vollendete Werk vor Augen, gerne und reichlich gaben. Die Ablaßurkunde von 1339 war auch in ihrer äußeren Erscheinung prächtig ausgeführt, sie wurde wohl in der Kir che öffentlich ausgestellt,-Spuren einer Annagelung an der Kirchentür sind nicht zu finden, - und dann wohl im Kirchenschatz deponiert. Sie zeigt in einer prächtig ausgeführten U-Initiale im Miltelraum die „passio bti. stephi. prothomris".{Passio beati Stephani prothomartyris). Zwei Männer mit spitzen Hüten bedeckt, sind im Begriffe, schwere Steine auf den vor ihnen ste henden hl. Stephanus zu schleudern, welcher, in ein rotes, an der Halsöffnung goldbordiertes, pluvialeähnliches Ge wand gehüllt, das von rotem Nimbus umgebene Haupt und die Hände, von welchen eine weiße Mappula herab hängt. zu einer aus den Wolken ragen den Hand emporhebt, mit den aufeinem Spruchband ersichtlichen Worten:„Ecce Video coelos apertos." Im linken Strich des U sitzt Saulus. einen blauen, in eine Kugel endenden Stab in der Hand, als der spätere hl. Paulus durch einen blauen Nimbus gekennzeichnet. Im rechten Strich der Initiale kniet eine männliche Figur in blauem Ober- und braunem Unterkleide,das Haupt mit der großen Tonsur geziert, die auf dem Spruchband befindlichen Worte betend: „Exaudi me clamantem ad te", wahr scheinlich der Vermittler des Ablasses''". Bachleitner'"- hält es für naheliegend, in diesem den damaligen Pfarrer von St. Stephan, Albert von Hohenberg, zu er blicken. Diese Urkunde, die in besonders ein drucksvoller Weise auf die Bedürfnisse einer neuen Kirche hinweist,ist zugleich ein schönes Beispiel für den Avignonesischen Dekorationsstil, welcher in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts seine Blütezeit erlebt hat."'' Im darauffolgenden Frühjahr des Jah res 1340 rüstete man sich schließlich zur Weihe des neuen Chores. Man wählte dafür den ersten passenden Termin nach der Fastenzeit, den ersten Sonntag nach Ostern,den Weißen Sonntag. Zuvor,am 4. April 1340,stellte Bischof Konrad von Freising*'' noch eine klei nere Ablaßurkunde aus, welche offenbar noch einmal auf das nun unmittelbar bevorstehende Ereignis aufmerksam machen wollte. Mit besonderer Gnade versehen werden alle jene, „qui ...ecclesiam parrochialem in Wienna de novo reparatam ... in die dedicationis ceterisque sollemnitatibus causa devocionis ... accedentes". Glücklicherweise hat sich das histori sche Hauptdokument der Chorweihe selbst, eine von einem der Mitkonsekratoren, Bischof Petrus von Marchopoiis, am Tag der Weihe ausgestellte Ablaßurkunde"'",erhalten. Ausdrücklich heißt es hier: ... ut omnibus venientibus causa devocionis ad anniversarium dedicatio nis chori dicte ecclesie sancti Stephani, quem hodie reverendus in Christo pater et dominus noster Albertus episcopus Pataviensis nobis eidem assistentibus consecravit ..." Außer dem Tag der Kirchweihe, dem 23. April, hebt der Bischof auch die Feste der Altarpatrone besonders hervor und bedenkt sie mit Ablässen. So erfahren wir aus diesem Dokument auch unmittelbar den Namen des weihenden Bischofs, nämlich Albert von Passau, der einst auch Pfarrer von St.Stephan gewesen war. Diese feierliche Weihe des neu erbau ten Chores, gemeinsam mit sechs Altä ren, setzte den Schlußstrich unter na hezu vierzigjähriges Planen und Bauen. Die Beiträge zum Bau, bzw. zu den Bedürfnissen der Kirchenfabrik gehen weiter. Am 20. Juli 1340 schenkt Elisa beth""". Conrads des Meter Witwe, u. a. „dem werich bei St. Stephan 10 Schil ling Burgrechtes", wobei hier auf die eingangs gemachte Bemerkung über die verschieden aufzufassende Bedeutung des Begriffes „werich" hingewiesen wer den muß. Sicherlich gab es noch etliche offene Rechnungen. In diesem Sinn wohl erbat der Kir chenmeister Berthold der Geukramer"'' am 28. März 1341 allen jenen, die „specialiter ad opus novi chori et tabernaculi" etwas beitragen, einen Ablaß von 40 Tagen. Ungefähr ein Jahr nach der Chor weihe wurde noch einmal mit einem Bündel von drei Ablaßurkunden'*"* vom 19. April, vom 11. Juni und vom 3. August 1341 an den großen Tag erinnert und allen, „qui ecclesiam scti. Steffani prothomartyris parrochialem in Wienna in anniversario die dedicationis eiusdem ... accesserlnt ... seu ad ipsius fabricam manus porrexerint