862-1864, hier Bd. 1, 121; zuletzt Franz-Reiner Erkens,Das Bistum zwischen Habsburg, Wittelsbach und Böhmen und die kom munale Bewegung in Passau,in: Ostbairische Grenzmarken 31(1989)61-85, hier 72. '" Strnad(wie Anm.3)220. Hageneder(wie Anm.1)260. Hageneder,ebd.261. Hageneder,ebd.263. Karl Schrödl. Passavia sacra, Ge schichte des Bisthums Passau, Passau 1879,247. -- Johann E. Kappel, Der Dom des hl. Stephan zu Passau in Vergangenheit und Gegenwart. Ein Beitrag zur Kunst geschichte Süddeutschlands, Regens burg 1912.14. 'Ebd. 16. Ebd. 18. Schrödl(wie Anm.21)248. Kappel(wie Anm.22)22. Der Chorbau von St. Stephan und sein Skulpturenprogramm Von Marlene Zykan Im äußeren Erscheinungsbild des Wie ner Stephansdomes tritt der 1340 ge weihte Chorbau hinter den in der Quer achse vorspringenden gotischen Tür men. insbesondere dem bis zur Spitze ausgebauten Südturm, aber auch hinter dem reich gezierten Langhaus mit sei nem steiler aufragenden Dach fast be scheiden zurück. Ebenso ist für den. der die Kirchenhalle betritt, die Höhenstei gerung des mittleren Langhausschiffes gegenüber dem Chor und der größere Formenreichtum des Langhauses im Verhältnis zur schlichteren Chorarchi tektur sofort als Abstufung von besonde rem künstlerischem Reiz erlebbar. Trotzdem überwiegt der Eindruck eines im Grunde einheitlich erdachten Rau mes mit annähernd gleich hohen und breiten Schiffen, welche in die eckig gebrochenen Chorabschlüsse münden. So können wir annehmen, daß der goti schen Erneuerung der Stephanskirche zu Beginn des 14, Jahrhunderts ein 19

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