adiutrices" ein Ablaß von 40 Tagen gewährt. Am 27. Oktober 1341"'"" bestätigte Bischof Albert von Passau die Ablaßurkunden der Bischöfe von Salzburg, Freising, Chur und Neu tra. Von Bischof Petrus, dem wir jene Ablaßurkunde vom Weihetag verdan ken, besitzen wir noch ein weiteres Zeichen seiner Tätigkeit in Wien. Am 1. Mai 1341, also ungefähr ein Jahr nach der Weihe in St. Stephan, weiht er, in Vertretung des Bischofs von Passau, eine Kapelle samt zwei darin befindli chen Altären bei den Augustiner-Eremi ten in Wien''". In den Jahren danach werden des öfteren verschiedene Altäre der Ste phanskirche bestiftet, in der Regel im mer von Wiener Bürgern. So gibt z. B. am 24. Mai 1343 Dietreich der Ausgepper' und seine Hausfrau Elzbet „für ein ewiges Licht beim Ulrichsaltar in St. Stephan". Chunrat der Wiltwerker*"'"^, pürgermaister zu Wien, vermacht in seinem Testament vom 31. Oktober 1342 „5 Pf. dn. geltes purchrecht nach St. Stephan", sowie 4 Pf. dn. an die Chor herren. Mit Datum vom 23. März 1345 schafft Dietreich der Urbaetsch'""" „drin Schilling phennig purchrechles hinz der pharr hinz sand Stephan..." Am 13. Oktober 1348 stiftet Heinrich der Waechssel'"' und Gerdraut seine Hausfrau 10 Pf. Wr.Pfennige Burgrecht" zu einer ewigen messe, die man ewichleichen alle tage davon haben sol daez sant Stepahn ze Wienne aufder heiligen dreyer chunige alter also...". Am 31. Mai 1350 schließlich widmet derr Leibarzt Albrechts II., Magister Albert von Cremona"" eine Stiftung zu einer „Messe auf dem Marienaltar" in St. Stephan. Am 11. Mai 1353 schließlich stiftet Seifrit'"", Vicar bei St. Stephan zu Wien, „hern Hainreichs eninchel, des alten schrannschreiber ... um 7 Pf. dn. hern Sigberten, Chorherrn daez sant Ste phan, zu der Messe, die herr Daniel, weilen vicari daez sant Stephan, auf Unser Frauen Altar daselbst gestiftet hatte". Leider ist Vicar Daniel zeitlich nicht einzuordnen. In all dieser Zeit hört man von Zuwen dungen des Herrscherhauses, soweit die Quellen verläßlich sind, eigentlich so gut wie nichts, wenn man von der von Albrecht II. im Jahr 1339 ausgeschriebe nen Kopfsteuer, deren Ertrag St. Ste phan zukommen sollte, absieht. Die ersten Habsburger bevorzugten zu nächst Klöster und Kirchen ihrer Hei mat, wie Basel und Königsfelden, vor allem auch als Begräbnisstätten, sofern sie nicht in der Königsgruft zu Speyer die letzte Ruhe fanden. Später gründe ten sie neue Klöster, in denen sie dann auch ihr Begräbnis einrichteten, wie Mauerbach, Gaming und Neuberg. Auch von Herzog Albrecht II., in dessen Re gierungszeit ja die Weihe des neuen Chores von St. Stephan fiel, ist eigent lich nichts bekannt, was besonders nahe Beziehung zur Hauptkirche seiner Stadt dokumentieren könnte. Wie in so vielen anderen Dingen hat Herzog Rudolf IV., der Stifter, auch hier eine Änderung herbeigeführt. Er suchte sich ~ getreu seiner bekannten Äuße rung, daß er lebendig und tot in dieser seiner lieben Stadt Wien bleiben wolle - als erster sein Begräbnis bei St. Stephan'"\ Er begann, in Fortführung des bereits von selten der Bürgerschaft am Chorbau Geschehenen, mit dem Neubau des Langhauses. Er versuchte planmä ßig, diesen seinen „Dom" zu einem Sammelpunkt landesgeschichtlicher und dynastischer Denkmäler zu gestalten. Erst er Wandte der Stephanskirche seine ganze,große Emotion zu. So kann wohl mit gutem Recht das Hauptverdienst am Neubau des Chores von St. Stephan der Bürgerschaft von Wien zugeschrieben werden. Anmerkungen: ' Vgl.für den Beginn:Johann von Fräst (Hg.), Das Stiftungsbuch des Klosters Zwettl, Wien 1851 (=FRA II/3) 572f. - Für das Ende: DAW, Urkundenreihe 1340 April 23, Wien. - Vgl. Alphons Lhotsky, Geschichte Österreichs seit der Mitte des 13. Jahr hunderts (1281-1358), Wien 1967(=VerÖffentlichungen der Kommission für Ge schichte Österreichs 1) 16ff. ' Vgl. Ernst Maria Lichnowsky, Ge schichte des Hauses Habsburg, I. Theil, Wien 1836, 225f.; Joseph von Hormayr, Wien, seine Geschicke und seine Denk würdigkeiten.3. Bd.,67f. ' QGStW 1/2, Nr. 1518. •' DAW, Urkundenreihe 1277 Februar 9, Wien. " DAW,Urkundenreihe 1300,Rom. 'Vgl. Lichnowsky(wie Anm.3)2. Theil, 203f. DAW, Urkundenreihe 1300, Rom. - 16
RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=